Tour of Mesopotamia-Tagebuch von Robert Müller

Auf nur 112 Kilometern ordentlich einen eingeschenkt

Von Robert Müller

Foto zu dem Text "Auf nur 112 Kilometern ordentlich einen eingeschenkt"
Robert Müller (mitte) und seine Teamkollegen bei der Tour of Mesopotamia | Foto: Müller

04.05.2019  |  (rsn) - Hallo aus Gaziantep, Südostanatolien, Türkei! Zunächst noch ein Nachtrag zu gestern, weil ich weiß, dass die deutschsprachige Konkurrenz hier mitliest. In der Tagesteamwertung waren wir Amateure vom Veloclub Ratisbona Regensburg auf der 2. Etappe als vierte einen Platz vor den Profis von Bike Aid klassiert!

Damit genug der Frotzelei und noch die Erwähnung, dass gestern am späten Abend wieder Schüsse fielen, diesmal jedoch Freudenschüsse einer türkischen Hochzeitsgesellschaft, die in unserem Hotel feierte. Das Hotel ist eine große, schöne und verwinkelte Anlage an einem Hügel auf dem Land etwas außerhalb der Millionenstadt Gaziantep und das Essen hier ist ausgezeichnet. Ich bin ja ein Fan der türkischen Küche und trinke täglich viel Ayran und türkischen Tee, wovon man sich hier so oft man will einschenken kann.

Einen eingeschenkt haben wir uns heute auf der 3. Etappe, die um 10 km auf nur noch 112 km gekürzt wurde, auch ordentlich und damit war die Etappe das genaue Gegenteil von gestern. Zunächst fuhren wir in der Neutralisation eine Sightseeing Runde durch die Altstadt um eine sehr alte Burganlage herum, nach 5km wurde das Rennen dann freigegeben und das Feuerwerk ging los. Die Strecke führte auf einer breiten und guten Schnellstraße in Wellen nahe an die syrische Grenze heran, dort in Kilis fuhren wir dann eine kleine Runde und schließlich ging es den selben Weg auf der anderen Fahrbahnseite wieder zurück, wobei das Ziel am Ortseingang Gazianteps lag.

Ab Kilometer Null folgte bei hohem Tempo Attacke auf Attacke und ich mischte ordentlich mit, denn ich wollte heute die Gruppe nicht verpassen. So dachten viele andere wohl auch, denn es konnte sich keine Gruppe entscheidend absetzen. Als es nach etwa 20 km auf die Windkante ging, die heute deutlich härter als gestern war, zerfiel das Feld in mehrere Teile und ich fand mich zunächst in der zweiten Gruppe wieder. Nach hartnäckiger Verfolgung konnten wir die Gruppe vor uns zum Glück wieder einholen und die Attacken begannen erneut. Dadurch fuhren wir in der ersten Rennstunde einen 52er Schnitt, trotz des Winds von rechts vorne.

Wieder konnten sich keine Fahrer entscheidend absetzen, aber die nun ungefähr 25 Fahrer große Gruppe teilte sich an den Wellen auf der anhaltenden Windkante noch mehrmals, wobei ich mal im vorderen und mal im hinteren Teil war. Es wurde richtig Radrennen gefahren und wir kamen erst nach etwa zwei Stunden etwas zur Ruhe, als wir alle bereits angeschlagen waren. Mir machte es deutlich mehr Spaß als gestern, obwohl es so hart war, aber ich finde dank meiner kleinen Statur auf der Windkante auch am äußersten Straßenrand meist noch einen Rest Windschatten. Die einzige Sorge die ich dabei hatte war, mir bei den ganzen Steinen, die dort herum lagen, einen Platten zu fahren, doch ich hatte im Gegensatz zu manch anderem Glück und blieb defektfrei.

Vergeblich hielt ich Ausschau nach der Bergwertung, die nach 102 km hätte kommen sollen, doch wie ich später erfuhr, wurde sie einfach gestrichen und damit gibt es bei der ganzen Rundfahrt gerade mal drei Bergwertungen. Dafür entdeckte ich das 25-Kilometer-Schild, das nach 97 km kam, also würde die Etappe doch 122 km lang sein wie ursprünglich geplant und das 20-Kilometer-Schild bestätigte zunächst meine Vermutung. Doch nach nur fünf weiteren Kilometern tauchte auf einmal schon das 5-Kilometer-Schild auf und ich war verwirrt, waren es also doch 112 km? Die Fahrweise und Positionskämpfe in der Gruppe deuteten darauf hin und als ich das 3-Kilometer-Schild sah, hatte ich Klarheit und machte mich auf den Sprint gefasst.

Wie meistens war ich zu weit hinten, doch da auf der leicht bergan führenden Zielgeraden Gegenwind herrschte, gingen vor mir noch einige Fahrer kaputt, die zu früh im Wind waren, und ich konnte immerhin noch bis auf den vierten Platz nach vorne sprinten. Im Schlepptau hatte ich dabei meinen Teamkollegen Peter, der fünfter wurde, und damit waren wir ganz zufrieden. Gewonnen hat den Sprint der türkische Meister Balkan Onur vor Aaron Grosser, der übrigens seit seinem Etappensieg letzte Woche bei der Tour of Mersin eine modische Glatze trägt. Mein Teamkollege Christoph musste leider aufgrund der Schmerzen, die seinen Sturzverletzungen geschuldet waren, heute aufgeben und somit sind wir nur noch zu viert im Rennen. Nach dem Ziel fuhren wir die 8km ins Hotel und konnten uns auf einen freien Nachmittag freuen.

Die vierte und letzte Etappe führt über 111 km und startet außerhalb an einer Sehenswürdigkeit, dann führt die Strecke nach Gaziantep zurück wo noch 10 Runden a 2 km zu fahren sind. Die Hauptschwierigkeit für mich wird wohl der Anstieg direkt nach dem Start über 230 Höhenmeter sein und ich kann nur hoffen, dass sie vorne danach nicht so weiterprügeln wie heute. Sonst wäre mein Rennen morgen schon nach wenigen Kilometern gelaufen und ich hätte nicht viel zu berichten.

Morgen gleiche Stelle, gleiche Welle

Gez. Sportfreund Radbert

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