UCI übernimmt USADA-Sanktionen

McQuaid: "Armstrong hat keine Zukunft im Radsport"

Foto zu dem Text "McQuaid:
Lance Arsmtrong | Foto: ROTH

22.10.2012  |  Düsseldorf/Genf (dapd) - Das Denkmal Lance Armstrong ist endgültig eingestürzt. Der Radsport-Weltverband UCI hat seinen einstigen Helden fallen gelassen und die lebenslangen Sperre sowie die Aberkennung aller sportlichen Erfolge seit dem 1. August 1998 bestätigt.

Nicht als Rekordsieger der Tour de France, sondern als einer der größten Betrüger des Sports wird Armstrong in die Geschichte eingehen. 2.647 Tage nach seinem siebten und letzten Toursieg hat selbst die UCI keine Zweifel mehr: Das sportliche Lebenswerk des US-Amerikaners basierte ausschließlich auf Lug und Trug.

"Lance Armstrong hat keinen Platz mehr im Radsport. Er hat es verdient, vergessen zu werden. Wir müssen uns dem schmerzhaften Prozess der Vergangenheitsbewältigung stellen. Die UCI will diese Reise beginnen, indem wir bestätigen, dass wir das Schiedsgericht nicht anrufen werden und die Entscheidungen der USADA akzeptieren", sagte UCI-Präsident Pat McQuaid auf einer Pressekonferenz im edlen Starling Hotel in Genf und zeigte sich von den Dopingpraktiken Armstrongs "angewidert". Es habe ihn umgehauen, was er lesen musste, ergänzte McQuaid.

Die UCI kam angesichts der vorliegenden und auf über 1.000 Seiten zusammengetragenen Beweislage nicht umhin, das Strafmaß der amerikanischen Anti-Doping-Agentur USADA zu akzeptieren. Andernfalls hätten UCI-Präsident Pat McQuaid und dessen Vorgänger Hein Verbruggen ihr Gesicht verloren.

Bis ins kleinste Detail hatte die USADA bei ihren mehr als zwei Jahre andauernden Ermittlungen Armstrongs dunkle Vergangenheit aufgedeckt. Armstrong hatte mit dem "ausgeklügeltsten, professionellsten und erfolgreichsten Dopingprogramm" gegen alle Regeln des Sports verstoßen.

Dafür erhielt er nun die Quittung. Alle Ergebnisse seit seinem Comeback nach der Krebsheilung wurden ihm wieder gestrichen. Ob die Siege aber neu verteilt werden und in wieweit er seine Preisgelder zurückzahlen muss, will die UCI auf der Sitzung des Management Komitees am Freitag erörtern. Es spricht aber viel dafür, dass die gut ein Jahrzehnt währende Regentschaft des Texaners als schwarze Ära gekennzeichnet wird. Das ist jedenfalls der Wunsch des Tour-Organisators ASO. "Wir wünschen uns für diese Jahre keine Sieger", sagte Christian Prudhomme, Direktor der Tour de France.

Es wäre die logische Entscheidung, andernfalls droht dem Radsport der größte Treppenwitz der Tour-Geschichte. So würde sonst Jan Ullrich, der inzwischen selbst als Dopingsünder überführt worden ist, drei weitere Toursiege zugesprochen bekommen. Auch Andreas Klöden, ein Mann mit zweifelhaftem Ruf, könnte sich dann die Tour-Krone aus dem Jahr 2004 aufsetzen. In zwei anderen Fällen hatten die ASO noch die Titel neu verteilt. 2010 wurde Andy Schleck zum Sieger der Tour 2010 erklärt, nachdem Alberto Contador als Doper verurteilt worden war. Vier Jahre zuvor war der Spanier Oscar Pereiro nach dem Dopingfall Floyd Landis auf Platz eins gerückt.

Die UCI hatte sich für die Entscheidung nicht viel Zeit genommen. Die Frist von 21 Tagen zur Entscheidungsfindung nach der Übermittlung der USADA-Unterlagen am 10. Oktober wurde bei weitem nicht ausgeschöpft, geschweige denn eine Fristverlängerung beantragt. Es dürfte den Verantwortlichen trotzdem schwer gefallen sein, den Stab über ihr langjähriges Aushängeschild zu brechen.

Bis zuletzt hatte sich etwa Verbruggen uneinsichtig gezeigt. "Alles was ich sagen kann, ist, dass es viele Geschichten und Verdächtigungen gibt, aber keine Spur von Beweisen. Es gibt keine. Lance Armstrong ist niemals positiv getestet worden, auch nicht durch die USADA", hatte der heftig umstrittene Niederländer zuletzt in einer Textnachricht an die niederländische Tageszeitung "De Telegraaf" geschrieben. Eine fragwürdige Aussage angesichts von 26 Zeugenaussagen unter Eid und vielen minutiös zusammengetragenen Fakten wie etwa Geldzahlungen Armstrongs an eine von Dopingarzt Michele Ferrari betriebene Schweizer Firma in Höhe von 1.029.754,31 Dollar.

Ohnehin sind McQuaid und Verbruggen zuletzt in Erklärungsnot geraten, ist in den letzten Wochen und Monaten doch hinreichend ein Bild der UCI als treuer Helfer Armstrongs bei dessen ausgeklügeltem Doping-System skizziert worden. Der Vorwurf von vertuschten Dopingproben im Zusammenhang mit Geldzahlungen von Armstrong in Höhe von 125.000 Dollar steht im Raum.

"Es besteht kein Zusammenhang", entgegnete McQuaid, der einen Rücktritt ausschloss. Gleichzeitig räumte er ein, dass es ein Fehler gewesen sei, das Geld anzunehmen. So rückte die UCI im letzten Moment doch von Armstrong ab und folgte dem Urteil der USADA in allen Punkten. Nicht einmal die Verjährungsfrist von acht Jahren wurde ins Auge gefasst.

Für Armstrong könnte es aber noch schlimmer kommen - vor allem in finanzieller Hinsicht. Viele Sponsoren wie der Sportartikelhersteller Nike oder Fahrradbauer Trek hatten sich von ihm abgewendet. Nun könnten Regressforderungen in Millionenhöhe folgen. Nach Armstrongs fünftem Toursieg hatte die Versicherungsfirma SCA fünf Millionen Dollar an Armstrong als Prämie überweisen müssen. Geld, das das Unternehmen nach ersten Dopinganschuldigungen gegen Armstrong zurückforderte. SCA verlor jedoch den Prozess, nachdem Armstrong geschworen hatte, nie leistungssteigernde Substanzen genommen zu haben. Samt der Anwaltskosten könnte SCA nun 7,5 Millionen Dollar zurückfordern. Auch die britische "Sunday Times" musste nach einer Verleumdungsklage eine Million Euro an Armstrong zahlen.

Die Frage, ob nach diesem vorläufig letzten Akt in der Causa Armstrong der Zug für sauberen Radsport abgefahren sei oder Chancen auf baldige Besserung bestünden, beantwortete der langjährige Gerolsteiner Teammanager Hans-Michael Holczer dem Fernsehsender Sky Sport News HD entsprechend pessimistisch: "Dieser Zug ist nie aufs Gleis gekommen. Wir werden nie einen Sport haben, von dem wir wissen, dass er sauber ist."

Mehr Informationen zu diesem Thema

11.06.2015Armstrong: „Ich habe keine 100 Millionen“

Aspen (dpa) - Lance Armstrong bangt um sein Vermögen. „Ich habe keine 100 Millionen Dollar“, sagte der lebenslang gesperrte Amerikaner der britischen Tageszeitung The Telegraph vor Beginn des vom

24.03.2015Armstrong: Kaum noch Chancen auf Reduzierung der Sperre

Lausanne (dpa/rsn) - Der lebenslang gesperrte Lance Armstrong dürfte kaum noch Chancen auf eine Reduzierung seiner Strafe haben. David Howman, Generaldirektor der Welt Anti-Doping-Agentur WADA, ertei

18.03.2015NYT: Armstrong traf sich mit USADA-Chef Tygart

Berlin (dpa) - Lance Armstrong hat im Kampf um eine Reduzierung seiner lebenslangen Dopingsperre den nächsten Vorstoß unternommen. Wie die „New York Times“ berichtete, soll sich Armstrong in de

18.02.2015Fall Bruyneel: Anfang März Berufungsverhandlung vor dem CAS

(rsn) – Die Berufungsverhandlung gegen den vom Amerikanischen Sportgerichtshof AAA zu einer zehnjährigen Sperre verurteilten Johan Bruyneel findet am 2. März vor dem Internationalen Sportgerichts

17.02.2015Armstrong muss um sein Vermögen fürchten

Berlin (dpa) - Auf den lebenslang gesperrten Lance Armstrong rollt eine Prozesslawine zu, der nahezu das gesamte Vermögen des entthronten siebenmaligen Tour-Siegers zum Opfer fallen könnte. Ei

16.02.2015Armstrong muss zehn Millionen Dollar an Ex-Sponsor zahlen

Dallas (dpa) - Der lebenslang gesperrte Lance Armstrong muss an einen früheren Sponsor zehn Millionen US-Dollar (8,824 Millionen Euro) Schadenersatz zahlen. Der 43 Jahre alte US-Amerikaner verlor ein

27.01.2015Armstrong erntet mit BBC-Interview viel Kritik

London (dpa) - Lance Armstrong kniff nur kurz die Lippen zusammen. Ohne äußerliche Regung gab er dann zu, dass er zwar 2015 nicht dopen, es in einer vergleichbaren Situation wie damals in den neunzi

26.01.2015Armstrong will kein Ausgestoßener mehr sein

London (dpa) - Lance Armstrong würde unter gleichen Umständen wieder zu verbotenen Mitteln greifen. „Wenn man mich ins Jahr 1995 zurückversetzen würde, als Doping allgegenwärtig war, würde ich

12.12.2014Armstrong-Prozess in einer Sackgasse?

Boston (dpa) - Lance Armstrong schweigt. Keine Namen von Komplizen, kein Wort über Mittäter und auch keine Hinweise auf die Ärzte im Hintergrund. Der US-Amerikaner setzt im Rechtsstreit mit staatli

23.10.2014Winokurow: „Ich fühle mich betrogen“

Paris (dpa/rsn) – Astana-Teamchef Alexander Winokurow hat sich vor dem Doping-Hearing beim Radsportweltverband UCI als Opfer dargestellt und sieht sein Dopingvergehen von 2007 mit der danach erfolgt

16.10.2014Hushovd wusste schon 2011, dass Armstrong dopte

Oslo (dpa) - Ex-Weltmeister Thor Hushovd wusste seit 2011 von den Doping-Praktiken Lance Armstrongs nach einem privaten Gespräch mit dem inzwischen lebenslang gesperrten Ex-Profi. Der im

25.09.2014Cookson: „Die Uhr tickt"

Ponferrada (dpa) - Brian Cookson drängt auf baldige Ergebnisse bei der Aufarbeitung der Doping-Vergangenheit. „Es sind Fortschritte gemacht worden, die Vergangenheit und aktuelle Gegebenheiten im A

Weitere Radsportnachrichten

19.04.2024Die Aufgebote für das 8. Lüttich-Bastogne-Lüttich der Frauen

(rsn) – Mit der 8. Ausgabe des Lüttich-Bastogne-Lüttich der Frauen endet die Ardennenwoche. Während das Männerrennen von Lüttich aus nach Süden zum Wendepunkt in Bastogne und von dort wieder z

19.04.2024Die Aufgebote für das 110. Lüttich-Bastogne-Lüttich

(rsn) – Zum krönenden Abschluss der sogenannten steht am 21. April die 110. Ausgabe von Lüttich-Bastogne-Lüttich an. La Doyenne, wie das 1892 erstmals ausgetragene und damit älteste Eintagesrenn

19.04.2024Lopez wehrt alle Angriffe ab und gewinnt Tour of the Alps

(rsn) – Juan Pedro Lopez (Lidl – Trek) kam am Schlusstag der 47. Tour of the Alps (2.Pro) nicht mehr in Schwierigkeiten. Der Spanier selbst hat auf dem schweren letzten Teilstück seine Kontrahent

19.04.2024Die Strecke des vierten Monuments: Lüttich-Bastogne-Lüttich

(rsn) – Zum 110. Mal findet am Sonntag Lüttich-Bastogne-Lüttich (1.UWT) für die Männer statt – die Frauen bestreiten ´La Doyenne´ dagegen erst zum achten Mal. Die Strecke hat sich für beide

19.04.2024Im Chaos-Finale fahren Malmberg, Röber und Paluta in die Top 10

(rsn) - Auch im chaotischen Finale der 2. Etappe von Belgrade Banjaluka (2.2) waren die drei deutschen Kontinental-Teams vorne mit dabei. Während der Däne Matias Malmberg (Maloja Pushbikers) und Do

19.04.2024Kehrt der Intergiro bei der Italien-Rundfahrt zurück?

(rsn) - Auf einigen der von der RCS veröffentlichen Profilen der Italien-Rundfahrt taucht der Intergiro zum ersten Mal seit 2005 wieder auf. Der Intergiro ist eine Sonderwertung, bei dem die Zeit all

19.04.2024Skjelmose erklärt seine Unterkühlung beim Flèche Wallonne

(rsn) - "Skjelmose wird hier gerade vom Rad getragen und ist vollkommen am Zittern. Komplett kalt. Komplett im Arsch", hieß es nach einem Augenzeugenbericht unseres Mannes vor Ort am Mittwoch in unse

19.04.2024Querfeldeinstar Kuypers steigt auf und gibt Debüt in Lüttich

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

19.04.2024Lüttich-Bastogne-Lüttich im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Lüttich-Bastogne-Lüttich bildet traditionell den krönenden Abschluss der Ardennenwoche. La Doyenne, das älteste Eintagesrennen der Welt, ist mit seinen kurzen, teils extrem steilen Anst

18.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wie geht´s zum Liveticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

18.04.2024TotA-Sturz: Harper kommt mit leichter Gehirnerschütterung davon

(rsn) – Entwarnung für Chris Harper: Der Australier von Jayco – AlUla ist bei seinem Sturz rund 25 Kilometer vor dem Ziel der Königsetappe der Tour of the Alps ohne schlimmeren Verletzungen dav

18.04.2024Steinhauser: Giro-Test mit Prädikat sehr gut

(rsn) – Den Feinschliff für sein Grand-Tour-Debüt holt sich Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) derzeit bei der 47. Tour of the Alps (2.Pro). In wenigen Wochen geht es für den Allgäue

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Belgrade Banjaluka (2.2, BIH)