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23.02.2011 | (rsn) - Sein Leben in Kurzfassung: Gustav-Adolf Schur, am 23. Februar 1931 in Heyrothsberge bei Magdeburg geboren, gelernter Mechaniker, Radrennfahrer, zweimaliger Amateur-Rad-Weltmeister, zweimal Friedensfahrt-Sieger, sechsmal DDR-Meister, neunmal Sportler des Jahres, 1959 bis 1990 Volkskammer-Abgeordneter, 1998 bis 2002 für die PDS Mitglied des Deutschen Bundestags, vier Kinder, sieben Enkel. Er lebt heute wieder in seinem Geburtsort Heyrothsberge, wo er Gemeinderat der "Linken" ist. Und das Rennrad, heute aus Karbon, ist nach wie vor ein Fixpunkt seines Lebens: Jeden Sonntag dreht "Täve" seine 70-km-Runde, und kommt so im Jahr auf beachtliche 4000 Kilometer.
Rückblick auf die wohl wichtigste Station seines Lebens: Am 13. August 1960, genau ein Jahr vor dem Mauerbau, wird Täve Schur zur Legende. Bei der Straßen-Weltmeisterschaft
der Rad-Amateure auf dem
Sachsenring hat der Doppelweltmeister und Titelverteidiger vor 200.000 Zuschauern
die Chance, das zu schaffen,
was noch niemandem vorher gelungen
war: den WM-Titel zum dritten Mal zu holen.
Es kommt anders. Täve Schur bremst auf der letzten Runde den belgischen Sprinter Willy Van den Berghen ein, verzichtet so
zugunsten seines Teamkameraden
Bernhard Eckstein, der vier Kilometer vor dem Ziel aus der Spitzengruppe ausgerissen war, auf den Dreifach-Triumph.
Eckstein, genannt "der Kleine", wird Weltmeister, und
die ohnehin große Beliebtheit Täves ("der Große"),
der sich im Sprint gegen Van den Berghen durchsetzen kann und Zweiter wird, kennt in der DDR
fürderhin keine Grenzen mehr.
Sprung in die Gegenwart: Zu seinem 80. Geburtstag erscheint die neue Autobiografie des ostdeutschen Radsport-Idols, eine erweiterte und aktualisierte Version seines Werks von 2001.
Der bekannteste DDR-Athlet
berichtet - mit freundlicher Unterstützung des früheren Sportchefs des "Neuen Deutschland" (der übrigens auch Stasi-IM war - aber das interessiert heute ja kaum noch...) Klaus Ullrich Huhn - über seine Zeit als aktiver
Sportler, seine Erlebnisse bei der Friedensfahrt
und die Anfänge des DDR-Sports
auf internationaler Ebene in den
50er Jahren.
"Ob Schwierigkeiten bei der
Materialbeschaffung und widrige
Trainingsbedingungen, ob kleine
Pannen oder große Erfolge, mitreißend
schildert Schur sein Leben für den
Sport", so die begeisterte Pressemitteilung des Berliner Verlags Neues Leben.
Schurs Leben war reich an Kurven, nicht nur auf der Straße, und viele Zeitgenossen reiben sich an dem "Muster-Amateur" der DDR, werfen ihm zu große Staatsnähe vor. "Aber dem Staat hatte ich viel zu verdanken", sagt Schur heute. Auch dass er laut eigener Aussage nie interessiert war, Profi zu werden, die Tour oder den Giro zu fahren, glaubt ihm nicht jeder. "Da ging's doch nur ums Geld, das war nicht meins", ist Täves Replik.
Die aktuellen Dopingaffären um Alberto Contador und vor allem Riccardo Riccò kommentierte Schur bei der Buch-Präsentation am vergangenen Freitag so: "Es gibt Dinge, die gibt es gar nicht. Ich wundere mich nur." Seine Erklärung: "Die Gesellschaft erzieht ihre Sportler." In der DDR habe es seines Wissens nach kein Doping-Problem gegeben, so Schur: "Das ist von den westlichen Medien hochgespielt worden." Auch eigene Verfehlungen habe er sich nicht vorzuwerfen. Im Buch schreibt er allerdings von "Ärzten, die mein Training steuerten"...
Unser Resümee: Täve Schurs Autobiografie gibt einen guten Einblick nicht nur in das Leben des populärsten DDR-Sportlers, sondern auch in die Mentalität vieler Ostdeutscher, "für die", so Schur, „unsere Gesellschaft zwar richtig, nur nicht stark genug" war.
Wie geht's weiter? "Wir Ossis können hundert Jahre alt werden, und wir müssen auch hundert Jahre alt werden", sagte Schur bei der Vorstellung seiner Biografie. Na denn - gute Gesundheit! Wir freuen uns auf den 23. Februar 2031...
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