Jagt der Franzose nochmal Bergpunkte und Tagessieg?

Kämnas größte Gefahr ist Pinots Lust auf die große Bühne

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Kämnas größte Gefahr ist Pinots Lust auf die große Bühne"
Kann Lennard Kämna (Bora - hansgrohe) seinen sechsten Platz beim Giro d´Italia behaupten? | Foto: Cor Vos

26.05.2023  |  (rsn) - Lennard Kämna (Bora - hansgrohe) hat am Donnerstag im Val di Zoldo eine weitere schwere Prüfung als Rundfahrt-Kapitän bestanden und dabei besondere Reife bewiesen: Als im Anstieg von Coi rund acht Kilometer vor dem Tagesziel Primoz Roglic und Sepp Kuss (beide Jumbo - Visma) gemeinsam attackierten und die Favoritengruppe explodierte, ließ sich der 26-Jährige nicht aus der Ruhe bringen, fuhr sein Tempo weiter, obwohl ihm auch seine direkten Konkurrenten um die Top-10-Platzierungen zunächst enteilten. Kämna wurde schließlich belohnt, weil er bis auf Thymen Arensman (Ineos Grenadiers) noch alle wieder ein- und überholte.

So vergrößerte der deutsche Hoffnungsträger seinen Vorsprung in der Gesamtwertung auf seine Konkurrenten hinter ihm weiter und sicherte seinen sechsten Gesamtrang vor den beiden entscheidenden Etappen zu den Tre Cime di Lavaredo und auf den Monte Lussari eindrucksvoll ab.

Ein neuer Kontrahent aber ist am Donnerstag allerdings hinzugekommen und ist Kämna nun am dichtesten auf den Fersen: Thibaut Pinot (Groupama - FDJ). Der Franzose machte als Ausreißer und Etappenzweiter mehrere Minuten in der Gesamtwertung gut und sprang vom 13. auf den siebten Rang, nur noch 16 Sekunden hinter dem Deutschen.

Welches Szenario entwickelt sich auf der 19. Etappe?

Entsprechend könnte Pinot, je nach Rennszenario, nun auch der größte Gegner werden - und das unter Umständen sogar auf eine Weise, gegen die sich Kämna noch nicht einmal wirklich wehren kann. Pinots Trumpf nämlich ist, dass ihm der sechste Platz in der Gesamtwertung weniger wichtig sein dürfte. Die Primärziele des Franzosen sind inzwischen das Maglia Azzurra und ein möglicher Etappensieg.

Denn auf seiner Abschiedstour - er beendet am Saisonende seine Karriere - will Pinot nochmal richtig glänzen und auf Podien klettern. Dass er noch in die Top 3 der Gesamtwertung vorstößt, scheint aber bei 4:04 Minuten Rückstand auf den drittplatzierten Joao Almeida (UAE Team Emirates) höchst unrealistisch. Viel wahrscheinlicher ist, Pinot auf der großen Bühne in Rom am Sonntag im Blauen Trikot zu sehen, das er am Donnerstag von Ben Healy (EF Education - EasyPost) übernahm.

Im Bergtrikot am Forum Romanum? "Sehr schöne Vorstellung"

"Wenn mir vor zwei Tagen jemand gesagt hätte, dass ich am Ende des Giro auf dem Podium stehen könnte, hätte ich das nicht geglaubt. Das war schon immer ein Traum und auch wenn es nicht das Podium für die Gesamtwertung wäre, ist es eine sehr schöne Vorstellung", sagte Pinot am Donnerstag im Ziel in Val di Zoldo.

Sollte also Healy, der auf der 18. Etappe aber recht kraftlos wirkte, zu Beginn der Etappe am Freitag nun in die Ausreißergruppe des Tages springen, stünde Pinot unter Zugzwang und müsste ebenfalls losfahren, um in den Kampf um die Bergpunkte wieder einzutauchen.

Und dann wäre die Frage, wie weit die Gruppe weggelassen wird: Hätten Jayco - AlUla und Bahrain Victorious genug Kraft, um die Ausreißer zur Verteidigung des vierten beziehungsweise fünften Gesamtrangs von Eddie Dunbar und Damiano Caruso früh zu jagen? Oder wollen die großen Drei Geraint Thomas, Primoz Roglic und Joao Almeida ohnehin auch den Tagessieg und lassen ihre Teams den ganzen Tag Vollgas fahren? Das wäre ideal für Kämna, da Pinot als Ausreißer dann Kräfte im Kampf ums Bergtrikot ließe, am Ende aber keine Zeit herausholen, sondern eher gegen den Deutschen verlieren dürfte.

Attackieren Healy und der Bergwertungsdritte Davide Bais (Eolo - Kometa) - ihm fehlen 83 Punkte zu Pinot - das Bergtrikot am Freitag allerdings nicht, wird wohl auch der Groupama-Kapitän im Hauptfeld sitzen bleiben. Und dann kommt es an den Drei Zinnen schließlich darauf an, wer stärker ist: Pinot oder Kämna?

Auch Leknessund, Arensman und De Plus gefährlich nah

Doch der 32-Jährige ist natürlich nicht der Einzige, der dem Deutschen Zeitfahrmeister den sechsten Gesamtrang noch streitig machen könnte. Andreas Leknessund (DSM) liegt ebenfalls nur 20 Sekunden hinter Kämna, Thymen Arensman (Ineos Grenadiers) 26 und Laurens De Plus (Ineos Grenadiers) 1:25 Minuten. Eine Schwäche des Bora-Kapitäns und sie könnten alle drei vorbeiziehen.

Damit Kämna aber die anvisierte Top-Ten-Platzierung noch verliert, müsste wohl schon deutlich mehr passieren. Denn Bruno Armirail (Groupama - FDJ / + 2:13), Einer Rubio (Movistar / + 2:36), Ilan van Wilder (Soudal - Quick-Step / + 4:36), Hugh Carthy (EF Education - EasyPost / + 4:54) und Aurelien Paret-Peintre (AG2R - Citroen / + 5:02) sind schon deutlich weiter zurück.

Achso, und übrigens: Die besten Deutschen in der Giro-Endabrechnung waren 1932 Kurt Stöpel und 1983 Dietrich Thurau jeweils als Fünfter. Zu Caruso auf jenem fünften Platz fehlen Kämna 36 Sekunden, zu Dunbar auf Rang vier 48 - nur der Vollständigkeit halber.

Mehr Informationen zu diesem Thema

23.11.2023Buitrago will erstmals zur Tour und um das Weiße Trikot kämpfen

(rsn) – Nach zwei Giro-Etappensiegen in den beiden vergangenen Jahren hofft Santiago Buitrago (Bahrain Victorious) in der kommenden Saison auf sein Tour-de-France-Debüt. Dann möchte der Kolumbiane

31.07.2023Baudin nach Tramadol-Missbrauch vom Giro disqualifiziert

Neo-Profi Alex Baudin (AG2R - Citroen) ist nachträglich vom Giro d´Italia 2023 ausgeschlossen worden. Das teilte die UCI am Montag mit. Grund dafür ist der Fund des Schmerzmittels Tramadol in den B

04.06.2023ASO plant Corona-Protokoll für die 110. Tour de France

(rsn) – Nachdem beim diesjährigen Giro d’Italia zahlreiche Fahrer wegen Corona-Infektionen ausschieden, werden die Organisatoren der Tour de France laut der französischen Nachrichtenagentur AFP

01.06.2023“Fanboy“ Heßmann zitterte mit Roglic am Monte Lussari

(rsn) – Viel besser hätte das Grand-Tour-Debüt für Michel Heßmann (Jumbo – Visma) nicht laufen können. Während der Deutsche mit einigen Teamkollegen auf dem Monte Lussari wartete, sicherte s

31.05.2023Thomas enttäuscht, “dass ich es nicht vollenden konnte“

(rsn) – Um ganze 14 Sekunden musste sich Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) beim 106. Giro d´Italia Primoz Roglic (Jumbo – Visma) geschlagen geben. Der 33-jährige Slowene nahm dem Briten am vorle

31.05.2023Startet Giro-Sieger Roglic auch bei der Tour de Suisse?

(rsn) – Giro-Sieger Primoz Roglic wurde am Dienstag in Amsterdam von seinem Team Jumbo – Visma mit einer großen Feier geehrt. Die Veranstaltung nutzte der niederländische Fernsehsender NOS, um d

30.05.2023Pinot will nach dem Giro auch die Abschieds-Tour

(rsn) – Nach seiner erfolgreichen Abschiedsvorstellung beim Giro d’Italia, den er auf Rang fünf beendete, will Thibaut Pinot (Groupama – FDJ) nun auch ein letztes Mal bei der Tour de France sta

29.05.2023Kriegers Giro-Leiden wurden mit Rang fünf in Rom belohnt

(rsn) - Alexander Krieger (Alpecin - Deceuninck) beendete den mit vielen Tiefschlägen verbundene 106. Giro d`Italia mit einem sportlichen Ausrufezeichen. Der Stuttgarter belegte auf der Schlussetappe

29.05.2023Entdeckungen und Überraschungen: Die Geschichten des Giro

(rsn) – Vor dem 106. Giro d’Italia schien die Ausgangsposition klar zu sein: Es würde ein Duell um den Gesamtsieg zwischen Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) und Primoz Roglic (Jumbo – Vis

29.05.2023Ackermanns Traum vom Sieg beim Giro-Finale endete in der Bande

(rsn) - Vor drei Jahren gewann Pascal Ackermann (UAE Team Emirates) in Madrid die Schlussetappe der Vuelta a Espana. Das Kunststück wollte der Pfälzer auch beim 106. Giro d’Italia beim Finale in R

28.05.2023Thomas lotst Cavendish in Rom zum letzten Etappensieg

(rsn) – Sieben Sprints hatte der 106. Giro d’Italia und jedes Mal gab es einen anderen Sieger. Beim letzten Akt spurtete Mark Cavendish (Astana Qazaqstan) in Rom nach 126 Kilometern mit großem Vo

28.05.2023Cavendish: “Meine Jungs und ... meine Freunde waren super“

(rsn) - Der Weg zur Siegerehrung in Rom wurde für Mark Cavendish (Astana Qazaqstan) zum Gratulations-Parcours! Fast jeder Fahrer, dem er begegnete, beglückwünschte den Manx Man zum Gewinn der 21. E

Weitere Radsportnachrichten

20.05.2024Weitere Einschränkungen für die 16. Giro-Etappe drohen

(rsn) – Bereits in der vergangenen Woche wurde der Streckenverlauf der über den Stelvio führenden 16. Giro-Etappe entschärft. Wegen Lawinengefahr nahm RCS Sport die Überquerung des 2.757 Meter

20.05.2024Algerien: Peschges wird auf neutralisierter Etappe Dritter

(rsn) - Marcel Peschges hat dem Team Embrace The World auf der 9. Etappe der Algerien-Rundfahrt (2.2) die nächste Podiumsplatzierung beschert. Der 27-Jährige sprintete Peschges in Annaba hinter dem

20.05.2024Müller sprintet bei Paris-Troyes aufs Podium

(rsn) – Tobias Müller (rad-net Oßwald) hat bei Paris – Troyes (1.2) sein erstes UCI-Podium der Saison eingefahren. Der 20-Jährige musste sich in Troyes nach 180 Kilometern im Sprint nur dem Au

20.05.2024Die Tour im Blick: Hält sich Pogacar in dritter Giro-Woche zurück?

(rsn) – Spätestens seit seiner Vorstellung auf der Königsetappe des 107. Giro d’Italia bestehen keinerlei Zweifel mehr daran, dass nur noch ein Sturz oder eine Krankheit den Gesamtsieg von Tadej

20.05.2024Umbrailpass zu Beginn, steile Rampe zum Schluss

(rsn / ProCycling) – Nachdem sich die Teilnehmer des Giro am Vortag etwas Ruhe gönnen konnten, geht es auf der 16. Etappe mit aller Härte weiter. Die Fahrer werden mit gnadenloser Berggewalt konf

20.05.2024Nur Groenewegen in Tongeren schneller als Ballerstedt

(rsn) – Maurice Ballerstedt (Alpecin – Deceuninck) hat bei der Ronde van Limburg (1.1) nur knapp seinen ersten Profisieg verpasst. Der 23-jährige Berliner musste sich bei dem belgischen Eintagesr

20.05.2024Weniger Stürze mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz?

(rsn) - Der Radsport wird technologisch immer ambitionierter. Das betrifft etwa die Materialentwicklung. Fünf Ingenieure sitzen etwa bei Colnago ganzjährig daran, die Arbeitsgeräte von Tadej Pogaca

20.05.2024Bora - hansgrohe: In der dritten Giro-Woche alle für Martinez

(rsn) – Bisher läuft der 107. Giro d´Italia für Daniel Felipe Martinez (Bora – hansgrohe) voll nach Plan. Der Neuzugang aus Kolumbien hat sich bei der ersten Grand Tour des Jahres voll auf die

20.05.2024Quinn und Faulkner gewinnen US-Meisterschaften im Straßenrennen

(rsn) - Gianni Vermeersch (Alpecin – Deceuninck) hat sich bei einem Sturz im Verlauf des Port Epic eine Fraktur des Ellenbogens zugezogen, wie sein Team auf der Plattform X mitteilte. Der Belgier mu

20.05.2024Vollering will nach “großartigem Mai“ ihre Form weiter verbessern

(rsn) – Nachdem sie lange auf ihren ersten Saisonsieg hatte warten müssen, ist bei Demi Vollering (SD Worx – Protime) in Spanien der Knoten geplatzt. Innerhalb von gerade mal drei Wochen entschie

20.05.2024Mattheis: Nach acht Jahren Pause ein spätes Comeback

(rsn) – Sonderlich viele Kontinental-Jahre hat Oliver Mattheis (Bike Aid) noch nicht auf dem Buckel. Dies liegt auch daran, dass der heute 29-Jährige seine aktive Radsportkarriere in seiner zweiten

20.05.2024Geschke griff auf Königsetappe mutig nach Pogacars Bergtrikot

(rsn) - Simon Geschke (Cofidis) setzte auf der 15. Etappe von Manerba del Garda nach Livigno (Mottolino) zum großen Kampf um das Bergtrikot des Giro an. Am Ende musste er sich aber der schieren Kraf

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • Tour d´Algérie (2.2, DZA)