Ullrich: «Giro nächstes großes Ziel nach zweitem Tour-Sieg»

22.05.2001  | 

dpa: Sie benutzen den 84. Giro d`Italia als Training für die am 7. Juli beginnende Tour de France. Wie sind die ersten Eindrücke des Giro-Debütanten?

Ullrich: «Es macht viel Spaß. Die Leute sind hier richtig mit dem Herzen dabei. Die Tour ist vielleicht noch perfekter organisiert, aber hier ist die Begeisterung größer. Auch gesundheitlich geht es mir langsam besser, obwohl ich gegen meine Bronchitis noch fünf Tage Antibiotika nehmen muss.»

dpa: Die italienische Presse heizt ihr Rennen durch einen vermeintlichen Zweikampf Ullrich gegen Pantani an. Wollen Sie vielleicht doch den Giro gewinnen?

Ullrich: «In diesem Jahr bestimmt nicht. Erst einmal muss ich richtig gesund werden, dann kann ich vielleicht in der letzten Wochen Akzente setzen, wenn sich die anderen ausgetobt haben. Ich will unbedingt bis Mailand durchfahren. Am Mittwoch bei der ersten Bergankunft könnte ich viel Zeit verlieren, ich will nicht am Anschlag fahren.»

dpa: Sie sagen öfter, ein Sieg beim Giro würde Sie reizen - ist das nur Höflichkeit den Gastgebern gegenüber?

Ullrich: «Nein, das ist ernst gemeint. Das wäre ein Traum, mal den Giro zu gewinnen. Nach meinem zweiten Tour-Sieg könnte das mein großes Ziel werden. Es gibt auch wunderschöne Klassiker. Ich brauche es nicht, drei, vier Mal die Tour zu gewinnen.»

dpa: Könnten Sie sich vorstellen den Giro und die Tour in einem Jahr zu gewinnen, wie zuletzt Marco Pantani vor drei Jahren?

Ullrich: «Ich kann nicht zwei Rundfahrten in einem Jahr gewinnen, vielleicht habe ich zu wenig Talent.»

dpa: Auch Ihr Tour-Bezwinger Lance Armstrong lobt Sie immer als das größte Talent des Radsports. Fliegt Ihnen alles zu? Ullrich: «Ich fahre nicht nur mit Talent. Um jedes Jahr Superform zu haben, muss ich hart arbeiten. Aber ich bin nicht nur glücklich, wenn ich täglich 250 Kilometer fahre.»

dpa: Anfang des Jahres wähnten Sie sich als 27-Jähriger bereits in der zweiten Hälfte ihrer Karriere. Beschäftigen Sie sich schon mit ihrem Laufbahn-Ende?

Ullrich: «Nein. Aber, ich bin jetzt im siebten Jahr dabei und glaube nicht, das ich mit 40 noch Rad fahre. Nach meinem Vertragsende 2003 entscheide ich, ob es mir noch Spaß macht. Wenn ich jetzt schon daran denken würde, was ich vielleicht nach meiner Karriere mache, könnte ich nicht mehr Rennen fahren.»

dpa: Im vergangenen Jahr erreichten sie Ihre Topform in der Tour etwas zu spät. Treffen Sie den genauen Punkt in diesem Jahr besser? Ullrich: «Ich arbeite darauf hin, dass ich ein höheres Niveau als 2000 habe. Ich hoffe, Armstrong ist nicht auch stärker.»

dpa: Wie beurteilen Sie die Rote Karte, die Pantani von den Tour- Organisatoren bekam?

Ullrich: «Den Ausschluss finde ich nicht so gut. Eine schillernde Figur wie Pantani gehört dazu.»

Andreas Zellmer, dpa

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