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13.10.2012 | (Ra) - Doping ist kein Phänomen unserer Tage. Seit sich Menschen körperlich miteinander messen, versuchen sie ihre Leistung mit allen Mitteln zu steigern. So aßen römische Athleten vor über 2000 Jahren Stierhoden, wegen ihres hohen Gehalts an Hormonen, die als natürliche Anabolika wirken. Immerhin: Über Todesfälle durch übermäßigen Genuß von Stierhoden wurde nichts bekannt...
Eine kleine Rückblende
Beim 600-km-Radrennen Bordeaux - Paris 1896 ist der führende Arthur Linton nach 20 Stunden auf dem Rad total erschöpft, will aufgeben. Von seinem Pfleger, dem für seine “Zaubertränke” schon damals berüchtigten Choppy Warburton, erhält Linton (wohl nicht zum ersten Mal) eine Mixtur, die ihn wieder aufpäppelt, und schließlich siegen lässt.
Zwei Monate nach dem Rennen stirbt Linton unter ungeklärten Umständen an einer Erkältung. Obwohl unbekannt ist, was Warburton seinen Schützlingen damals einflößte (er nannte es „Cuca Cup“, und Gerüchten nach war es vor allem verdünnter Trimethyl-Alkohol), gilt Arthur Linton seitdem als das erste Doping-Opfer im Radsport.
Und Linton war nicht das einzige Opfer Warburtons. Jahrelang betreute der frühere Langstreckenläufer auch den Steher-Weltmeister Jimmy Michael, der aus dem gleichen walisischen Dorf wie die Linton-Brüder stammte. Michael starb 1904 mit nur 28 Jahren, nach einem vermutlich durch eine von Warburtons Mischungen ausgelösten Delirium-Tremens-Anfall.
Doping im 19. Jh.: Koffein, Äther, Kokain, Arsen, Strychnin, Nitroglycerin…
Schon lange vor Michael und Linton versuchten Rennradler mit diversen Mittelchen, sich Vorteile zu verschaffen. Beim einem Sechstage-Rennen in Amerika im Jahr 1879 recherchierten Zeitungsreporter vor Ort, dass die Franzosen eine als „Caffeine Houdes“ bezeichnete Mixtur einnahmen (die Koffein in hoher Dosis enthielt), dass die Belgier vorzugsweise Äther auf Zuckerstücken lutschten, und andere Mannschaften mit Alkohol-Kokain-Gemischen dopten.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren in der Rennrad-Szene diverse „Pfleger“ wie Choppy Warbuton bekannt, bei denen man „Elixir de Vitesse“ oder „Vélo Guignolet“ genannte Doping-Mischungen auf Alkohol-Basis kaufen konnte. Bei den Fahrern selbst waren damals vor allem Nitroglycerin und Arsenik beliebt. Aber auch Heroin, Kokain (gern mit Wein gemischt, oder als sogenannte Pommade während des Rennens in die Schenkel eingerieben), die stark koffeinhaltigen Kola-Nüsse, reiner Sauerstoff, Nikotin, Morphium, Opium, Digitalis, selbst Strychnin in kleinen Dosen wurden genommen.
Doping war also schon in den Anfängen des Radsports eine Standard-Prozedur. Bereits um 1860 war der Spruch bekannt: „Wer nichts nimmt, der nichts gewinnt.“ Allerdings sind die extremen Belastungen, denen die Radfahrer damals ausgesetzt waren, aus heutiger Sicht auch nicht mehr nachvollziehbar - und ohne Doping waren diese „Tor-Touren“ wohl nicht machbar.
Rennen von 600 km bis 1200 km (so etwa das heute noch gefahrene Paris-Brest-Paris) oder Tour-de-France-Etappen von regelmäßig 300 bis 500 km waren bis in die 30er Jahre gang und gäbe. Nicht anders die Anforderungen an die Sechstage-Fahrer: Es wurde tatsächlich sechs Tage lang rund um die Uhr gefahren, ohne nennenswerte Ruhepausen.
Ein Spruch um 1860: „Wer nichts nimmt, der nichts gewinnt.“
Einen typischen Doping-Fall schildert ein französischer Sport-Journalist im Jahr 1924 beim Pariser 24-Stunden-Bahn-Rennen Bol d’ Or: „Das Tempo ist von Anfang an hoch; nach zehn Stunden treten die ersten Schwächeanfälle auf. Viele Fahrer steigen ab, um sich mal kürzer, mal länger in ihren Kabinen zu erholen.“
Der Schweizer Oscar Egg genehmigt sich keine Pause; er liegt deutlich in Führung. Doch irgendwann wird auch er immer schwächer, will aufgeben. Da reicht ihm sein Betreuer ein großes Bierglas mit Sherry und einem darin aufgeschlagenen Ei. Egg stürzt das Gemisch in einem Zug hinunter. Zwei Runden lang fährt er Schlangenlinien, stürzt sogar. Aber er hält durch, und wird am Ende Sieger.
Ab Mitte der fünfziger Jahre häufen sich die Hinweise auf massiven Medikamenten-Missbrauch im Radsport. Insbesondere Amphetamine und ähnliche wirkende Stoffe waren damals en vogue. Sie gehören zu den sogenannten Stimulanzien, die wegen ihrer aufputschenden Wirkung schon bei den Kampffliegern des Zweiten Weltkriegs beliebt waren.
Diese Psycho-Drogen vertreiben Müdigkeit, erhöhen das Konzentrationsvermögen - und vor allem den Glauben an den eigenen Sieg. Bei den Olympischen Spielen in Rom 1960 stirbt der dänische Radrennfahrer Knud Jensen nach der Einnahme von Amphetaminen: Die große Hitze, zu wenig Wasser und das Doping waren zu viel für seinen Körper.
1965: die ersten Doping-Kontrollen
Es gibt aus dem Jahr 1961 offizielle Berichte über Schweizer Radrennfahrer, die offen zugeben, dass ein Rennen ohne Doping überhaupt nicht zu gewinnen sei. Bei einer Kontrolle fand man in ihren Taschen Aufputsch- und Betäubungsmittel sowie Neuroleptika.
Das Doping-Problem nahm in vielen Sportarten schließlich solche Ausmaße an, dass man ab 1965 in Belgien und Italien systematische Kontrollen durchführte. Die Zahlen waren erschreckend: Zwischen 25 und 30 Prozent aller Sportler hatten damals zu Doping-Mitteln gegriffen – wobei damals nur ein Bruchteil der verwendeten Substanzen nachweisbar war.
Im Profi-Radrennsport waren in den sechziger Jahren stimulierende Mittel so weit verbreitet, dass bei wichtigen Rennen vermutlich kein Fahrer ungedopt an den Start ging. Im Jahr 1967 fällt der britische Profi Tom Simpson am Mont Ventoux, auf einer der härtesten Etappen der Tour de France, vom Rad und anschließend ins Koma, aus dem er nicht mehr aufwacht. Es stellt sich heraus, dass er mit dem Amphetamin "Onidrine" gedopt war, das Hunger und Müdigkeit vertreibt.
Auch Eddy Merckx wird 1969 nach der 16. Etappe des Giro d’Italia wegen Amphetamin-Dopings disqualifiziert. Didi Thurau hat sein Talent früh durch Doping und das offene Bekenntnis dazu ruiniert: "Wer heute nichts nimmt, der bringt auch nichts", erklärte er schon 1977, am Anfang seiner Karriere, in einem Interview. Damit gerät er in die Schußlinie der Funktionäre, wird häufig kontrolliert und diverse Male erwischt.
In Jahr 1970 zieht der damalige Präsident des französischen Sportärzte-Bunds eine traurige Bilanz: Mehr als hundert Fälle von Doping endeten nach seinen Recherchen bis dahin allein beim Radrennfahren tödlich. Die Liste hat sich seitdem deutlich verlängert.
Wie wird eigentlich gedopt?
Ein Insider zur „traditionellen“ Methode: “Auf Amphetamine folgt Cortison, dann Anabolika, dann die Verschleierungs-Präparate." Eine wirkungsvolle Kombination - Amphetamine für die gute Laune; Cortison, um Entzündungen und Schmerzen zu lindern; Anabolika, um Muskeln aufzubauen.
Und nicht zu vergessen: "In den Doping-Laboratorien hat man immer ein Produkt Vorsprung vor dem Reglement”, so der Insider weiter.
Bei den Olympischen Spielen von Los Angeles 1984 gaben sieben amerikanische Radrennfahrer zu, mit Blut-Doping ihre Leistungsfähigkeit verbessert zu haben. Bei dieser seitdem verbotenen Methode erhält der Sportler Infusionen von Eigenblut, und erhöht so die Zahl seiner roten Blutkörperchen. Die sogenannten Erythrozyten transportieren Sauerstoff - je mehr der Athlet hat, umso mehr Sauerstoff kann sein Blut zu den Muskeln transportieren.
Die 80er Jahre: Beginn des Blut-Doping
Einen vergleichbaren Effekt hat das gentechnisch hergestellte Erythropoietin (Epo), das bei der Tour de France 1998 erstmals in die Schlagzeilen geriet. Die Gefahr: Durch die erhöhte Konzentration an roten Blutkörperchen wird das Blut dickflüssiger. Damit steigt das Risiko einer Thrombose, also einer Verstopfung der Adern, und die Anfälligkeit für Herzinfarkte.
Seit Epo verwendet wird, leiden auffallend viele - eigentlich austrainierte - Sportler unter häufigen Herzrhythmus-Störungen, etliche sterben (nicht selten schon in jungen Jahren) an Herzinfarkt. Der amerikanische Sportarzt Randy Eichner hat Ende der 90er Jahre die rätselhaften Todesfälle von 18 belgischen und holländischen Radprofis untersucht. Seine Erklärung: langjähriger Epo-Missbrauch. Und die Liste früh verstorbener Sportler ist in den vergangenen 25 Jahren immer länger geworden...
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