95. Giro d`Italia

Ausreißer auf der Jagd nach der Erfolgsnische

Foto zu dem Text "Ausreißer auf der Jagd nach der Erfolgsnische"
Diego Ulissi (Lampre-ISD) Foto: ROTH

03.05.2012  |  (rsn) - In den Sprints zu langsam, für das Hochgebirge zu schwer und für die Zeitfahren auch nicht gerade geeignet? Das sind zunächst mal keine guten Voraussetzungen, um beim 95. Giro d`Italia einen Etappensieg einfahren zu können. Doch es gibt ja noch die Chance, als Ausreißer einen Coup zu landen.

Jahr für Jahr erlebt man auch bei der Italien-Rundfahrt Konstellationen, in denen entweder eine lange Flucht oder eine überraschende Attacke kurz vor dem Ziel von Erfolg gekrönt ist. 2011 etwa holte sich der belgische Neo-Profi Bart de Clerq bei der Bergankunft in Montevergine di Mercogliano mit einem Antritt sieben Kilometer vor dem Ziel überraschend den Sieg. Diego Ulissi (Lampre) gewann im vergangenen Jahr als Ausreißer die 17. Etappe. Der Italiener war 150 Kilometer lang auf der Flucht, und während De Clerq als Solist gewann, setzte sich Ulissi aus einer größeren Gruppe heraus durch.

Auch in diesem Jahr gibt es im Giro-Peloton wieder zahlreiche Fahrer, die auf ein solches Erfolgserlebnis hoffen. So wartet zum Beispiel der Italienische Meister Giovanni Visconti (Movistar) noch auf den ersten Etappensieg bei seiner Heimatrundfahrt. Der 29-Jährige, der 2008 acht Tage lang das Rosa Trikot trug, war im Vorjahr bereits nahe dran. Auf der bereits erwähnten 17. Etappe musste er sich jedoch seinem Landsmann Ulissi geschlagen geben und wurde wegen unsauberer Fahrweise auch noch zurückgesetzt. In diesem Jahr will Visconti endlich den großen Coup einfahren. Ihm könnte zum Beispiel das 18. Teilstück liegen - dabei handelt es sich um eine sogenannte Überführungsetappe.

Ein weiterer Spezialist für Ausreißversuche ist Viscontis Teamkollege Pablo Lastras. Der mittlerweile 36-jährige Spanier gewann im Vorjahr als Ausreißer eine Etappe bei der Vuelta, nachdem er beim Giro hinter Ulissi auf der 17. Etappe als Zweiter geführt wurde. Auch im Jahr 2008 war der Routinier nach einer langen Flucht in Cesena nahe dran an seinem zweiten Giro-Etappenerfolg. Damals war nur der Italiener Alessandro Bertolini schneller. Seinen bisher einzigen Tagessieg hatte Lastras vor elf Jahren in Gorizia eingefahren. Da er auch schon mal - im Jahr 2003 - eine Tour-Etappe als Ausreißer gewinnen konnte, hat der Madrilene bei allen drei großen Landesrundfahrten erfolgreiche Fluchtunternehmen vorzuweisen - keine schlechte Bilanz.

Ebenfalls zur Abteilung Attacke zählt der Russische Meister Pavel Brutt (Katusha). Der 30-jährige ist ein gewiefter Taktiker und konnte in diesem Jahr bereits bei der Hel van Het Mergelland nach einer langen Flucht den Sieg einfahren. Beim Giro 2008 landete Brutt auf der 5. Etappe den ganz großen Coup und fuhr als Ausreißer seinen bisher größten Karrierefolg ein, nachdem er zuvor den sterbenden Schwan gespielt und seine Mitausreißer - unter anderem auch Johannes Fröhlinger, der damals Zweiter wurde - genarrt hatte.

Für seine Fluchtunternehmungen bekannt ist auch der Spanier Juan Antonio Flecha (Sky). Der Klassikerspezialist war vor neun Jahren bei der Tour de France als Ausreißer erfolgreich. Seitdem wartet der mittlerweile 34-Jährige auf einen Etappenerfolg bei einer großen Landesrundfahrt. Beim Giro wird Flecha zmindest in der ersten Woche für Weltmeister Mark Cavendish arbeiten müssen. Sollte der Brite aber das Rennen vorzeitig verlassen  - womit fest gerechnet werden darf - , erhält Flecha freie Fahrt;  so etwa auf der 13. oder 18. Etappe, auch wenn die Kurz-Distanzen von 121 beziehungsweise 139 Kilometern nur zusammengerechnet einem Klassiker entsprechen.

Auf den welligen Etappen wird sich auch der Italiener Filippo Pozzato (Farnese Vini) einiges ausrechnen dürfen. Am Wochenende gewann das Klassiker-Ass beim GP Industria sein erstes Rennen der Saison, was für einen zusätzlichen  Motivationsschub sorgen wird. Da der mittlerweile 30 jahre alte Pozzato über die nötige Endgeschwindigkeit, aber auch über die Härte für eine lange Flucht verfügt, ist er ein heißer Anwärter auf einen Tagessieg aus einer Fluchtgruppe heraus. Die Chancen stehen jedenfalls gut, dass der der zweifache Tour-Etappensieger an seinen starken Giro von vor zwei Jahren anknüpfen kann. Damals gewann er aus einer prominent besetzten Ausreißergruppe um den Franzosen Thomas Voeckler heraus eine Etappe.

Auf den Bergetappen darf man Attacken vom Italiener Emanuele Sella und dessen kolumbianischen Teamkollege José Serpa (beide Androni-Giocattoli) erwarten. Beide sind exzellente Kletterkünstler, ihnen fehlt es aber zum einen an Zeitfahrqualitäten, zum anderen aber auch an der Konstanz, um sich in der Gesamtwertung vorne zu platzieren. So werden sich Sella und Serpa möglicherweise auf einzelne Bergetappen und/oder auf das Bergtrikot konzentrieren. Sella hatte 2008 gleich drei schwere Etappen bei der Italien-Rundfahrt gewonnen, wurde aber später positiv auf CERA getestet und gesperrt. Serpa, der in diesem Jahr die Tour de Langkawi gewann, wartet noch auf ein Erfolgserlebnis in Italien.

Eine offensive Fahrweise kann man auch von den NetApp-Fahrern erwarten. Jan Barta, Bartosz Huzarski & Co. haben zwar allesamt noch keine Siege bei den großen Landesrundfahrten vorzuweisen, der 27-jährige Barta konnte in diesem Jahr nach einem eindrucksvollen Solo Rund um Köln gewinnen, der vier Jahre ältere Huzarski hat das Durchhaltevermögen für eine erfolgreiche Flucht.

Mit dem Russen Evgeni Petrov (Astana) und dem Schweizer Johann Tschopp (BMC) stehen zwei weitere Fahrer auf der Startliste, die in der Vergangenheit über Attacken zu Etappensiegen beim Giro gelangt waren. Der Franzose Sandy Casar (FDJBigMat) hat seine Fähigkeiten als Etappenjäger bereits mehrmals bei der Tour de France bewiesen, als er auf Bergetappen als Ausreißer insgesamt drei Siege einfahren konnte. Aber auch De Clerq und Ulissi stehen wieder am Start und würden nur zu gerne erneut Triumphe feiern können.

Die Giro-Etappenjäger: Giovanni Visconti, Pablo Lastras (beide Movistar), Sandy Casar (FDJ-BigMat), Filippo Pozzato (Farnese Vini), Diego Ulissi (Lampre-ISD), Bart de Clerq, Gianni Meersman (beide Lotto Belisol), Jan Barta, Bartosz Huzarski (beide NetApp), Emanuele Sella, José Serpa (beide Androni-Giocattoli), Evgeni Petrov (Astana), Johann Tschopp, Mathias Frank (beide BMC), Ben Hermans, Jan Bakelants (beide RadioShack-Nissan), Pavel Brutt (Katusha), Dario Cataldo (Omega Pharma-QuickStep), Matteo Carrara (Vacansoleil-DCM), Juan Antonio Flecha (Sky)

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

14.05.2013Nibali baut seine Führung aus

(rsn) - Vincenzo Nibali (Astana) hat auf der 10. Etappe des Giro d`Italia sein Rosa Trikot souverän verteidigt. Der Italiener belegte auf 167 Kilometer langen ersten Alpenetappe der Rundfahrt von Cor

06.06.2012Savio: "Rujano hat kein Pfeiffersches Drüsenfieber"

(rsn) – Androni-Teammanager Gianni Savio hatte sich beim diesjährigen Giro d`Italia viel von José Rujano erhofft. Doch der ehemalige Gesamtdritte der Italien-Rundfahrt enttäuschte auf ganzer Lini

28.05.2012Kein Italiener auf dem Podium in Mailand

(rsn) - Der 95. Giro d ´Italia ist für alle italienischen Fans mit einem traurigem Ergebnis zu Ende gegangen. Ryder Hesjedal (Garmin-Barracuda), Joaquim Rodriguez (Katusha) und Thomas de Gendt (Vaca

28.05.2012Hesjedal: "Ich habe Geschichte geschrieben"

Leipzig/Mailand (dapd). Ryder Hesjedal (Garmin-Barracuda) küsste immer wieder das Ahornblatt auf der kanadischen Flagge und ließ sich vor der prächtigen Kulisse des Mailänder Doms als Sieger des G

28.05.2012NetApp überzeugt beim Giro-Debüt

(rsn) - Mit zwei Podiumsplatzierungen und insgesamt acht Top-Ten-Ergebnissen hat das deutsche NetApp-Team beim Giro-Debüt überrascht „Die Mannschaft hat die Erwartungen des Managements bei weitem

27.05.2012Hesjedal taucht Kanada in Rosa

Mailand (dpa/rsn) - Ryder Hesjedal Garmin-Barracuda) hat sich in der 106-jährigen Geschichte des Giro d`Italia als erster Kanadier den Gesamtsieg gesichert.Der einstige Schüler von Lance Armstrong u

27.05.2012 Ryder Hesjedal gewinnt 95. Giro d´Italia

(rsn) - Der 31-jährige Ryder Hesjedal vom Garmin-Barracuda-Team hat den 95. Giro d´Italia gewonnen. Der Kanadier erobert auf der Schlussetappe, dem auf 28,2 Kilometer verkürzten Zeitfahren in Maila

26.05.2012Rodriguez knöpft Hesjedal nur 14 Sekunden ab

(rsn) - Ryder Hesjedal (Garmin-Barracuda) träumt schon von Rosa. Der Kanadier hat sich auch auf der 20. Etappe nicht von den Bergspezialisten abhängen lassen. Auf der letzten Bergetappe von Caldes/V

26.05.2012De Gendt zerlegt alle Giro-Favoriten

(rsn) - Der Kanadier Ryder Hesjedal (Garmin-Barracuda) hat auch auf der 20. Etappe seinen Anspruch auf den Gesamtsieg des 95. Giro d´Italia untermauert. Auf der letzten Bergetappe von Caldes/Val di

26.05.2012Ullrich: Vorletzte Giro-Etappe ein "Wahnsinnsgerät"

Köln (SID) - Der frühere Radprofi Jan Ullrich hat die vorletzte Etappe des 95. Giro d`Italia als "Wahnsinnsgerät" kritisiert. Steile Anstiege gehörten zwar zum Giro, allerdi

26.05.2012Giro: Heute Entscheidung am Mortirolo

(rsn) - Ryder Hesjedal (Garmin-Barracuda) hat gestern auf der 195 Kilometer langen Etappe mit Ziel auf der Alpe di Pampeago seine Ansprüche auf den ersten kanadischen Gesamtsieg beim Giro d´Italia m

25.05.2012Hesjedal: Großer Schritt zum Giro-Sieg

(rsn) - Ryder Hesjedal (Garmin-Baracuda) hat einen großen Schritt in Richtung Gesamtsieg beim Giro d`Italia gemacht und ist dem ersten kanadischen Erfolg in einer der großen Rundfahrten ein gutes St

Weitere Radsportnachrichten

24.11.2025Guernalec nächstes Opfer eines schweren Trainingsunfalls

(rsn) – Erneut wurde ein Radprofi während des Trainings Opfer eines schweren Unfalls. Thibault Guernalec wurde von einem Auto angefahren. Der 28 Jahre alte Franzose trug Frakturen an den Lendenwirb

24.11.2025Anstoß Remco: Evenepoel eröffnet Liga-Spiel in Belgien

(rsn) - Die fußballerischen Wurzeln von Remco Evenepoel sind wohlbekannt, der Belgier spielte in seiner Jugend für den RSC Anderlecht und die belgische Junioren-Nationalmannschaft, auch ein Profiver

24.11.2025Schritt nach Belgien und erster Sieg ermöglichten Profivertrag

(rsn) – Nach zwei Jahren im vertraut-familiären Umfeld des rad-net-Teams, das von seinem Vater Ulrich Müller geleitet wurde, hat sich Tobias Müller in der Saison 2025 bei Wanty – Nippo – ReUz

24.11.2025“Habe die Liebe verloren“: Boven hört mit 24 auf, auch Cimolai macht Schluss

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

24.11.2025Tony Martins Erfolgsstory begann in Mamas Radklamotten

(rsn) - Von der "Idiotenrunde" zur Tour de France und zu vier Goldmedaillen im WM-Zeitfahren - diese Geschichte beschreibt Tony Martin in seiner Dokumentation "Panzerwagen, Reise zum Weltmeister". D

23.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

23.11.2025Sensationell Straßenmeister und die Nummer 1 auf der Bahn

(rsn) - 2025 war ein Jahr, das dem Tim Wafler in Erinnerung bleiben wird. Überraschend gewann der Österreicher auf flachen Kurs die Nationalen Straßenmeisterschaften, wobei er als Kontinentalfahrer

23.11.2025Nys macht’s in Tabor im Stil von van der Poel

(rsn) – Er schien beim Weltcup-Auftakt in Tabor über einen Gang mehr zu verfügen als die Konkurrenz: Als Thibau Nys (Baloise – Glowi Lions) Ernst machte, konnte keiner seiner Gegner folgen. Der

23.11.2025Brand egalisiert mit Sieg in Tabor den Vos-Rekord

(rsn) - Lucinda Brand (Baloise – Glowi Lions) hat den Weltcup-Auftakt in Tabor gewonnen. Die Niederländerin bestimmte gemeinsam mit Sara Casasola (Crelan – Corendon) und deren Teamkollegin Inge v

23.11.2025Starke Comebacks nach schweren Stürzen

(rsn) – Auf einem absoluten Hoch schloss Bruno Keßler (Rembe – rad-net) die  Saison 2024 ab. Er gewann bei der Bahn-WM mit seinen Teamkollegen die Bronzemedaille im Vierer, die erste für Deutsc

23.11.2025Pogacar: Vuelta- oder Roubaix-Sieg genauso wichtig wie Tour-Rekord

(rsn) – Mit einem fünften Toursieg würde Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) in dieser Saison mit Jacques Anquetil, Eddy Merckx, Bernard Hinault und Miguel Indurain gleichziehen. Da der Slowe

23.11.2025Evenepoel zu möglichem Giro-Zeitfahren: “Maßgeschneidert“

(rsn) – Remco Evenepoel hat nach eigenen Worten seinem neuen Team Red Bull – Bora – hansgrohe zwei Pläne für die Saison 2026 vorgelegt. Der erste sieht eine Klassikerkampagne und die Tour de F

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)