Interview mit Jörg Scherf

So wird die Sauerlandrundfahrt organisiert / Teil 2

Von Christoph Adamietz

Foto zu dem Text "So wird die Sauerlandrundfahrt organisiert / Teil 2"
Das Peloton bei der Sauerlandrundfahrt an der Hirschberger Wand| Foto: Rob Möller

07.04.2020  |  (rsn) – Jörg Scherf ist nicht nur Manager beim Team Sauerland, sondern organisiert mit seiner Agentur SVL Sport gemeinsam mit Heiko Volkert seit 2017 auch die zur Bundesliga-Rennserie gehörende Sauerlandrundfahrt. Im zweiten Teil des Interviews mit radsport-news.com spricht Scherf über das Sicherheitskonzept, einen UCI-Status und die Kosten eines Rennens.

Was muss beim Sicherheitskonzept bedacht werden?
Scherf: Zusammen mit den Behörden, dem DRK (Deutsches Rotes Kreuz) und den Rennärzten besprechen wir vor dem Rennen den “Fall der Fälle“. Die Sicherheit ist uns sehr wichtig. Wir haben drei Rettungswagen und mehrere Ärzte dabei. Selbst wenn zwei schlimme Stürze passieren und zwei Rettungswagen im Einsatz sind, befindet sich immer noch ein dritter hinter dem Peloton. Es gibt eine Krankenhausliste und die DRK-Leute sind ortskundig. Wir besprechen viele verschiedene Szenarien. Beispielweise würden wir das Rennen stoppen, wenn alle Rettungswagen fehlten oder es zu dramatischen Unfällen käme. An Schlüsselstellen arbeiten wir zum Schutz der Fahrer und Zuschauer mit schweren Fahrzeugen der Feuerwehr oder Treckern von Landwirten. Kollege Volkert arbeitet zur Rennbesprechung mit den Sportlichen Leitern eine detaillierte Übersicht mit Gefahrenpunkten aus. Neben den vielen Polizeimotorrädern haben wir eine private Kradstaffel aus Köln, die das Rennen schützt. Unser Konzept besteht aus vielen Teilen. Vorgeschrieben wird dies alles von der Polizei, dem Kreis und dem Verband. 

Wie rekrutieren Sie Ihre (ehrenamtlichen?) Helfer?
Scherf: Wir rufen über die regionale Presse, den sozialen Medien und die einzelnen Städte zur Helfersuche auf. Wie schon gesagt wird viel durch die jeweiligen Sektionsleiter geregelt. Sind alle komplett, stehen wir beratend zur Seite und machen Helfereinweisungen vor der Veranstaltung. Da der Sauerländer gesellig ist, ist dies meist auch sehr lustig und findet gewöhnlich in irgendwelchen Gaststätten statt. Die Polizei kommt vom Hochsauerlandkreis und hat einige Erfahrung mit Radrennen. Teilweise begleiteten unsere Ansprechpartner schon die Deutschland Tour vor Jahren im Sauerland (Etappenankunft Winterberg) und mehrere Breitensportevents. Dazu kommt die Kölner Motorradstaffel, eine Gruppe von guten Leuten, die fast jedes Wochenende Rennen sichern.

Wie läuft die Zusammenarbeit mit dem Bund Deutscher Radfahrer (BDR) ab?
Scherf: Die Verantwortlichen kannten wir ja schon durch unser Team SKS Sauerland NRW. So kamen wir ins Gespräch und man hat uns in der Vergangenheit viel geholfen, von der Terminfindung bis zu vielen Fragen die Organisation betreffend. Wir können eigentlich nur Gutes über unseren Bundesverband sagen. Wir haben unser Konzept vorgestellt und man hat uns zum Glück vertraut. Wir hatten vielleicht auch etwas Starthilfe, da Ausrichter für Straßenrennen ja eher schwierig zu finden sind. Neben dem BDR hat uns auch der Radsportverband NRW sehr geholfen. Ohne die aktive Mitarbeit des einen oder anderen Verbandsmitarbeiters wären wir beim ersten Rennen noch mehr ins Schwitzen gekommen. Das wissen wir zu schätzen und vergessen es nicht.

Wie viele Fahrzeuge befinden sich bei den Rennen, abgesehen von denen der Sportlichen Leiter, auf der Strecke?
Scherf: Rund 20 Minuten vor dem Rennen fährt das erste Polizeiauto und gibt den Ordnern das Signal zur Straßensperrung. Kurz davor oder dahinter rollt bei uns eine (noch) kleine Werbekarawane. In unmittelbarer Nähe zum Rennen sind dabei: Rennleitung, Juryfahrzeuge, Radio-Tour-Sprecher, zwei neutrale Materialwagen, Renndirektor, Besenwagen, Rettungswagen, Zeitmessung und VIP- bzw. Presseauto. Das sind  rund 20 Fahrzeuge. Dazu kommt die Kölner Motorradstaffel und die Polizeikräder mit zusammen 24 Maschinen. Neu dazu kamen letztes Jahr drei Kameramotorräder für unseren Livestream und den des MDR.

Welche Kosten kommen auf Sie als Veranstalter insgesamt zu?
Scherf: Es gibt Genehmigungsgebühren an Verband und Behörden. Die private Kradstaffel und das DRK will bezahlt werden und es gibt natürlich zahlreiche kleinere Posten. Wir schaffen es mehr oder weniger, die Kosten durch Beiträge aller Beteiligter zu decken. Natürlich nur, weil ein Riesenteil ehrenamtlich gestemmt wird.

Warum gibt es aus Ihrer Sicht gerade in Deutschland so wenige Radrennen mit UCI-Status?
Scherf: Wir sind bisher noch kein UCI-Rennen, weil wir das Format der Bundesliga gut finden und das der Öffentlichkeit einfach zu verkaufen ist. “Bundesliga“ kennt jeder, aber versuchen Sie mal einem Unbeteiligten zu erklären was ein UCI-Status ist. Trotzdem wollen wir irgendwann zum internationalen Rennen werden. Vielleicht öffnet sich ja der BDR mal und wir können ein Bundesligarennen als UCI-Rennen durchführen. Warum es in Deutschland so wenige davon gibt? Ich glaube, die Veranstalter haben Nachwuchsprobleme und es gibt weniger Freiwillige, die sich den ganzen Stress antun wollen. Provokativ gesagt, werden viele der jüngeren Generation zu bequem und die Arbeit der älteren Rennveranstalter wird nicht weitergeführt. Einige werden sicher Probleme mit Behörden oder Verbänden anführen. Unsere Erfahrung ist allerdings, dass gerade von solchen Seiten viel Unterstützung kommt, wenn man nur fragt.

Welche Tipps würden Sie jemandem, der selbst gerne ein Radrennen durchführen möchte, mitgeben?
Scherf: Auf jeden Fall anfangen und nicht bremsen lassen. Mitstreiter suchen, Behörden offen ansprechen, Hilfe beim Verband erfragen und über sein Thema sprechen. Auch andere Rennveranstalter kontaktieren hilft. Die Pläne sollten zu Beginn realistisch sein. Eine HSK-Mitarbeiterin hat uns nach ersten Gesprächen gebeten, die Strecke kürzer als geplant zu halten. Das war im Nachhinein gut so und hat vieles vereinfacht.

Die Sauerlandrundfahrt wurde ja auch im Livestream übertragen. Gibt es Gespräche mit Fernsehanstalten, ob das Rennen auch mal im TV oder in deren Livestream übertragen wird?
Scherf: Natürlich wären wir gern im Fernsehen. Wir suchen auch schon den Kontakt in Hinblick auf die Deutschen Meisterschaften 2021. Bisher waren wir in der WDR Lokalzeit zu sehen, das war schon gut. In Sachen Livestream arbeiten wir mit der a.v.t. GmbH aus Hagen zusammen. Der Verantwortliche Detlef Sauerborn fuchst sich rein und wir wollen das weiter ausbauen. Herr Sauerborn hat im ersten Jahr schon erheblichen Aufwand betrieben, um ein dynamisches Ding wie ein Radrennen überhaupt ins Bild zu bringen. Das Ganze wird sich in Zukunft noch gut entwickeln. Vermutlich ist es schlauer, einen eigenen Stream machen zu können, statt am "Fliegenfänger" eines TV Senders zu hängen. 

Welcher Mehraufwand wäre nötig, um dem Rennen einen UCI-Status zu ermöglichen?
Scherf: Ein bekannter und erfahrener UCI-Kommissär hat uns schon bescheinigt, dass wir orga-technisch diesen Schritt machen können. Viel fehlt eigentlich nicht. Mit unserem Netzwerk und Umfeld sollte das direkt möglich sein. 

Das Fernziel lautet ja Ausrichtung der Straßen-WM 2027. Welche Schritte müssen Sie und Ihr Team dahin noch gehen?
Scherf: Erster Meilenstein wird die Straßen-DM 2021. Dann suchen wir uns einen weiteren Zwischenschritt. Das kann eine Bewerbung zum Etappenort der Deutschland Tour werden, ein Upgrade zum UCI-Rennen oder vielleicht eine EM. Vielleicht passen unsere Ideen ja auch in das Konzept zur Olympia Initiative 2032 “Rhein Ruhr“ von Michael Mronz und dessen Team. Alles weitere wird sich mit der Ausrichtung 2021 ergeben. Die Region im Sauerland und das Sportland NRW sollen sehen, was wir können. Alles soll aber immer in Verbindung mit der Strecke der Sauerlandrundfahrt Hand in Hand gehen.

Zum Teil 1

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