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06.04.2020 | (rsn) – Jörg Scherf ist nicht nur Manager beim Team Sauerland, sondern organisiert mit seiner Agentur SVL Sport gemeinsam mit Heiko Volkert seit 2017 auch die zur Bundesliga-Rennserie gehörende Sauerlandrundfahrt. Im ersten Teil eines zweiteiligen Interviews mit radsport-news.com spricht Scherf über die ersten Gespräche, die Streckenplanung und die Sponsorensuche.
Herr Scherf, wie entstand die Idee zur Sauerlandrundfahrt?
Jörg Scherf: Neben der Idee, mit einem eigenen Team an den Start zu gehen, hatten wir auch immer schon den Wunsch, ein Straßenrennen zu organisieren. Mein Mitstreiter Heiko Volkert und ich saßen vor über zehn Jahren mit Michael Beckmann und Olaf Ludwig, der zu der Zeit die Sauerland Challenge für Jedermänner organisierte, an einem Runden Tisch in Winterberg. Schon da hat Kollege Volkert etwas vollmundig rausgehauen, dass wir mal eine eigene Rundfahrt machen werden. Das schwebte dann die ganze Zeit im Raum, ich habe ihn immer mal wieder scherzhaft daran erinnert und irgendwann passte das Thema. Mit der Rundfahrt halten wir es wie mit dem Team. Wir wollen dem Radsport etwas zurückgeben. Unsere Agentur SVL Sports lebt vom Geschäft mit den Profiteams, also versuchen wir was für den Nachwuchs und die Szene zu tun.
Von der Idee zur Umsetzung ist es sicherlich ein langer Weg. Was mussten Sie und Ihre Mitstreiter zuerst abklären?
Scherf: Es gab erste Treffen mit Gemeinden, Städten, möglichen Sponsoren und dem Landrat. Wir mussten rausfinden, ob so ein Rennen auch auf politischer Ebene gewollt war. Danach klopften wir bei Vereinen und Ortsgemeinschaften an. So konnten wir einschätzen, ob wir die zahlreichen benötigten Helfer bekommen würden. Glücklicherweise hat sich dann die Krombacher Brauerei relativ schnell als verlässlicher Partner herauskristallisiert. Im Winter vor der ersten Ausgabe wurde die Strecke komplett mit der Polizei und einer Mitarbeiterin des Straßenverkehrsamts besichtigt. Anschließend bekamen wir ein Pflichtenheft der Behörden.
Wie lange dauerte das alles?
Scherf: Von den ersten Meetings bis zur ersten Sauerlandrundfahrt verging über ein Jahr. Einige Städte und Ortschaften wie Arnsberg, Hirschberg, Meschede, Sundern und Winterberg haben die Veranstaltung direkt unterstützt. Andere Gemeinden waren interessiert, hatten sich aber anfangs nicht an das Thema getraut. Ohne die Beteiligten wäre der erste Startschuss nicht gefallen. Mittlerweile haben wir weniger Bedenkenträger und mehr Mitmacher in der Region. Es entstehen richtige Zuschauermagnete und Hotspots wie die Hirschberger Wand oder der Anstieg zur Rochuskapelle in Eslohe. Dort wird sogar schon richtiges Rahmenprogramm geboten und es kommen viele Zuschauer, die noch nie was mit Radsport zu tun hatten.
Sportliche Leiter müssen in speziellen Schulungen Lizenzen erwerben. Muss ein Rennveranstalter etwas Vergleichbares vorweisen oder kann im Prinzip jeder ein Rennen anmelden?
Scherf: Ich vermute, dass jeder eingetragene und beim Verband registrierte Verein loslegen kann.
Wir organisieren das Rennen zusammen mit dem RC Victoria Neheim e.V. Im Neheimer Club haben wir jahrelange Erfahrungen mit der Orga vom Arnsberger MTB Marathon, dem Kriterium am Neheimer Dom und weiteren Rennen. Wir hatten hier sogar schon vor Jahren die "Norddeutschen Meisterschaften" für Nachwuchsfahrer auf ähnlicher Strecke ausgerichtet. Viele der Sauerländer Helfer haben auch seinerzeit schon die Heneseerundfahrt mit organisiert und die Winterberger richten ja schon seit langem ihre MTB Events aus.
Wie viele Stunden muss pro Ausgabe investiert werden?
Scherf: Die Arbeitsstunden haben wir nicht gezählt. Das fangen wir auch besser
gar nicht an, sonst lassen wir das Rennen demnächst wieder ausfallen. Ein großer Teil wird von uns aus dem SVL Büro bestritten. Gerade mein Kollege Heiko Volkert ist da super strukturiert und bringt das Ganze mit auf Kurs. Man kann sagen, dass sich ab vier Wochen vor dem Rennen jeder von uns zwei Drittel des Arbeitstags mit der Orga beschäftigt. In der Woche vor dem Rennen auch noch mehr. Weiter ist der RC Victoria Neheim als ausrichtender Verein gefragt. Dazu haben wir die Strecke in verschieden Sektoren unterteilt. Jede der sieben Sektoren hat einen Leiter, der sich um Helfer und sonstige “ortsspezifische" Sachen kümmert.
Wie groß ist das Organisationsteam der Rundfahrt?
Scherf: Zum harten Kern gehören etwa ein Dutzend Leute, die knapp 500 Helfer und Streckenposten auftreiben und koordinieren. Mittlerweile gibt es ein stabiles Netzwerk quer durch die Region. Neben dem freiwilligen Organteam sind natürlich auch noch der Landkreis und die Polizei beteiligt. Unser Tross kann sich mittlerweile sehen lassen und die Behörden sind voll mit dabei.
Wie wird der Termin für ein Rennen festgelegt?
Scherf: Die Terminfindung geht Hand in Hand mit dem BDR (Bund Deutscher Radfahrer). Vizepräsident Günther Schabel stimmt das engagiert mit uns ab. Wir nennen die ungefähre Zeit und Tage, an denen wir gar nicht können, und er versucht das mit den anderen Veranstaltern passend zu machen. Bisher hat das immer gut funktioniert.
War es schwer, Sponsoren zu finden?
Scherf: Um den Hauptsponsor zu finden, mussten wir schon etwas suchen. Gerade vor der ersten Veranstaltung haben wir ja versucht, ein Luftschloss zu verkaufen. Bei der Krombacher Brauerei haben wir glücklicherweise genau in dem Moment gefragt, als sie eh' in den Radsport wollten. Zu Beginn haben wir auch etwas gepokert und die Sache einfach gestartet, ohne zu wissen, was am Ende finanziell passiert und ob alles klappt. Das Risiko haben Heiko Volkert und ich persönlich getragen.
Welchen Gegenwert bekommen Sponsoren bei Ihrem Rennen?
Scherf: Wir haben Sponsoren neben der Suche nach dem Hauptpartner einfache Dinge wie Bandenwerbung, Anzeigen im Rennmagazin oder Logos auf Plakaten und Homepage angeboten. Neu war im letzten Jahr der Livestream im Internet. Hier haben wir Werbeeinblendungen verkauft. Städte und Gemeinden fördern uns mit Absperrungen, Helfern und vielen weiteren Sachen, die unserem Budget helfen. Sie sind quasi auch Sponsoren und wir arbeiten eng mit Stadtmarketings und dem Tourismus zusammen.
Wie umfangreich ist die Berichterstattung?
Scherf: Die regionale Presse berichtet sehr gut. Wir hatten weiter bisher jedes Mal den WDR mit Radio und TV vor Ort und es gibt eine Extraausgabe des regionalen WOLL Magazins mit 6000 Heften. Das P&S Team kam 2019 sogar mit dem MDR. Unsere Präsenz wächst, das merken auch unsere Sponsoren. Das Ganze nimmt mehr und mehr an Fahrt auf und mit den Deutschen Straßenmeisterschaften 2021 hoffen wir auf eine noch größere Reichweite und mehr Sponsoren.
Nach welchen Kriterien stellen Sie den Kurs zusammen?
Scherf: Kurz gesagt: Machbarkeit aus Sicht der Behörden, attraktiv für Zuschauer und Sportler, sportlich anspruchsvoll. Wir hatten Glück, dass Hirschberg sich sofort interessierte. Dort gab es früher schon das Rennen Gütersloh – Warstein - Gütersloh, veranstaltet vom RSV Gütersloh. Die ältere Generation im Ort erinnerte sich und es war Pflicht, dass der Tross die Hirschberger Wand hoch muss. Klassikeratmosphäre war also sofort gegeben. Da Arnsberg und Winterberg sich früh bereit erklärten, das Rennen zu fördern, standen sie als Start- und Zielort fest. Dazwischen garantieren zahlreiche Anstiege und Abfahrten ein super spannendes Rennen. Als Streckengestalter hat man vieles in der Hand. Wir wollen mit den ersten Hügeln das Feld ein bisschen ausdünnen, aber nicht sofort viele kleine Grüppchen haben. Dass es bei uns kein Sprinter-Rennen gibt, war auch klar. Trotzdem spricht unsere Strecke nicht nur Bergfahrer an. Es gibt kaum Verschnaufpausen und viele tolle Stellen für Zuschauer. Solche Schlüsselstellen sind wichtig, um eine coole Stimmung für Sportler und Fans zu schaffen. Ich habe das Gefühl, die Leute interessieren sich viel mehr für Radrennen als wir glauben. Wenn ich sehe, wie viele Hobby-Sportler mittlerweile auf Strava die einzelnen Segmente der Sauerlandrundfahrt abfahren, ist das schon beeindruckend. Unsere Gegend bietet so viele Möglichkeiten, wir könnten auch eine mehrtägige Rundfahrt veranstalten. Wenn wir uns was wünschen dürften, würden wir an mehreren Tagen in jeder Ecke des Sauerlands von Marsberg bis Krombach fahren.
Wie laufen die Gespräche mit den Behörden, die ja die Strecke genehmigen müssen?
Scherf: Wir legen dem Kreis unsere Wunschstrecke vor. Der fragt dann bei den Städten und Straßen-NRW ab, ob Bedenken bestehen. Gibt es geplante Baustellen, Schützenfeste oder sonstige Gründe, dann müssen wir umplanen. Das passiert aber stressfrei und gerade die Polizei verrät uns wichtige Hinweise dazu, was geht und was nicht. Die Anzahl der Ordner bestimmt nach der Streckenbesichtigung der Kreis. Er legt auch fest, wie viele Ordner wo stehen müssen und welche sonstigen Auflagen anfallen. In den ersten Ausgaben haben wir versucht, die fast identische Streck zu fahren. Das hat es für alle einfacher gemacht.
Welche Kosten fallen für Städte und Gemeinden an?
Scherf: Alle Städte und Gemeinden beteiligen sich an Kosten für Absperrungen. Arnsberg und Winterberg engagieren sich darüber hinaus. Glücklicherweise müssen wir bis auf die Genehmigungsgebühren nichts zahlen. Das macht es etwas einfacher. Von manchen Veranstaltern weiß ich, dass sie für verlegte Bushaltestellen oder abgeschaltete Ampeln zahlen müssen. Zum Glück ist das bei uns anders. Das Rennen könnte es sonst nicht geben.
Viele (Bundesliga-)Rennen werden auf Rundkursen ausgetragen, Ihres nicht. Weshalb haben Sie sich gegen einen Rundkurs entschieden?
Scherf: Wir haben uns mit dem Rennen von A nach B die Latte direkt relativ hoch gelegt. So richtig bewusst wurde uns das aber erst im Zuge der ersten Ausgabe. Ein Nachteil ist natürlich die dadurch nötige Menge der Ordner am Kurs. Wir garantieren den Behörden ja, dass die Ordner am Veranstaltungstag da sind. Ohne die Unterteilung in die verschiedenen Sektoren und den vielen Helfern aus vielen verschiedenen Vereinen und Ortsgemeinschaften wäre das alles nicht machbar. Weiter hatten wir anfangs mit sehr vielen Leuten zu tun, die wir nicht kannten. Richtig spannend wird es am Veranstaltungstag, wenn der Tross rollt. Es schwebt immer im Kopf, dass alles gut geht und alle heil im Ziel ankommen. Wir haben aber gelernt, dass wir in unserer Gegend scheinbar sehr verlässliche Zeitgenossen haben und das alles gut funktioniert.
Ein Vorteil bei einem Rennen von A nach B ist übrigens, dass der einzelne Helfer natürlich nur eine kurze Zeit eingebunden ist. Das stundenlange Rumstehen, wie es auf einem Rundkurs nötig ist, entfällt dabei nämlich.
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