Brite gewinnt konservativ die Spanien-Rundfahrt

Yates nach Giro-Absturz mit neuer Taktik zum Vuelta-Coup

Von Eric Gutglück

Foto zu dem Text "Yates nach Giro-Absturz mit neuer Taktik zum Vuelta-Coup"
Simon Yates (Mitchelton-Scott) hat die 73. Vuelta a Espana gewonnen. | Foto: Cor Vos

16.09.2018  |  (rsn) – Im Moment großer Enttäuschungen sprechen Sportler gern von "wertvollen Erfahrungen", die sie daraus ziehen würden. Ganz ähnlich war der Wortlaut auch bei Simon Yates (Mitchelton-Scott) nach dem Giro d’Italia im Mai 2018. Zweieinhalb Wochen lang hatte der Brite dem Rennen seinen Stempel aufgedrückt und bei jeder sich bietenden Gelegenheit der Konkurrenz "eingeschenkt".

Drei Etappensiege und weitere sechs Top-Ten-Platzierungen auf den ersten 15 Etappen machen deutlich, wie aggressiv Yates beim Giro zu Werke ging. Doch an den letzten drei Tagen der Italien-Rundfahrt machten sich die Anstrengungen bemerkbar und Yates brach am Colle delle Finestre spektakulär ein. Mehr als 1:15 Stunden lag er schließlich in Rom als Gesamt-21. hinter dem Gesamtsieger Chris Froome (Sky). "Ich bin total kaputt“, sagte Yates damals im Ziel der 19. Etappe, nachdem er das Rosa Trikot des Gesamtführenden an Froome hatte abgeben müssen.

Keine vier Monate später hat Yates offenkundig seine Lehren aus dem am Ende desaströs verlaufenen Giro gezogen. Anstatt ständig zur Attacke zu blasen, verließ sich der 26-Jährige auf die Stärke seiner Mannschaft um seinen Zwillingsbruder Adam. Der nackte Blick auf die Zahlen macht den Gegensatz zum Giro deutlich: Gerade einmal sieben Tagesplatzierungen in den Top Ten, vier davon in der zweiten Rennhälfte, darunter ein Etappensieg in Les Praeres sind Ausdruck einer cleveren Renneinteilung.

Yates übernahm auf der 9. Etappe die Gesamtführung und anders als beim Giro, als er am sechsten Tag ins Maglia Rosa schlüpfte, konzentrierte er sich fortan auf die Verteidigung seiner Spitzenposition, statt die Führung weiter auszubauen. Darunter fielen sogar zwei Tage, an denen er das Rote Trikot an den eher ungefährlichen Ausreißer Jesus Herrada (Cofidis) abgab.

"Es ging darum, ruhig zu bleiben und nicht zu aggressiv zu fahren. In der ersten Woche fühlt sich jeder stark. Ich kam in den zweiten Ruhetag, naja ich würde nicht sagen frisch, aber viel frischer als im Vergleich zum Giro. Das hat den Ausschlag gegeben“, ließ sich Yates nach der 20. Etappe am Vorabend seines Vuelta-Triumphes auf der Pressekonferenz in die Karten blicken.

Doch hatte er neben seiner taktischen Abgebrühtheit auch noch ein weiteres Ass im Ärmel: "Für mich hat mein Trainer den größten Unterschied gemacht. Er lebt mit mir hier in Andorra und wir haben die Vuelta zusammen gewonnen. Wir sind an der Giro-Erfahrung gemeinsam gewachsen und ich hoffe, dass unsere Zusammenarbeit noch lange andauert.“

Mit seiner zurückhaltenden Fahrweise in den ersten beiden Vuelta-Wochen schonte Yates seine Kräfte für die entscheidenden Tage in Andorra. Erst auf den Etappen 19 und 20 drehte er am Coll de la Rabassa, bzw. am Collada de la Gallina komplett auf und erhöhte seinen Vorsprung im Gesamtklassement von 25 Sekunden gegenüber Alejandro Valverde (Movistar) auf letztlich 1:46 Minuten vor dem neuen Zweiten Enric Mas (Quick-Step Floors).

Was dabei bedacht werden muss: Beim Giro hatte Yates mit Froome und Tom Dumoulin (Sunweb) zwei Gegner, die ihm im Zeitfahren am 16. Etappentag über gut 34 Kilometer jeweils etwas mehr als eine Minute abnahmen – Yates hätte sogar größere Abstände befürchten müssen. Der Mitchelton-Kapitän musste beim Giro also offensiv fahren und möglichst viel Zeit zwischen sich und die Konkurrenz legen.

Bei der Vuelta hingegen spielten starke Zeitfahrer im Kampf um den Gesamtsieg keine Rolle. Auf einem vergleichbaren Kurs zu dem vom Giro verlor Yates lediglich auf Steven Kruijswijk (LottoNL-Jumbo) und Mas 40 bzw. 30 Sekunden. So konnte der Brite seinen Vorsprung im Kampf gegen die Uhr gegenüber den direkten Verfolgern um Valverde sogar leicht ausbauen und sich ganz auf seine Kletterqualitäten in der dritten Woche verlassen.

So oder so scheint Yates mit seinen Vorstellungen bei Giro und Vuelta in die absolute Weltspitze der Rundfahrer vorgedrungen zu sein. In Anbetracht der britischen Dominanz im Jahr 2018 um Giro-Sieger Froome, Tour-Sieger Geraint Thomas (Sky) und nun eben Yates ist sogar ein rein britisches Podium in Frankreich 2019 nicht ausgeschlossen – und schon gar nicht, dass der Mann in der Mitte den Namen Simon Yates trägt.

 

Mehr Informationen zu diesem Thema

19.09.2018Dennis soll BMC in Innsbruck zu drittem Zeitfahrgold führen

(rsn) - Nachdem es in den beiden vergangenen Jahren in den WM-Teamzeitfahren jeweils nur zur Silbermedaille gelangt hat, will BMC am Sonntag zum Auftakt der Straßenweltmeisterschaften von Innsbruck w

18.09.2018Sagan: “Radsport anzuschauen, finde ich langweilig“

(rsn) - Während Chantal Blaak (Boels-Dolmans) ihre Regentschaft als Weltmeisterin mit einem Sieg in ihrem letzten Rennen im Regenbogentrikot beendet hat, musste Peter Sagan (Bora-hansgrohe) auf ein l

18.09.2018Podcast Spezial: Wer waren die Gewinner und Verlierer?

(rsn) - Noch vor dem Schlusswochenende war nicht klar, wer sich am Ende den Gesamtsieg bei der 73. Austragung der Vuelta a Espana sichern wird. Doch auf den entscheidenden letzten beiden Bergetappen,

17.09.2018Denk: “Wir können nicht wirklich zufrieden sein“

(rsn) - Nach starkem Beginn endete die 73. Vuelta a Espana für das mit großen Ambitionen angetretene Team Bora-hansgrohe am Wochenende ernüchternd. Emanuel Buchmann konnte die hohen Erwartungen nic

17.09.2018Britische Rundfahrtasse stellen neuen GrandTour-Rekord auf

(rsn) - Die 73. Vuelta a Espana endete nicht nur mit dem persönlichen Triumph von Simon Yates (Mitchelton-Scott), der erstmals in seiner Karriere eine Grand Tour gewann. Der 26-jährige Brite setzte

17.09.2018Highlight-Video der 21. Etappe der Vuelta a Espana

(rsn) - Simon Yates (Mitchelton-Scott) hat als zweiter Brite nach Chris Froome (Sky) die Vuelta a Espana gewonnen und die Nachfolge seines Landsmanns im Roten Trikot angetreten. Am letzten Tag der Run

16.09.2018Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 21. Etappe

(rsn) - Zum Start der 73. Vuelta a Espana sind in Malaga 176 Profis in insgesamt 22 Teams angetreten. Längst nicht alle werden am 16. September das Ziel in der Hauptstadt Madrid erreichen. Sturzverle

16.09.2018Viviani von weit hinten an allen vorbei zum 18. Saisonsieg

(rsn) – 67. Profisieg, 67. Jahreserfolg für Quick-Step Floors: Elia Viviani hat einmal mehr bewiesen, dass er im Jahr 2018 der wohl stärkste Sprinter ist. Der Italienische Meister verwies auf der

16.09.2018Viviani und Simon Yates jubeln in Madrid

(rsn) - Simon Yates (Mitchelton-Scott) hat als zweiter Brite nach Chris Froome (Sky) die Vuelta a Espana gewonnen und die Nachfolge seines Landsmanns im Roten Trikot angetreten. Am letzten Tag der Run

16.09.2018Mas und Lopez kicken Kruijswijk noch vom Podium

(rsn) - Nach einer kleinen Achterbahnfahrt an den vergangenen Tagen wird Steven Kruijswijk (LottoNL-Jumbo) die 73. Vuelta a Espana auf dem vierten Platz beenden. Damit wiederholte der Niederländer se

16.09.2018Valverde: “Man muss die Niederlagen akzeptieren“

(rsn) - Die Ambitionen waren groß gewesen. Und lange mischte die spanische Equipe Movistar im Kampf um den Gesamtsieg bei dieser Vuelta a Espana mit. Doch am Ende gehört das Team zu den großen Gesc

16.09.2018Lopez macht´s wie beim Giro und wird noch Dritter

(rsn) - Im Frühsommer wurde Miguel Angel Lopez (Astana) ohne einen Etappensieg Gesamtdritter des Giro d’Italia. Dreieinhalb Monate später wird der Kolumbianer die Spanien-Rundfahrt ebenfalls auf R

Weitere Radsportnachrichten

19.12.2025Van Aert: “Ich bin schon wieder richtig motiviert“

(rsn) - Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) sieht sich für seine Saisonpremiere im Cross gerüstet. “Wie ich mich jetzt fühle, ist völlig anders als letztes Jahr“, sagte der Belgier in einem

19.12.2025“Fürs Leben gelernt“: Aber folgt die Fortsetzung?

(rsn) – In ihrer erst dritten Profisaison kam Elena Hartmann (Ceratizit) erst so richtig in Fahrt, wie sie RSN im Interview erzählte. “Ich habe das Gefühl, in diesem Jahr nochmals eine enorme

19.12.2025Van Empel “fehlen Motivation und Freude am Radsport“

(rsn) – Fem van Empel wird zum 1. Januar ihr Team Visma – Lease a Bike verlassen und ihre Profikarriere auf unbestimmte Zeit unterbrechen, wie der niederländische Rennstall in einer Pressemitteil

19.12.2025Van der Poel vs. Van Aert: Erstes Gigantenduell in Antwerpen

(rsn) – Am Samstag kommt es beim Weltcup in Antwerpen zum mit Spannung erwarteten ersten Aufeinandertreffen von Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) und Wout van Aert (Visma – Lease a Bik

19.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2025

(rsn) – Seit dem Jahr 2013 blicken wir am Ende der Straßenradsaison neben der Jahresrangliste der Männer auch auf das Jahr der Frauen mit entsprechendem RSN-Ranking zurück. Berücksichtigt werden

19.12.2025Verträge sollen künftig schon ab 1. November in Kraft treten

(rsn) – Die alljährlichen Diskussionen darüber, warum abgewanderte Fahrer noch bis zum 31. Dezember die Trikots ihrer alten Teams tragen müssen, werden wohl bald der Vergangenheit angehören. Wie

19.12.2025105. Katalonien-Rundfahrt mit drei Bergankünften

(rsn) – Auch die 105. Katalonien-Rundfahrt (23. – 29. März / 2.UWT) wird den Kletterspezialisten in die Karten spielen. Wie die Organisatoren des spanischen Traditionsrennens ankündigten, sind i

19.12.2025Brauße startet 2026 für das neue Rembe-Frauenteam

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

19.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

19.12.2025Keine “Eintagsfliege“, aber “Profiteur vom Pech anderer“

(rsn) – Es ist noch gar nicht so lange her, da avancierte Nico Denz (Red Bull – Bora – hansgrohe) kurzzeitig zur deutschen Klassikerhoffnung - ohne allerdings jemals in seiner Karriere entsprec

18.12.2025Niermann erstaunt über 2 x 5000 Höhenmeter bei der Vuelta

(rsn) – Am Mittwochabend wurde die Strecke der 81. Vuelta a España vorgestellt. Auffällig war für viele Beobachter, dass der Kurs nach dem Start in Monaco zu weiten Teilen ganz im Süden der Ibe

18.12.2025Im ersten Jahr voll eingeschlagen: “Macht Hunger auf mehr“

(rsn) – Erfolgreiche Mountainbikerinnen, die auf die Straße in die WorldTour wechseln, sind inzwischen im internationalen Frauenradsport keine Seltenheit mehr. Erstaunlicher hingegen, wenn diese â

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)