Interview mit Daniel Westmattelmann

“Es war nicht abzusehen, ob ich wieder Rad fahren kann“

Von Christoph Adamietz

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Daniel Westmattelmann (Lotto-Kern Haus) bei der Teampräsentation 2018 | Foto: Lotto-Kern Haus

26.01.2018  |  (rsn) - Am Donnerstaabend präsentierte sich das Team Lotto-Kern Haus der Öffentlichkeit. Während ein Teil des Aufgebots schon Anfang Februar in die Saison einsteigt, muss sich Daniel Westmattelmann nach seinem schweren Sturz vom Sommer 2017 noch etwas gedulden. Im Interview mit radsport-news.com sprach der 30-jährige Zeitfahrspezialist über seine Rekonvaleszenz, seine Ziele für 2018 und seine weitere Karriereplanung.

Sie sind Ende Juli bei einem Rennen der Rad-Bundesliga von einem Begleitmotorrad angefahren worden und konnten seitdem keine Rennen mehr bestreiten. Wie geht es Ihnen heute?
Westmattelmann: Angesichts der Schwere der Verletzung bin ich mit meinen Fortschritten sehr zufrieden, da ich beispielsweise erst wieder lernen musste zu laufen. Mittlerweile kann ich wieder Grundlagen-Einheiten auf dem Straßenrad absolvieren, wobei mein Lenker noch relativ hoch ist, da zwei Wirbel mit Platten dauerhaft fixiert werden mussten. Es wird wohl noch ein paar Monate dauern, bis ich auf dem alten Niveau bin, zumal mir 2017 viele Trainings- und Rennkilometer entgangen sind.

Haben Sie nach dieser schweren Verletzung auch ein Karriereende in Betracht gezogen?
Westmattelmann: Darüber habe ich natürlich nachgedacht, da zunächst gar nicht abzusehen war, ob ich überhaupt wieder richtig Radfahren kann. Aber nachdem die Operation gut überstanden war und ich einige Zeit ausschließlich im Liegen verbracht habe, wurde mir deutlich, wie wichtig mir der Sport ist. Zudem hat mich das Ziel Rückkehr enorm motiviert, das Bestmögliche aus der Reha herauszuholen. Schließlich möchte ich gerne selbst entscheiden, wann ich meine Karriere beende.

Nach dem Unfall hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen schwerer Körperverletzung gegen den Motorradfahrer aufgenommen. Gibt es in dem Punkt Neuigkeiten?
Westmattelmann: Leider nein.

Sie werden Ende der Saison 31 Jahre alt. Ein Wechsel in ein höherklassiges Team ist unwahrscheinlich. Wie lange wollen Sie noch fahren?
Westmattelmann: Seit einigen Jahren betreibe ich den Sport zwar sehr engagiert, dennoch hatte mein Job immer Priorität. Ich habe Anfang Januar meine Dissertation abgegeben und werde diese Anfang Februar verteidigen. Nun gibt es für mich beruflich einige spannende Optionen, so dass ich weiterhin von Jahr zu Jahr sehen werde, ob ich auf Kontinental-Niveau weiterfahre. Ein Aufstieg in ein höherklassiges Team ist schon seit einigen Jahren keine Option für mich, da ich mit meiner Lebenssituation überaus zufrieden bin.

Sie sind in Ihrer Karriere für viele Teams gefahren. Was zeichnet Lotto-Kern Haus aus?
Westmattelmann: Da gibt es viele Faktoren. Als Zeitfahrer hat mich von Beginn an die Möglichkeit gemeinsam mit dem TWZK (Trainingswissenschaftliches Zentrum Koblenz) an der Aerodynamik zu feilen sehr gereizt. Außerdem hat es Teamchef Florian Monreal über die Jahre hinweg geschafft, ein starkes Team aufzubauen, dem er ein herausragendes und ausgeglichenes Rennprogramm bieten kann. Außerdem merkt man gerade in schwierigen Zeiten, was man an seinem Umfeld hat. Neben meiner Familie und meinen Freunden hat mir auch das Team sehr geholfen, um schnell wieder auf die Beine zu kommen.

Wann und wo werden Sie in die Saison einsteigen?
Westmattelmann: Aufgrund meiner Verletzung haben wir diese Entscheidung auf das Trainingslager vertagt, da wir zunächst schauen müssen, wie ich höhere Belastungen und längere Einheiten auf dem Rad verkrafte.

Was sind Ihre sportlichen Ziele für 2018?
Westmattelmann: Ich möchte möglichst an meine alten Erfolge im Zeitfahren anknüpfen und meinen Teamkollegen möglichst viel von meiner Erfahrung weitergeben. Zudem würde ich gerne mit ihnen den Titel im Mannschaftszeitfahren verteidigen, da ich im letzten Jahr wegen meiner Verletzung nicht dabei sein konnte.

Das Team hat mit Christopher Hatz und Raphael Freienstein zwei wichtige Fahrer verloren. Wird nun noch mehr Verantwortung auf Sie zukommen?
Westmattelmann: Mit Chris und Raphi fehlen nicht nur zwei starke Fahrer, sondern auch zwei starke Persönlichkeiten. Aber ich bin mir sicher, dass wir diese Lücke mit Joshua Huppertz oder Florian Nowak schließen können, da Florian Monreal schon frühzeitig auf den Nachwuchs gesetzt hat und nun sehr talentierte Fahrer wie Jonas Rutsch, Luca Henn oder Frederik Einhaus vermehrt Verantwortung übernehmen können. Dabei stehe ich ihnen gern mit Rat und Tat zur Seite.

Das Zeitfahren der Deutschen Meisterschaften in Einhausen wird wohl  auf einem flachen Kurs ausgetragen werden. Ideale Bedingungen für Sie, um den Sprung aufs Podium zu schaffen?
Westmattelmann: Ich denke, dass mir der Kurs liegen wird, aber eine Medaille zu erreichen wird extrem schwer, da die Konkurrenz in den letzten Jahren wieder deutlich zugenommen hat und viele Teams ihre Hausaufgaben im Aerodynamik-Bereich gemacht haben. Zudem wäre es angesichts der starken World-Tour-Konkurrenz vermessen, sich als Vollzeit-Berufstätiger eine Medaille zum Ziel zu setzen. Aber ich werde wie in den letzten Jahren mein Bestes geben und vielleicht reicht es ja wieder für eine kleine Überraschung.

Im letzten Jahr wurden Sie aufgrund Ihres Sturzes vieler Chancen beraubt – etwa dem Start bei den Europameisterschaften oder auch bei der Im Teamzeitfahren der Deutschen Meisterschaften. Sind das auch Rennen, die nun besonders in Ihrem Fokus stehen?
Westmattelmann: 2017 war definitiv das herausforderndste Jahr meiner Karriere, aber ich möchte nicht den entgangenen Chancen hinterher trauern, sondern nach vorne schauen und mich auf meine Leistung konzentrieren. Schließlich bietet die Saison 2018 viele großartige Rennen. Neben den Zeitfahren und meinem Heimrennen, dem Münsterland-Giro, freue ich mich besonders auf die Deutschland-Tour

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