Paddis Tour-Blog / 22. Juli

Psychospielchen der besonderen Art

Von Sebastian Paddags

Foto zu dem Text "Psychospielchen der besonderen Art"
Sebastian Paddags | Foto: Sebastian Paddags

22.07.2016  |  (rsn) - „Kampf gegen die Uhr Zwei Punkt Null“ - so lautete sicherlich das Motto des heutigen Tages, denn es stand das Zeitfahren Nummer Zwei auf dem Plan. Im Vergleich zum ersten Zeitfahren herrschte heute zwar deutlich weniger Wind als noch vor ein paar Tagen, aber dank des Berges hatte dieses verhältnismäßig kurze Teilstück dennoch einige Tücken in sich versteckt.

Alle Fahrer, die heute weder hinsichtlich der Gesamtwertung noch in Bezug auf den Tagessieg ein Wörtchen mitreden konnten oder wollten (unsere Sprinter zum Beispiel), hatten somit heute „nur“ ein großes Ziel: möglichst kraftsparend und im Zeitlimit das Ziel erreichen. Dies klingt vielleicht zunächst easy, war es aber nicht wirklich. Die Siegerzeit von Chris Froome war nämlich einmal mehr durchaus zügig und somit durfte niemand bummeln.

Das Schlimme bei so einem Zeitfahren ist sicherlich, dass du am Morgen noch nicht wirklich abschätzen kannst, wie schnell am späten Nachmittag die Schnellsten fahren werden und du somit meist ohne große Orientierung unterwegs bist. Zum Glück haben aber alle heute die richtige Nase gehabt und es ist niemand aus dem Zeitlimit geflogen, auch wenn Bernie Eisel als Letzter mehr als 7 Minuten langsamer war als Froome. In den nächsten 2 Tagen kann das allerdings dank der beiden sehr kurzen und schweren Tage auch noch mal enger werden - durchatmen ist also noch längst nicht angesagt.

Vor dem Zeitfahren beherrschte heute sicherlich eine große Frage die Szenerie: welches Rad soll man nehmen? Zeitfahrrad? Straßenrad? Eine Mischung? Oder gar ein Wechsel der Maschine unterwegs? Alle Varianten konnte man heute auf jeden Fall sehen, was darauf schließen lässt, dass es wohl so richtig kein Patentrezept gab. Am Ende aber hat sich sicherlich bewahrheitet, dass ein reines Zeitfahrrad trotz Berg die Wahl der Sieger war.

Ich fand das sehr interessant anzusehen, denn im Fahrerlager waren zu Beginn des Tages alle möglichen Varianten und Räder zu sehen und ein jeder beäugte so ein Bisschen die Konkurrenten. Schöne Psychospielchen liefen da ab. Teilweise wurde extra mit einem anderen Rad vor dem Teambus der Konkurrenz herumgefahren, um etwas Verwirrung zu stiften. Und nur wenn man ganz genau hingesehen hat, konnte man im Detail ab und zu erkennen, dass zum Beispiel zwar eine Startnummer aber kein Transponder am Rad der vermeintlichen Wahl montiert war. Schon irgendwie ulkig.

Es machte übrigens auch die Runde, dass einige Teams extra im Frühjahr schon hier waren und die Strecke mit einem Straßenrad und mit einem Zeitfahrrad zu Testzwecken befahren haben. Hierbei kam wohl auch heraus, dass bei entsprechenden Ambitionen ein Zeitfahrrad schneller sein sollte. Hier trennt sich dann hinsichtlich der minutiösen Vorbereitung die Spreu vom Weizen!

Da es wieder sehr heiß war, sah man fast alle Fahrer mit sogenannten Kühlwesten beim Warmfahren. Diese Westen sollen verhindern, dass der Körper schon vorzeitig überhitzt und somit noch ein wenig die Energie und den Kreislauf schonen. Wagi (Robert Wagner) und Andre (Greipel) konnte ich mit einer solchen Weste sehen - und wenn ihr auf dem Foto mal genau hinschaut, seht ihr auch, dass Andrés Weste viel zu klein ist. Beim Versuch, sie zu schließen wäre sie fast zerrissen - er ist wohl einfach zu breit (für einen Radrennfahrer) und trägt seinen Spitznamen „Gorilla“ nicht umsonst. Tony (Martin) hingegen wählte heute keine Eisweste, sondern entschied sich für einen adäquaten Ventilator. Ob er so schon mal den Fahrtwind etwas simulieren wollte?

Die wortwörtlich „coolste“ Option hinsichtlich der Kühlung gab es aber bei Giant-Alpecin, denn hier stand für die Fahrer extra so ein Getränketeil bereit, aus dem der Inhalt quasi gefroren herauskommt. Ich habe keine Ahnung, wie man das nennt, ich weiß nur, dass einige davon „Gehirnfrost“ bekommen und das da eigentlich „Frozen Margaritas“ oder ähnliches mit hergestellt werden. Auf jeden Fall ein Hingucker und für die Jungs eine schöne Abwechslung.

Beachtlich fand ich übrigens auch Wagi's heutigen Kommentar nach dem Rennen: „War sogar ein bisschen geil das Zeitfahren - kein Stress und geile Stimmung!“ Eine solche Aussage hätte er wohl selbst in Anbetracht des Streckenprofils von sich im Vorfeld nicht erwartet. Der Junge wird hier echt noch zum Bergfahrer :-)

Morgen geht es weiter - 3 Tage bis Paris.

Bis dahin, Euer Paddi-avec-i

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

23.07.2016Auf den letzten Metern noch ein DNF

(rsn) - Hallo Freunde, aufgrund einer Änderung im Logistikplan meines Jobs hier bin ich seit heute der Fahrer unseres Wohnmobils, mit welchem das tägliche Picknick für die VIPs arrangiert wird. So

21.07.201672 Kilometer lang Gesichtsfasching

(rsn) - Hot, hotter am hottesten… So oder so ähnlich hätte man wohl die heutige Etappe in Richtung der Berge zum Mont Blanc beschreiben könne - es war tatsächlich unfassbar warm! Ich schwitze be

20.07.2016Ein Hoch auf den Google-Ãœbersetzer

(rsn) - Du merkst, dass Ruhetag bei der Tour de France ist, wenn du zurück im Hotel, nach 100 Km im Auto denkst - „Das war ja easy heute.“ Wenn man so will, stehe ich somit eigentlich den Jungs

19.07.2016Unterwegs inmitten zweier fahrender Tüten Pommes

(rsn) - Hallo liebe DJ Bobo-Hörer und Toblerone-Genießer! Ich bins wieder, Euer Patrick Swayze der Tour de France. Mein Bericht zum gestrigen Montag kommt heute zwar etwas verspätet, hat dafür abe

18.07.2016Mit Jörg Werner im Auto verging die Zeit wie im Flug

(rsn) - Wenn ich den heutigen Tag so Revue passieren lasse, neige ich beinahe dazu, einen Superlativ aus dem Koffer zu holen. Wir hatten permanent einen wolkenlosen Himmel, nicht so viel Wind, atember

17.07.2016Sagan ist ein geiler Typ - in jeglicher Hinsicht

(rsn) - Einen Wundervollen guten Morgen aus Bourg-En-Bresse. Gestern (Samstag) hieß es glücklicherweise „Back to Business“ und wir waren auch direkt wieder ordentlich unterwegs. Meine Tagesleist

16.07.2016Die Stimmung war spürbar gedämpft

(rsn) - Normalerweise sitze ich zum Schreiben meines täglichen Blogs immer vor dem Laptop und fange einfach so an, drauf los zu schreiben. Meistens hatte ich für den Start schon im Laufe des Tages e

15.07.2016Angenehme Talkrunde mit Kittel und Greipel

(rsn) - So liebe Leichtathletik-Fans, das Wichtigste vielleicht mal gleich zu Beginn: Auch wenn mich schon wieder mehrere Leute mit dem vermaledeiten Kameramotorrad von heute in Verbindung bringen wol

14.07.2016Nach 163 Kilometern am Anschlag ein Knutscher für das Geburtstagskind

(rsn) - Was für ein Tag und was für ein Rennen war das denn schon wieder? Selten hat es mich beim Zuschauen so oft von meinem Stuhl gezogen wie heute - und das obwohl ich lediglich die letzten 45 Ki

13.07.2016Es ist noch lange nicht Feierabend

(rsn) - Man kann ja über die Franzosen sagen oder zumindest denken, was man will. Sie können vielleicht nicht Autofahren, sie haben vielleicht keinen guten Kaffee und beim gewöhnlichen französisch

12.07.2016Man fängt an, sich das Ganze schön zu reden

(rsn) - Hallo liebe Sportsfreunde und Euromünzensammler, hier meldet sich wieder Euer Peter Lustig der Tour de France. Diesmal schreibe ich Euch live aus Andorra. Heute haben wir den ersten und wohl

11.07.2016Epische Bilder auf über 2000 Meter Höhe

(rsn) - Sonntag, 10:45 Uhr. Ein mittelgroßes Örtchen unweit der französischen Grenze im Süden platzt aus allen Nähten und ringsherum grüßen die grünen Gipfel der Pyrenäen aus der Ferne. Knapp

Weitere Radsportnachrichten

23.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

23.04.2024Pogacar: “Ich kann noch etwas besser werden“

(rsn) – Nach seinem überragenden Auftritt bei Lüttich-Bastogne-Lüttich, wo er sich mit einem 35-Kilometer-Solo zum zweiten Mal nach 2021 den Sieg sicherte, verbringt Tadej Pogacar (UAE Team Emira

23.04.2024Del Toro verlängert bei UAE Emirates vorzeitig bis Ende 2029

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

23.04.2024Zijlaard fliegt am schnellsten um die 13 Kurven von Payerne

(rsn) – Maikel Zijlaard (Tudor) hat seinem Ruf als Spezialist für sehr kurze Prologe alle Ehre gemacht und in Payerne das 2,3 Kilometer lange Auftaktzeitfahren der 77. Tour de Romandie gewonnen.

23.04.2024Berlin nach Kraftakt in der Gruppe, Dorn verteidigt Weiß

(rsn) - Während Rembe Sauerland bei der Tour of Türkiye (2.Pro) erstmals die Gruppe des Tages verpasste, konnte das Team Bike Aid auch auf der 3. Etappe einen Fahrer in der hart umkämpften Fluchtg

23.04.2024Highlight-Video der 3. Etappe der Türkei-Rundfahrt

(rsn) – Für Bora – hansgrohe will es bei der 59. Türkei-Rundfahrt einfach nicht laufen. Auch auf der 3. Etappe über 147 Kilometer zwischen Fethiye und Marmaris ging das Raublinger Team leer aus

23.04.2024Zu früh gefreut: Van Poppel zurückgesetzt, Lonardi Etappensieger

(rsn) – Nachdem es an den ersten beiden Tagen der 59. Türkei-Rundfahrt (2.Pro) nicht nach Wunsch gelaufen war, schien bei Bora – hansgrohe auf der 3. Etappe der Knoten geplatzt. Danny van Poppel

23.04.2024Tour de Romandie im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) - Die sechstägige Tour de Romandie (2.UWT) hält traditionell für jeden Fahrertypen etwas bereit. Ob Kletterer oder Zeitfahrspezialisten, Sprinter oder Klassikerjäger - sie alle bekommen ihr

23.04.2024Tour de France Femmes ohne Vorjahreszweite Kopecky

(rsn) – Die Vorjahreszweite Lotte Kopecky (SD Worx-Protime) wird auf die am 12. August in Rotterdam beginnende 3. Tour de France Femmes verzichten. Stattdessen wird sich die Weltmeistern auf die Oly

23.04.2024Kletterspektakel mit gehörigem Zeitfahr-Einschlag

(rsn) – Die Tour de Romandie war einst die letzte große und wichtige Vorbereitungs-Rundfahrt für den Giro d´Italia. Giro-Favoriten entschieden sich damals zwischen der Schweizer Rundfahrt und dem

23.04.2024Startliste zum Prolog der 77. Tour de Romandie

(rsn) – Der Schweizer Nationalfahrer Luca Jenni eröffnet um 14.50 Uhr den Prolog zur 77. Tour de Romandie (2.WWT). Der nur 2,3 Kilometer lange Parcours von Payerne ist zwar bretteben, dürfte mit s

22.04.2024Highlight-Video der 2. Etappe der Türkei-Rundfahrt

(rsn) – Max Kanter (Astana Qazaqstan) hat nach der 2. Etappe der 59. Türkei-Rundfahrt (2.Pro) seinen ersten Profisieg bejubeln können. Der 26-jährige Deutsche setzte sich über 190 Kilometer von

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Romandie (2.UWT, SUI)