Brite erhält Gelb am Grünen Tisch zurück

Froome-Drama mit happy end, De Gendt jubelt am Ventoux

Von Daniel Brickwedde

Foto zu dem Text "Froome-Drama mit happy end, De Gendt jubelt am Ventoux"
Der enttäuschte Chris Froome (Sky) im Ziel der 12. Tour-Etappe. | Foto: Cor Vos

14.07.2016  |  (rsn) - Thomas De Gendt (Lotto Soudal) hat die verkürzte Ankunft der 12. Etappe der 103. Tour de France am Mont Ventoux nach 178 Kilometern gewonnen. Der Triumph des Belgiers vor Landsmann Serge Pauwels (Dimension Data/+0:02) und dem Spanier Daniel Navarro (Cofidis/+0:14) rückte allerdings schnell in den Hintergrund.

Denn weiter hinten in der Favoritengruppe spielten sich bei einer Frankreich-Rundfahrt noch nie dagewesene Szenen ab: Ein Sturz im Schlussanstieg zwang Chris Froome (Sky) den Anstieg zu Fuß hochzulaufen, da sein Rad bei dem Zusammenstoß mit einem Begleitmotorrad beschädigt worden war und keine Ersatzmaschine zur Verfügung stand. Zunächst schien es so, als ob der Brite sein Gelbes Trikot an seinen Landsmann Adam Yates (Orica-BikeExchange) verlieren würde. Nach längeren Beratungen der Jury der Etappe wurde dem Briten die Gesamtführung allerdings wieder zugesprochen.

Den Tag hatten sich alle Favoriten schon bei der Streckenpräsentation im Oktober dick angestrichen: Der legendäre Mont Ventoux stand nach zwei Jahren Abstinenz wieder im Programm der Tour de France. Allerdings wurde das Spektakel am Französischen Nationalfeiertag schon vor dem Startschuss getrübt. Aufgrund von heftigen Winden von mehr als 100 km/h am Gipfel wurde das Ziel um sechs Kilometer vorverlegt – und zwar zum Chalet Reynard in 1.435 Metern Höhe. Doch am Ende dominierte ein ganz anderer Vorfall die Etappe.

Bis ungefähr zwei Kilometer vor dem Ziel nahm die Etappe den von vielen erwarteten Verlauf. Froome und sein britisches Team Sky dominierten das Rennen fast nach Belieben. Wout Poels und Sergio Henao hielten am nur noch 9,7 Kilometer langen Anstieg das Tempo hoch, so dass kurze Vorstöße von Alejandro Valverde und Nairo Quintana (beide Movistar) zum Scheitern verurteilt und der Gesamtdritte Daniel Martin (Etixx-Quick-Step) frühzeitig den Anschluss verlor.

2,5 Kilometer vor dem Ziel zerpflückte dann Froome selbst die Gruppe mit seinem Antritt, dem zunächst nur Richie Porte (BMC) und kurzzeitig Quintana folgen konnte. Wenig später bekam das Duo noch Gesellschaft von Bauke Mollema (Trek-Segafredo).

Doch dann nahm das Drama seinen Lauf: Kurz vor dem letzten Kilometer fuhr Porte in den engen Zuschauergassen auf ein stehendes Begleitmotorrad und auch Mollema und Froome kamen hinter ihm zu Fall. Warum das Motorrad stand, konnte zunächst nicht geklärt werden, während Mollema und Porte aber schnell wieder auf dem Rad saßen, war das von Froome nicht mehr verwendbar. Kein Ersatz, kein Begleitfahrzeug, das Gelbe Trikot joggte zunächst den Anstieg weiter hoch – bizarre Szenen.

"Das Motorrad hat eine Vollbremsung gemacht und wir sind alle drei - Richie (Porte), Baute Mollema und ich - sind zusammengestoßen. Ein anderes Motorrad kam von hinten und hat mein Fahrrad zerstört. Ich wusste, dass das Auto mit meinem anderen Fahrrad fünf Minuten hintendrin war, daher musste ich halt laufen. Ich bin sehr glücklich über die Entscheidung der Jury, ich glaube, das war richtig so", berichtete Froome später.

Nach einem unpassenden Ersatzrad vom neutralen Materialwagen und dem Tausch mit einem Teamkollegen erreichte der Brite schließlich 6:45 Minuten hinter dem Sieger De Gendt das Ziel. Kontrahenten wie Mollema (+5:05), Yates und Romain Bardet (+5:24) , Quintana (+5:31) oder Porte (+6:01) waren da schon im Ziel.

"Es gab keinen Platz für die Motorräder und die Fahrer, um an diesen Zuschauermassen vorbeizukommen. Das Rennrad von Froome war nach dem Unfall kaputt. Wir waren zu weit weg und wurde durch die Kommissäre im Anstieg aufgehalten, als es passierte, auch der neutrale Materialwagen kam nicht durch. Es war ein Albtraum“, sagte der Sportliche Leiter von Sky, Nicolas Portal.

Alejandro Valverde zeigte dagegen wenig Mitleid: "Es war ein Rennunfall und solche Dinge geschehen im Sport. Sie haben ds Motorrad angefahren und sind gestürzt, das kann passieren im Radsport", so der Spanier.

Zunächst wurde Adam Yates (Orica BikeExchange) zum neuen Gesamtführenden erklärt, doch wenig später revidierte die Jury diese Entscheidung. Sie wertete die Zeit zum Zeitpunkt des Unfalls. Froome führt daher weiter die Gesamtwertung mit sogar 47 Sekunden vor Yates und 56 Sekunden vor Bauke Mollema an.

Den Etappenerfolg erkämpfte sich zuvor der 30-jährige De Gendt, der zu einer 13-köpfigen Spitzengruppe gehörte, die sich gleich nach dem Start absetzen konnte. Neben dem Belgier gehörte unter anderem auch sein Teamkollege André Greipel, Daniel Navarro (Cofidis), Serge Pauwels (Dimension Data) und Daniel Teklehaimanot (Dimension Data) der Gruppe an. Eine Verfolgergruppe um Paul Voß (Bora-Argon 18) kämpfte vergeblich um den Anschluss und wurde nach 141 Kilometern wieder eingeholt.

Der Vorsprung der Spitzengruppe wuchs zwischenzeitlich auf fast 19 Minuten an und am Mont Ventoux hatte die Gruppe noch sieben Minuten zu ihren Gunsten.

Im Anstieg zerfiel die Gruppe allerdings schnell - Pauwels, Navarro und De Gendt erweisen sich als die Stärksten. Während Navarro ständig am Ende der Gruppe kämpfte, machten die beiden Belgier den Sieg am Ende unter sich aus – mit dem besseren Ende für De Gendt.

"Dass ich das jetzt geschafft habe, macht mich natürlich sehr glücklich. Navarro und Pauwels sind gute Kletterer. Sie sind weggefahren. Ich bin erst mein eigenes Tempo gefahren und war am Ende dann der Stärkste“, so der Teamkollege von André Greipel im Ziel zu seinem ersten Tour-Etappensieg, der ein wenig zur Randgeschichte wurde.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

14.07.2020Video-Rückblick: Froome joggt 2016 den Ventoux hinauf

(rsn) – Heute vor vier Jahren erlaubten staunende Zuschauer am Mont Ventoux das Finale eines denkwürdigen Tour-Tages. Nach einem Sturz im Schlussanstieg der 12. Etappe rannte Chris Froome am Franz

27.07.2016Nibali hatte bei der Tour schon Rio im Blick

(rsn) – Vincenzo Nibali hat verärgert auf die Kritik an seinen Leistungen bei der am Sonntag zu Ende gegangenen Tour de France reagiert. Der Italiener und sein Astana-Team waren ohne Etappensieg ge

26.07.2016Erneuter Tour-Ausstieg der ARD darf kein Thema sein

(rsn) - Drei Wochen Tour de France. Ein paar Tage "als Fan" selbst dabei. Den großen Rest aber am Bildschirm. Bis zum grandiosen Schlussakkord auf den Champs Elysees, gesetzt im "Sprint des Jahres" v

26.07.2016Quintana will weiter für seinen Gelben Traum kämpfen

(rsn) – Kolumbien muss weiter auf seinen ersten Tour-de-France-Sieger warten. Auch im dritten Anlauf hat es Nairo Quintana nicht geschafft – doch noch nie war der Movistar-Kapitän weiter vom Gelb

26.07.2016Künftig ein britisches Duell um das Gelbe Trikot?

(rsn) – Wie sein berühmter Landsmann Bradley Wiggins wird auch Adam Yates in die Geschichtsbücher des Radsports eingehen. War der mittlerweile 36-jährige Stundenweltrekordler vor vier Jahren der

26.07.2016Kittel kam bei der Tour in keinen "richtigen Flow"

(rsn) – Bei André Greipel (Lotto Soudal) lief am Sonntag auf den Champs-Élysées alles nach Wunsch. Wie bereits 2104 gewann der Deutsche Meister die prestigeträchtige Abschlussetappe der 103. Tou

26.07.2016Hektische Sprints und Cavendish machten Greipel das Leben schwer

(rsn) – Nach drei teils frustrierenden Wochen schien für André Greipel (Lotto Soudal) doch noch die Sonne. Am Sonntagabend holte sich der Deutsche Meister in Paris auf den Champs-Élysées den so

25.07.2016Bardet zum dritten Mal in Folge in Paris auf dem Tour-Podium

(rsn) – Romain Bardet hat den heimischen Fans die Tour de France gerettet. Der 25 Jahre alte Kapitän der Ag2R-Equipe legte auf den letzten drei Tagen ein Finale sondergleichen hin, sicherte sich au

25.07.2016Kittel: Erst durch Defekte gestoppt, dann im Finale kraftlos

(rsn) – Zum großen Finale der 103. Tour de France wollten Marcel Kittel und sein Etixx-Quick-Step-Team nochmals zuschlagen. Der Erfurter, der bereits 2013 und 2014 jeweils den Schlussakkord auf den

25.07.2016Jogging-Einlage in Gelb und ein machtloser Herausforderer

(rsn) - Nach drei Wochen Tour de France fallen die Bilanzen der 22 teilnehmenden Mannschaften ganz unterschiedlich aus. Radsport News listet die Erfolge und Misserfolge auf. Wir präsentieren die Team

25.07.2016Dominator in Grün und Schweizer Coup durch einen Kolumbianer

(rsn) - Nach drei Wochen Tour de France fallen die Bilanzen der 22 teilnehmenden Mannschaften ganz unterschiedlich aus. Radsport News listet die Erfolge und Misserfolge auf. Wir präsentieren die Team

25.07.2016Kollision mit dem Teufelslappen und ein fataler Entschluss

(rsn) - Nach drei Wochen Tour de France fallen die Bilanzen der 22 teilnehmenden Mannschaften ganz unterschiedlich aus. Radsport News listet die Erfolge und Misserfolge auf. Wir präsentieren die Team

Weitere Radsportnachrichten

28.03.2024Die Flandern-Rundfahrt im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) - Die Flandern Rundfahrt ist für viele Radsport-Fans neben Paris-Roubaix das Highlight des Frühjahrs. Das belgische Monument führt über mehr als 260 Kilometer und zahlreiche Hellinge, den ku

28.03.2024Tour-Siegerin Vollering “überrascht“ von SD-Worx-Ankündigung

(rsn) –Demi Vollering hat sich verwundert über die Mitteilung ihres Teams SD Worx – Protime gezeigt, das in Person von Sportdirektor Danny Stam gegenüber GCN den zum Saisonende bevorstehenden Ab

28.03.2024Van Aert erfolgreich operiert - Giro-Debüt ungewiss

(rsn) – Einen Tag nach seinem schweren Sturz bei Dwars door Vlaanderen ist Wout van Aert nach Angaben seines Teams Visma – Lease a Bike erfolgreich operiert worden. Ob der 29-jährige Belgier rech

28.03.2024Appell an die Zuschauer: “Haben Sie Respekt vor den Fahrern“

(rsn) – Wenige Tage vor der 108. Flandern-Rundfahrt (1. UWT / 1. März), haben Tomas Van Den Spiegel, Geschäftsführer des Veranstalters Flanders Classics, und Carina Van Cauter, die Gouverneurin R

28.03.2024Die Aufgebote aller Teams zur Flandern-Rundfahrt der Männer

(rsn) – Der Ostersonntag wirft seine Schatten voraus: Am 31. März versammelt sich das WorldTour-Peloton in Antwerpen zum Start der 270,8 Kilometer langen Ronde van Vlaanderen. Das Heiligtum des bel

28.03.2024Zeckenbiss möglicher Grund für De Lies Formschwäche

(rsn) – Da Arnaud De Lie in den vergangenen Wochen weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben war, hatte sein Team Lotto – Dstny in Absprache mit dem 22-jährigen Belgier entschieden, dass diese

28.03.2024Die Aufgebote aller Teams zur Flandern-Rundfahrt der Frauen

(rsn) – Wenn die Männer nach ihrem Start in Antwerpen bereits 120 Rennkilometer hinter sich haben und erstmals durch Oudenaarde kommen, stellen sich dort auf dem Marktplatz des Zielorts der Ronde v

28.03.2024Huppertz: Vor Rennen abends einen trinken? Heute unvorstellbar

(rsn) – Eine so lange Zusammenarbeit wie die zwischen Joshua Huppertz und Teamchef Florian Monreal gibt es im Kontinental-Bereich sehr selten. Seit August 2014 steht der mittlerweile 29-Jährige Aa

28.03.2024Movistar verlängert mit “Sensation“ Meijering

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

28.03.2024Märkl will auch bei der Ronde “vor das Radrennen“

(rsn) – Wie schon beim E3 Saxo Classic schaffte Niklas Märkl (DSM Firmenich – PostNL) auch bei Dwars door Vlaanderen den Sprung unter die Ausreißer des Tages. Doch während sein Fluchtbegleiter

28.03.2024Trotz Sturz: Pedersen ist für Ronde-Start zuversichtlich

(rsn) – Ausgerechnet kurz vor der Flandern-Rundfahrt, dem Höhepunkt der flämischen Klassikersaison, wurde Lidl – Trek mächtig gebeutelt. Bei Dwars door Vlaanderen waren mit Gent-Wevelgem-Sieger

27.03.2024Nach Van-Aert-Crash: Kanarieberg hat bei Klassikern wohl ausgedient

(rsn) – Positionskampf bei Höchstgeschwindigkeiten, auf breiter Straße abschüssig in Richtung Ronse: Das waren die Bilder, die die flämischen Klassiker auf der N48 in der Anfahrt zum engen Recht

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine