Pole nach E3-Sieg auch Favorit für Flandern

Wird Kwiatkowski bei der "Ronde" Michal der Große?

Von Wolfgang Brylla

Foto zu dem Text "Wird Kwiatkowski bei der
Michal Kwiatkowski (Sky) gewann am Freitag den E3 Harelbeke. | Foto: Cor Vos

26.03.2016  |  (rsn) - Michal Kwiatkowski hat der Reihe seiner herausragenden Auftritte bei den Radsport-Klassikern ein weiteres Kapitel angefügt. Vor zwei Jahren gewann der polnische Allrounder den italienischen Neo-Klassiker Strade Bianche, 2015 entschied er den Ardennenklassiker Amstel Gold Race für sich - und am Karfreitag setzte sich Kwiatkowski im Duell der Straßenweltmeister von 2014 und 2015 gegen seinen Nachfolger Peter Sagan (Tinkoff) durch. Zumindest die polnischen Experten und Journalisten waren sich einig: Der „Flowerman“ habe bei dem Frühlingsklassiker E3 Harelbeke eine phänomenale Leistung gezeigt (s. auch sein Fahrtenprofil auf Strava).

„Ich war heute sehr motiviert und habe mein Bestes gegeben. Den ganzen Tag wurde ich von meinen Teamkollegen beschützt, Ian Stannard war immer zur Stelle. Anfangs hatte ich zwar einige Probleme, das Hinterrad von Sagan zu halten, aber später hatte ich den Rhythmus gefunden, ich hatte den Bogen raus“, erklärte der 25-Jährige auf der Pressekonferenz und vergaß auch nicht, Sagan für dessen Vorstellung zu loben: „Wir haben prächtig zusammengearbeitet, unser Vorsprung war stabil, wofür ich mich bei ihm bedanken möchte. Es ist schon Wahnsinn, den Weltmeister hinter sich zu lassen“, sagte Kwiatkowski, der diesen Sieg unbedingt wollte.

Als er noch für die belgische Mannschaft Etixx-Quick-Step fuhr, war die Rollenverteilung klar. Bei den flämischen Klassikern fuhr die Mannschaft für Niki Terpstra, Tom Boonen, Zdenek Stybar oder Matteo Trentin, die besser über die Kopfsteinpflasterpassagen sowie die kurzen, aber steilen Anstiege (Hellingen) kamen. Kwiatkowski spielte dabei nur die zweite Geige, Freiheiten gab ihm Teamchef Patrick Lefevere bei den Ardennen-Klassikern.

Aber trotz seines Sieges bei der letztjährigen Austragung des „Bierrennens“ in Valkenburg schien Lefevere eher größere Stücke auf den jungen Franzosen Julian Alaphilippe zu halten. Kwiatkowski, damals stolzer Besitzer des Regenbogentrikots, war zwar nominell Kapitän, faktisch aber macht ihm Newcomer Alaphilippe diese Rolle streitig. Deswegen nimmt es kaum Wunder, dass Kwiatkowski nach der Saison 2015 zu der britischen Equipe Sky wechselte.

Im Rennstall von Manager Dave Brailsford gibt es auch eine transparente Aufgabenteilung, allerdings eine, in der der Gesamtelfte der Frankreich-Rundfahrt von 2013 eine Schlüsselrolle einnimmt. Kwiatkowski soll zusammen mit Geraint Thomas und Ian Stannard bei den Flandern-Klassikern um Top-Platzierungen kämpfen und darf dazu noch in den Ardennen auf Sieg fahren.

Dabei deutete fast nichts darauf hin, dass der Sky-Neuzugang schon bei dem Autobahn-Klassiker E3 Harelbeke sich zu Wort melden und das Feld aufmischen würde. Bisher nämlich war der Saisonverlauf abgesehen von zwei zweiten Plätzen bei der Mallorca-Challenge für ihn eher durchwachsen. Bei der Fernfahrt Tirreno-Adriatico belegte Kwiatkowski Platz acht, obwohl die Königsetappe abgesagt werden musste. Bei Mailand-Sanremo landete er auf Rang 40 – allerdings nach einer kraftvollen Attacke im Finale. Dennoch deutete nicht viel auf den ersten Saisonsieg ausgerechnet dem E3 Harelbeke hin.

„In diesem Jahr war ich schon das eine oder andere Mal sehr nah dran, zu gewinnen, aber im Ziel war ich dann nur Zweiter. Seit dem Saisonbeginn wollte ich einen Sieg in meinem neuen Trikot. Jetzt habe ich es geschafft, was mich sehr stolz macht. Man muss stets an sich glauben“, beschrieb Kwiatkowski seine Einstellung.

Als beim E3 Harelbeke Sagan 30 Kilometer vor dem Ziel antrat, war Kwiatkowski der einzige, der das Tempo des Slowaken mitgehen konnte. Beide kennen sich ziemlich gut aus früheren Zeiten, beide haben sich schon unzählige Kämpfe geliefert. Bei der Strade Bianche 2014 ließ Kwiatkowski in Siena Sagan in der Schlussphase in einem kurzen Anstieg stehen, diesmal konnte er auch im flachen Sprint den Weltmeister distanzieren.

„Ich habe mich an Strade Bianche erinnert. Meine Beine waren gut, es gab nur die eine Option: den Sieg. Ich habe meine Chance im langen Endspurt gesehen, denn Peter ist auf den letzten Metern viel schneller. Mein Plan ging auf, ich zog das Ding durch, ohne mich umzudrehen“, fügte er an.

Am 3. April tritt Kwiatkowski auch bei der Flandern-Rundfahrt an. Sky setzt bei der „Ronde“ sowohl auf ihn als auch auf Thomas und Stannard, den zweimaligen Sieger des Omloop Het Nieuwsblad (2014, 2015). Die polnischen Fans hätten nichts dagegen, wenn Kwiatkowski erneut Geschichte schreiben und als erster polnischer Rennfahrer ein Radsport-Monument gewinnen würde. Dann würde man wohl den Ausdruck „phänomenal“ gegen „boski“ oder „wielki“ tauschen, was soviel heißt wie „der Göttliche“ oder „der Große“. Ob die Zeit dafür reif ist?

Mehr Informationen zu diesem Thema

26.03.2016Kristoff ratlos: "Ich war nie im Rennen"

(rsn) – Fast sieben Minuten nach Michal Kwiatkowski (Sky) kam Alexander Kristoff (Katusha) am Freitag beim E3 in Harelbeke ins Ziel. Nachdem es in der bisherigen Saison gut gelaufen war – zuletzt

25.03.2016"Polizist" Cancellara auf erfolgreicher Verfolgungsjagd

(rsn) - Als Fabian Cancellara (Trek-Segafredo) knapp 70 Kilometer vor dem Ziel mit heruntergesprungener Kette und kaputtem Umwerfer am Straßenrand stand, genervt gleich zwei Mal sein Rad zu Boden sch

25.03.2016Lefevere: "Vielleicht schicken wir mal Tony Martin in die Gruppe"

(rsn) – Die gute Nachricht für Etixx-Quick Step zuerst: Der belgische Rennstall konnte beim E3 Harelbeke vier Mann unter die besten 15 bringen. Die schlechte Nachricht folgt aber auf dem Fuß: Es w

25.03.2016Kwiatkowski jubelt, Sagan ergibt sich seinem Schicksal

(rsn) – Es bleibt wie verhext für Peter Sagan (Tinkoff). Der Weltmeister muss in der Saison 2016 weiter auf seinen ersten Sieg warten und sich am Freitag beim E3 Harelbeke in Belgien mit dem zweite

25.03.2016Kwiatkowski entscheidet Duell mit Sagan für sich

(rsn) - Michal Kwiatkowski (Sky) hat die 60. Austragung des E3 Harelbeke gewonnen. Der Pole setzte sich nach schweren 206 Kilometern rund um Harelbeke im Zweiersprint vor dem favorisierten Weltmeister

24.03.2016Ein Vorgeschmack auf die Flandern-Rundfahrt

(rsn) - Mit dem E3 Harelbeke steht am Karfreitag ein Kopfsteinpflaster-Klassiker im Programm, der bereits einen Vorgeschmack auf die Flandern-Rundfahrt am 3. April bieten wird. Die 206 Kilometer rund

Weitere Radsportnachrichten

19.04.2024Die Aufgebote für das 8. Lüttich-Bastogne-Lüttich der Frauen

(rsn) – Mit der 8. Ausgabe des Lüttich-Bastogne-Lüttich der Frauen endet die Ardennenwoche. Während das Männerrennen von Lüttich aus nach Süden zum Wendepunkt in Bastogne und von dort wieder z

19.04.2024Die Aufgebote für das 110. Lüttich-Bastogne-Lüttich

(rsn) – Zum krönenden Abschluss der sogenannten steht am 21. April die 110. Ausgabe von Lüttich-Bastogne-Lüttich an. La Doyenne, wie das 1892 erstmals ausgetragene und damit älteste Eintagesrenn

19.04.2024Lopez wehrt alle Angriffe ab und gewinnt Tour of the Alps

(rsn) – Juan Pedro Lopez (Lidl – Trek) kam am Schlusstag der 47. Tour of the Alps (2.Pro) nicht mehr in Schwierigkeiten. Der Spanier selbst hat auf dem schweren letzten Teilstück seine Kontrahent

19.04.2024Die Strecke des vierten Monuments: Lüttich-Bastogne-Lüttich

(rsn) – Zum 110. Mal findet am Sonntag Lüttich-Bastogne-Lüttich (1.UWT) für die Männer statt – die Frauen bestreiten ´La Doyenne´ dagegen erst zum achten Mal. Die Strecke hat sich für beide

19.04.2024Im Chaos-Finale fahren Malmberg, Röber und Paluta in die Top 10

(rsn) - Auch im chaotischen Finale der 2. Etappe von Belgrade Banjaluka (2.2) waren die drei deutschen Kontinental-Teams vorne mit dabei. Während der Däne Matias Malmberg (Maloja Pushbikers) und Do

19.04.2024Kehrt der Intergiro bei der Italien-Rundfahrt zurück?

(rsn) - Auf einigen der von der RCS veröffentlichen Profilen der Italien-Rundfahrt taucht der Intergiro zum ersten Mal seit 2005 wieder auf. Der Intergiro ist eine Sonderwertung, bei dem die Zeit all

19.04.2024Skjelmose erklärt seine Unterkühlung beim Flèche Wallonne

(rsn) - "Skjelmose wird hier gerade vom Rad getragen und ist vollkommen am Zittern. Komplett kalt. Komplett im Arsch", hieß es nach einem Augenzeugenbericht unseres Mannes vor Ort am Mittwoch in unse

19.04.2024Querfeldeinstar Kuypers steigt auf und gibt Debüt in Lüttich

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

19.04.2024Lüttich-Bastogne-Lüttich im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Lüttich-Bastogne-Lüttich bildet traditionell den krönenden Abschluss der Ardennenwoche. La Doyenne, das älteste Eintagesrennen der Welt, ist mit seinen kurzen, teils extrem steilen Anst

18.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wie geht´s zum Liveticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

18.04.2024TotA-Sturz: Harper kommt mit leichter Gehirnerschütterung davon

(rsn) – Entwarnung für Chris Harper: Der Australier von Jayco – AlUla ist bei seinem Sturz rund 25 Kilometer vor dem Ziel der Königsetappe der Tour of the Alps ohne schlimmeren Verletzungen dav

18.04.2024Steinhauser: Giro-Test mit Prädikat sehr gut

(rsn) – Den Feinschliff für sein Grand-Tour-Debüt holt sich Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) derzeit bei der 47. Tour of the Alps (2.Pro). In wenigen Wochen geht es für den Allgäue

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Belgrade Banjaluka (2.2, BIH)