Wer wird die erfolgreichste Athletin der WM?

Brennauer geht auf die Jagd nach drittem Edelmetall

Foto zu dem Text "Brennauer geht auf die Jagd nach drittem Edelmetall"
Lisa Brennauer will in Richmond eine dritte WM-Medaille. | Foto: radsport-News.com

26.09.2015  |  (rsn) - Als Lisa Brennauer am 27. September 2014 im spanischen Ponferrada mit der höchsten Endgeschwindigkeit auf die Ziellinie zuraste und sich nur der Französin Pauline Ferrand-Prevot knapp geschlagen geben musste, machte sie der zweite Platz im Straßenrennen der Frauen zur geschlechterübergreifend erfolgreichsten Athletin der Weltmeisterschaften 2014. Zwei Mal Gold und ein Mal Silber hatte sie in Ponferrada gewonnen.

Am Samstag könnte Brennauer in Richmond ihr sechstes WM-Rennen in Folge auf dem Podium beenden und damit auch bei den Titelkämpfen 2015 zur am besten dekorierten Athletin werden. Doch diese statistische Randerscheinung dürfte für die Allgäuerin nebensächlich sein - viel schöner als erster, zweiter oder dritter in den Palmares ist das Kleidungsstück, um das es geht. Schließlich waren Brennauer die Regenbogenfarben in ihrem Jahr als Zeitfahr-Weltmeisterin doch so ans Herz gewachsen.

Brennauer gehört im Straßenrennen nicht nur wegen ihrer Silbermedaille aus dem Vorjahr, sondern vor allem wegen ihrer erneut sehr starken Saison mit drei Rundfahrtsiegen in Holland und England zum engeren Favoritenkreis und wird im Kampf um Gold von einer starken Mannschaft unterstützt, aus der mit Trixi Worrack und Claudia Lichtenberg je nach Rennverlauf noch zwei weiteren Frauen ein Top-Resultat in Richtung Medaillenränge zuzutrauen wäre.

„So ein Klassikerkurs liegt uns als Mannschaft, das können wir alle", weiß Brennauer. „Die Anstiege sind hart, aber nicht so lang, dass sie nur den Bergfahrern liegen." Und auch Worrack meinte am Donnerstag: „Der Kurs macht das Rennen so offen wie lange nicht."

Trotzdem stechen in dieser Saison zwei Frauen aus dem Peloton heraus: Weltcup-Gesamtsiegerin Elizabeth Armitstead und Giro-Siegerin Anna Van der Breggen müssen als Top-Favoritinnen bezeichnet werden. Die Britin Armitstead bewies beim Weltcup-Finale in Plouay, ihrem letzten Rennen vor der WM, Top-Form als sie zunächst zahlreiche Attacken ritt und dann doch im Sprint gewann.

Und Van der Breggen glänzte bereits im Einzelzeitfahren am Dienstag, als sie Titelverteidigerin Brennauer bezwang und nur knapp an Linda Villumsen scheiterte. „Ich war enttäuscht, weil ich Gold um nur 2,5 Sekunden verpasst habe", sagte sie radsport-news.com nach dem Rennen, konnte aber schon wieder lächeln, als sie ans Straßenrennen dachte: „Der Kurs kann sehr hart sein, und wir haben schon in den Zeitfahren gesehen, dass der letzte Anstieg schwer ist."

Für die Niederländerin, die stärkste Klettererin unter den Favoritinnen kann die WM-Strecke gar nicht schwer genug sein. Doch an den kurzen, steilen, gepflasterten Anstiegen von Richmond dürften ihr auch Armitstead oder die Italienerin Elisa Longo Borghini das Wasser reichen können. Beide haben mit dem WM-Straßenrennen noch eine Rechnung offen. Beide kamen in Ponferrada in einer vierköpfigen Spitzengruppe auf die letzten zwei flachen Kilometer, taktierten dort aber zu viel und vertrödelten den möglichen Sieg, weil das Feld unter der Führung von Claudia Lichtenberg von hinten heranrauschte.

„Ich hatte danach wirklich Probleme, das für mich zu akzeptieren", erinnerte sich Armitstead nun in einem Interview mit dem britischen Sport Magazine. „Es war die erste WM, bei der ich an meine Siegchancen glaubte und auch die Form dazu hatte, es zu schaffen. Wenn man nicht stark genug ist, fährt man nach Hause und trainiert härter. Aber es war ein taktischer Fehler, wegen dem ich nicht gewinnen konnte. Wie verarbeitet man das?"

Inzwischen hat sie das Trauma überwunden und in dieser Saison einen Killerinstinkt entwickelt, der ihr neun Saisonsiege einbrachte - darunter drei Weltcups. Die 26-Jährige hat den Vorteil, die stärkste Sprinterin unter den bergfesteren Fahrerinnen im Frauen-Feld zu sein. Schneller als Armitstead ist vor allem die Belgierin Jolien D'Hoore, die aber Schwierigkeiten bekommen könnte, wenn das Rennen an den Anstiegen schwer gemacht wird.

Und das dürfte garantiert sein. „Für ein Frauen-Peloton ist der Kurs selektiver als für ein Männer-Peloton", kündigte Brennauer einen harten Schlagabtausch an. „Ich erwarte kein riesiges Feld am Zielstrich."

Für die nötigen Angriffe, die einen Massensprint verhindern, dürfte auch das US-Team sorgen. Die Gastgeberinnen haben mit Megan Guarnier und Evelyn Stevens zwei sehr angriffslustige Fahrerinnen in ihren Reihen. „Ich denke und hoffe, es wird ein aggressives Rennen", ließ Guarnier bereits tief blicken.

Die US-Frauen schweben bei der Heim-WM durch den doppelten Doppelsieg der Juniorinnen Chloe Dygert und Emma White im Einzelzeitfahren und Straßenrennen ohnehin bereits auf Wolke sieben und genießen die Begeisterung der Fans - so stachelte Stevens das Publikum am Zeitfahrstart regelrecht wie ein Fußballer nach einem Torerfolg zu lauterem Jubel an.

Zusätzlichen Druck spüre sie aber nicht, versicherte Guarnier radsport-news.com am Samstag: „Wir hatten das ganze Jahr schon Druck. Natürlich haben die Mädchen die Latte hoch gelegt, aber das ist keine zusätzliche Last auf meinen Schultern."

Das US-Team ist ähnlich breit aufgestellt wie die deutsche Auswahl, doch die stärkste Helferriege steht an Van der Breggens Seite. Von den sieben Niederländerinnen ist fast jeder eine Medaille zuzutrauen - den stärksten 'Sidekick' aber stellt Lucinda Brand dar, die vielleicht beste Fahrtechnikerin im Frauen-Peloton, und gleichzeitig auch eine ordentliche Sprinterin. Das französische Team hingegen ist - ähnlich wie das britische auf Armitstead, das belgische auf D'Hoore, das polnische auf Katarzyna Niewiadoma oder das schwedische auf Emma Johansson - voll auf Titelverteidigerin Pauline Ferrand-Prevot ausgerichtet.

Eine wichtige Rolle könnte am Samstag das Wetter spielen. Die Vorhersage verspricht für den gesamten Tag 100 Prozent Regenwahrscheinlichkeit. Doch das wird die Chancen auf eine deutsche Medaille nicht schmälern. „Ich persönlich fahre gerne im Regen, das macht mir nichts", versicherte Brennauer, und Worrack ergänzte mit Blick auf die Unterstützung: „Wir haben mehrere, die im Regen fahren können und auch wollen, denke ich."

Das Frauen-Rennen in Richmond startet am Samstag um 19:00 Uhr MESZ und wird im Live-Stream sowie Live-Ticker auf radsport-news.com zu verfolgen sein.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

26.10.2015Kollegen nennen Sagans Gold-Fahrt spektakulärsten Moment 2015

(rsn) – Peter Sagans Solofahrt ins Regenbogentrikot bei der Straßen-WM in Richmond war nicht nur für viele Fans der spektakulärste Moment der Saison 2015. Auch mehrere seiner Konkurrenten nannten

03.10.2015Deutsches Saisonfinale mit zehn heimischen Teams

(rsn) - Die vier WorldTour-Teams Lotto Soudal, Giant-Alpecin, LottoNL-Jumbo und Etixx-Quick-Step) führen beim 10. Münsterland Giro die Liste der 18 teilnehmenden Mannschaften an. Zu den sechs Zweitd

02.10.2015Martin: Der Sattel entschied nicht über Sieg oder Niederlage

(rsn) - Tony Martin sucht keine Entschuldigungen für sein enttäuschendes Abschneiden im Zeitfahren der Straßen-WM. Statt als Top-Favorit Gold zu holen, war der Eschborner zum ersten Mal seit 2008 o

28.09.2015Richmond feiert überschwänglich verdiente Weltmeister

(rsn) - Die Weltmeisterschaften haben in Richmond Spuren hinterlassen und werden das Bild der Stadt noch einige Zeit prägen. Nicht nur, weil die entspannten Südstaatler keine Eile haben, die Absperr

28.09.2015Kwiatkowski: „Es war zu schnell für mich"

(rsn) – Nach der missglückten Mission Titelverteidigung überwog bei Michal Kwiatkowski die Enttäuschung. Der 25-jährige Pole, der sich im letzten Jahr im nordspanischen Ponferrada das begehrte R

28.09.2015US-Boys zwar ohne Medaille, aber mit großer Show

(rsn) – Auch ohne ausgemachten Mit-Favoriten ließen die US-Amerikaner bei der Heim-WM in Richmond nichts unversucht, um im Straßenrennen der Männer an eine der begehrten Medaillen heranzukommen.

28.09.2015Valverde mit Platz fünf in Richmond zufrieden

(rsn) - In den vergangenen zwölf Jahren war Alejandro Valverde einer der erfolgreichsten Teilnehmer und für das spanische Team meist eine Bank. Seit 2003 sammelte er zwei Silber- und vier Bronzemeda

28.09.2015Degenkolb: „Ich habe die Nerven verloren"

(rsn) – Auch im 49. Jahr nach Rudi Altigs WM-Titel gingen die Deutschen im Kampf um das Regenbogentrikot leer aus. Kapitän John Degenkolb rollte nach 261,4 Kilometern beim überragend herausgefahre

28.09.2015Im Augenblick des Sieges sorgt sich Sagan um Europa

(rsn) - Diese Seite kannten wir von Peter Sagan noch nicht! Eine Seite, die uns mit Hochachtung auf den frischgebackenen Weltmeister blicken lässt!Der Peter Sagan, der sich als Selbstdarsteller wie e

28.09.2015Perfektes Teamwork, aber Oranje geht im WM-Straßenrennen leer aus

(rsn) – Kein Zweifel: Das niederländische Team war am Sonntag im WM-Straßenrennen von Richmond das aktivste von allen, fuhr meistens mit fünf, sechs Mann an der Spitze des Feldes, um nicht nur di

28.09.2015Haller konnte Katusha nicht zeigen, dass er es drauf hat

(rsn) – Platz 26 im WM-Straßenrennen von Richmond war nicht das, was sich Marco Haller vorgestellt hatte. Der 24 jahre alte Österreicher war mit großen Ambitionen angetreten, nachdem er sich sech

28.09.2015Navardauskas: „WM-Bronze mehr wert als der Tour-Etappensieg"

(rsn) – Ramunas Navardauskas hat als Dritter des Straßenrennens von Richmond (USA) nicht nur viele Beobachter überrascht, sondern dem erst 1991 unabhängigen Litauen die erste Medaille bei einer S

Weitere Radsportnachrichten

23.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

23.04.2024Pogacar: “Ich kann noch etwas besser werden“

(rsn) – Nach seinem überragenden Auftritt bei Lüttich-Bastogne-Lüttich, wo er sich mit einem 35-Kilometer-Solo zum zweiten Mal nach 2021 den Sieg sicherte, verbringt Tadej Pogacar (UAE Team Emira

23.04.2024Del Toro verlängert bei UAE Emirates vorzeitig bis Ende 2029

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

23.04.2024Zijlaard fliegt am schnellsten um die 13 Kurven von Payerne

(rsn) – Maikel Zijlaard (Tudor) hat seinem Ruf als Spezialist für sehr kurze Prologe alle Ehre gemacht und in Payerne das 2,3 Kilometer lange Auftaktzeitfahren der 77. Tour de Romandie gewonnen.

23.04.2024Berlin nach Kraftakt in der Gruppe, Dorn verteidigt Weiß

(rsn) - Während Rembe Sauerland bei der Tour of Türkiye (2.Pro) erstmals die Gruppe des Tages verpasste, konnte das Team Bike Aid auch auf der 3. Etappe einen Fahrer in der hart umkämpften Fluchtg

23.04.2024Highlight-Video der 3. Etappe der Türkei-Rundfahrt

(rsn) – Für Bora – hansgrohe will es bei der 59. Türkei-Rundfahrt einfach nicht laufen. Auch auf der 3. Etappe über 147 Kilometer zwischen Fethiye und Marmaris ging das Raublinger Team leer aus

23.04.2024Zu früh gefreut: Van Poppel zurückgesetzt, Lonardi Etappensieger

(rsn) – Nachdem es an den ersten beiden Tagen der 59. Türkei-Rundfahrt (2.Pro) nicht nach Wunsch gelaufen war, schien bei Bora – hansgrohe auf der 3. Etappe der Knoten geplatzt. Danny van Poppel

23.04.2024Tour de Romandie im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) - Die sechstägige Tour de Romandie (2.UWT) hält traditionell für jeden Fahrertypen etwas bereit. Ob Kletterer oder Zeitfahrspezialisten, Sprinter oder Klassikerjäger - sie alle bekommen ihr

23.04.2024Tour de France Femmes ohne Vorjahreszweite Kopecky

(rsn) – Die Vorjahreszweite Lotte Kopecky (SD Worx-Protime) wird auf die am 12. August in Rotterdam beginnende 3. Tour de France Femmes verzichten. Stattdessen wird sich die Weltmeistern auf die Oly

23.04.2024Kletterspektakel mit gehörigem Zeitfahr-Einschlag

(rsn) – Die Tour de Romandie war einst die letzte große und wichtige Vorbereitungs-Rundfahrt für den Giro d´Italia. Giro-Favoriten entschieden sich damals zwischen der Schweizer Rundfahrt und dem

23.04.2024Startliste zum Prolog der 77. Tour de Romandie

(rsn) – Der Schweizer Nationalfahrer Luca Jenni eröffnet um 14.50 Uhr den Prolog zur 77. Tour de Romandie (2.WWT). Der nur 2,3 Kilometer lange Parcours von Payerne ist zwar bretteben, dürfte mit s

22.04.2024Highlight-Video der 2. Etappe der Türkei-Rundfahrt

(rsn) – Max Kanter (Astana Qazaqstan) hat nach der 2. Etappe der 59. Türkei-Rundfahrt (2.Pro) seinen ersten Profisieg bejubeln können. Der 26-jährige Deutsche setzte sich über 190 Kilometer von

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Romandie (2.UWT, SUI)