Hondos Giro-Tagebuch / 9. Etappe + Ruhetag

Von Belfast bis Modena ein Fest in Rosa

Von Danilo Hondo

Foto zu dem Text "Von Belfast bis Modena ein Fest in Rosa"
Ein Selfie vom Team Trek beim Training am Ruhetag | Foto: Danilo Hondo

19.05.2014  |  (rsn) - Der Radsport ist tot, es lebe der Radsport. Unter diesem Motto kam gestern und auch all die Tage davor der Mythos Giro d'Italia in seiner ganzen Pracht und Vielfalt zum Vorschein.

Die meisten meiner jüngeren Kollegen waren gestern so erstaunt, als die neutrale Phase des Rennens noch verlängert werden musste, da im Dorf nach dem Start alle Menschen auf der Straße waren, um die Fahrer des Giro willkommen zu heißen und ihnen herrlichstes Gepäck mit auf den Weg zu geben. So war das vor vielen Jahren fast auf jeder Etappe, an den heißen Tagen gab es dann noch Eis.

Eines ist klar: Die Faszination, die Begeisterung und die Bewunderung für diesen unglaublichen Sport ist ungebrochen stark, man könnte schon fast sagen, stärker denn je. Angefangen von Belfast bis hier nach Modena, überall erleben wir ein Fest in Rosa. Wer gerade kein Leibchen, Tuch oder Ähnliches in der passenden Farbe parat hat, stopft einfach die Gazzetta dello Sport vom Vortag in den Maschendrahtzaun.

Da wir uns ja in Nähe der Teststrecke von Ferrari in Fiorano befinden, konnte man gestern fast auf das Gefühl bekommen, das Rennfieber hat sich auf die Radfahrer übertragen, so schnell sind wir in den ersten zwei Rennstunden unterwegs gewesen.

Leider gab es dann einen Sturz, in dessen Folge unser komplettes Team auf Robert Kiserlovski warten musste, um ihn zurück zu bringen, als dann die entscheidende Gruppe des Tages davon fuhr. Schade, denn von uns hätten auch gut und gern zwei drei Mann in diese Konstellation gepasst.

Aber so ist das eben manchmal, und wir haben uns dann eben wieder mit altbekannten Gesichtern im Gruppetto getroffen, denn ausrichten konnten wir hier nichts mehr.

Ein Fahrer (Edwin Avila, d. Red) hat es leider nicht im Zeitlimit geschafft, obwohl man hier sagen muss, Dummheit gehört manchmal eben bestraft. Er wollte aus seinem Begleitfahrzeug noch wenige Kilometer vor dem Ziel eine Trinkflasche haben. Die wurde ihm logischerweise verwehrt, weil es laut Reglement auf den letzten 20 Kilometern verboten ist und mit mindestens 50 Schweizer Franken ein teurer Schluck Wasser geworden wäre.

Aus Frust darüber hat er angehalten und dachte damit, seinen Sportlichen Leiter unter Druck setzen zu können. Der hat sich aber nicht erweichen lassen, so dass er durch seine Spielerei am Ende um drei Minuten das Zeitlimit verpasst hat und zu Hause nun so viel trinken kann wie er möchte.

Heute dann endlich Ruhetag, am Vormittag sind wir in einer entspannten Stimmung zwei Stunden Rad gefahren, Boy van Poppel und ich davon die letzte halbe Stunde hinter dem Auto, denn morgen sollte ja wieder eine Sprintetappe sein, da ist es meistens gut, das System nicht ganz nach unten zu fahren.

Meinen guten Freund und Altmeister des Sprints, Mario Cipollini, habe ich auch noch getroffen. Voraussichtlich wird er dieses Jahr zum Charity Bike Cup kommen, wo es ja auch noch ein riesiges Special geben wird Ich habe ihm einfach gesagt, dass es in Deutschland eine Menge wunderschöner Frauen gibt, die ihn kennen lernen möchten. Da war das Ding so gut wie geritzt.

Leider haben wir weit und breit noch keine Eisdiele gesehen, mal schauen ob nach der Massage noch ein „Gelato" zu bekommen ist.

Übrigens: Didi (Björn Thurau, d. Red) ist mit seinem Team bei uns im Hotel. Der kann es kaum erwarten, schon wieder irgendwelche Spitzengruppen unsicher zu machen. Wir haben uns auf jeden Fall das Rennbuch zusammen angeschaut. Ich bin gespannt, ob er sich so lange zurückhalten kann.

Die anderen deutschen Fahrern sieht man im Rennen auch immer mal wieder kurz, wobei Patrik Gretsch ab und zu etwas hilflos erscheint, da seine Bergflöhe überall all sind nur nicht an seinem Hinterrad, obwohl er sich nach Leibeskräften bemüht. Simon Geschke ist bis dato unauffällig und hat aus meiner Sicht gestern eine große Chance verpasst, denn was Weening und Malacarne können, hätte ich ihm auch zugetraut. Vielleicht hat sein Bart etwas zu viel den Wind gefangen und ihn zu sehr gebremst.

Fabian Wegmann muss leider auch ähnlich wie ich selbst Mädchen für alles spielen, da bleibt nicht viel Spielraum für Freiheiten. Und Michi Koch hat gut daran getan, sich von der Samstagsetappe zu erholen und dem Gruppetto treu zu bleiben. Er ist jung und ein paar Tage hat der Giro ja noch.

In diesem Sinne, Gelato per tutti & Fight for Pink
Euer Danilo

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