Abschied mit einem Lächeln

Vande Velde: Ein letzter Plausch mit den Kumpels

Von WM-Korrespondent Felix Mattis aus Florenz

Foto zu dem Text "Vande Velde: Ein letzter Plausch mit den Kumpels"
Christian Vande Velde (Garmin-Sharp) | Foto: Felix Mattis

23.09.2013  |  (rsn) - Eine Stunde, sechs Minuten und 18,75 Sekunden hat das WM-Mannschaftszeitfahren für Christian Vande Velde und sein Team Garmin-Sharp gedauert. 66 Minuten lang ging es mit Vollgas und gegen den Wind am Arno entlang fast topfeben durch die Toskana, und in Florenz standen schließlich zwei Minuten Rückstand zum Sieger-Team auf der Uhr - Platz acht. Sportlich war das eher enttäuschend, doch der 37-Jährige hatte trotzdem keinen Grund, Trübsal zu blasen.

Noch einige Minuten nach der Zielankunft saß Vande Velde im Zielbereich, lehnte sich ans Absperrgitter und lachte mit seinen Teamkollegen. Es war ein besonderer Moment für den US-Amerikaner, denn dieses Teamzeitfahren stellte den Schlusspunkt seiner 16-jährigen Profikarriere dar. „Ja, das ist ein spezieller Tag“, gestand er etwas später beim Ausfahren auf der Rolle vor dem Teambus im Gespräch mit Radsport News. „Aber um ehrlich zu sein, schmerzen meine Beine gerade noch so sehr, dass es etwas dauern wird, bis ich das alles begreife.“

Tatsächlich aber wirkte es schon im Zielbereich so, als hätten er und seine Kollegen es längst begriffen. Schließlich stand der Entschluss des Mannes, der mit seinen Aussagen gegenüber der US-Anti-Doping-Agentur USADA mit dazu beigetragen hatte, dass Lance Armstrong nach seinem zweiten Karriereende als Doper überführt werden konnte, ja schon seit einiger Zeit fest.

Vande Velde und seine Teamkollegen blieben lange auf der Straße, lehnten am Absperrgitter und lachten miteinander - abgesehen von der Argos-Shimano-Truppe ließ sich dort keine Mannschaft so viel Zeit, bis sie zum Teambus aufbrach. Und der Fokus lag eindeutig auf dem Mann, der zum letzten Mal dabei sein sollte. So hatte beispielsweise David Millar auch anschließend in der Mixed Zone keine Zeit, mit der Presse zu sprechen: „Ich möchte mit Christian auf dem Weg zum Bus plaudern“, begründete der Brite seinen Korb für die Journalisten und rollte seinem jahrelangen Teamkollegen hinterher.

Vande Velde hatte kein rühmliches letztes Profijahr. Er verpasste den Saisonstart wegen der mit seiner USADA-Aussage verbundenen Dopingsperre und kann am Saisonende lediglich auf einen neunten Platz im Einzelzeitfahren der USA Pro Challenge als bestes persönliches Resultat zurückblicken.

Doch passend zu diesem Abschiedsjahr ging Vande Velde auch mit dem Ergebnis des WM-Teamzeitfahrens gelassen um. „Das gewünschte Ergebnis ist nicht dabei herausgekommen, aber es hat Spaß gemacht“, sagte der Routinier und unterstrich, was an diesem letzten Arbeitstag wirklich zählte: „Ich bin glücklich, dass ich zum Abschluss noch einmal mit meinen Jungs gefahren bin - und zwar in einem Rennen, das dieses Team ausmacht.“

Der Zusammenhalt, den es im Mannschaftszeitfahren schließlich besonders braucht, wird bei Garmin-Sharp seit jeher groß geschrieben. Und er bildet sich immer wieder ab - zum Beispiel eben durch dieses lange Beisammensitzen im Zielbereich und schließlich auch am Bus. Dort nämlich begann das große Verabschieden erst so richtig: Jeder einzelne Mechaniker und Betreuer umarmte Vande Velde, und der Tour-Vierte von 2008 bedankte sich bei ihnen allen für die gemeinsame Zeit.

Ganz Profisportler, verzichtete er anschließend zwar trotzdem nicht darauf, auf der Rolle das Laktat aus den Beinen zu treten, doch diesmal war das Pedalieren im Stand lediglich eine Nebenbeschäftigung bei seiner Abschieds-Zeremonie. Meist aufgerichtet und mit breitem Grinsen plauderte Vande Velde auf der Rolle auch mit Radsport News und verriet seine Zukunftspläne.

„Ich habe schon zugesagt, dass ich im nächsten Jahr bei der Tour fürs Fernsehen arbeiten werde“, sagte der künfti NBC-Co-Kommentator, der aber auch seinem Team nicht verloren gehen und den jüngeren Fahrern zum Beispiel in Trainingslagern mit Rat und Tat zur Seite stehen will. „Aber ansonsten will ich eigentlich erstmal etwas ausspannen - vielleicht für sechs Monate oder so.“

Das Rennenfahren werde ihm jedenfalls nicht fehlen, erklärte Vande Velde. „Ich denke, das habe ich lange genug gemacht. Aber ich werde trotzdem sehr viel vermissen: vor allem die Kameradschaft, und hier mit den Jungs zusammen zu sein. Ein paar von den Leuten hier kenne ich mehr als mein halbes Leben. Das werde ich vermissen - genau wie hier im Teambus zu sitzen und den Anderen vor oder nach den Rennen ins Gesicht zu schauen.“

Wenn man ihm selbst bei bestem Spätsommer-Wetter in Florenz an diesem Nachmittag ins Gesicht schaute, dann erübrigte sich die Frage, ob er das Peloton mit einem Lächeln verlassen werde fast - gestellt habe ich sie trotzdem. „Ja, auf jeden Fall“, war Vande Veldes Antwort. „Aber das hätte ich sowieso - unabhängig vom heutigen Rennverlauf. Ich bin glücklich.“ Und dann verabschiedete er sich, stieg von der Rolle und kletterte zum letzten Mal als Fahrer die drei Stufen in den Teambus hinauf.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

02.10.2013WM: Auch dänisches Team Opfer von Fahrraddieben

(rsn) - Bei der Straßen-WM in Florenz haben Fahrraddiebe erneut zugeschlagen. Wie das dänische Team meldete, wurden ihm nach Ende der Titelkämpfe insgesamt 30 Rahmen und 50 Paar Laufräder gestohle

01.10.2013Polnisches Team kehrt ernüchtert von der WM zurück

(rsn) – Aus der Traum für die polnische Nationalmannschaft von einer Medaille bei den Straßenweltmeisterschaften in Florenz. Auf den Weg in die Toskana begaben sich die Polen mit insgesamt 29 Fahr

30.09.2013Bei den Attacken der Kletterer musste Gilbert passen

(rsn) – Obwohl er seit seinem WM-Triumph von Valkenburg fast ein Jahr ohne Sieg geblieben war, hätte Philippe Gilbert das Regenbogentrikot – auf dem ja bekanntlich ein Fluch lasten soll – nur z

30.09.2013Froome, Wiggins und Co. die große Enttäuschung im Straßenrennen

(rsn) - Als sich das Fahrerfeld bei der 80. Straßen-WM in Lucca in Bewegung setzte, um die 272 Kilometer in Richtung Ziellinie am Nelson Mandela Forum in Angriff zu nehmen, regnete es sprichwörtli

30.09.2013Denifl: Büroklammer verhinderte mögliche Top-Platzierung bei WM

(rsn) - Der Auftritt der Österreicher am Sonntag im WM-Straßenrennen war von vielen Stürzen überschattet. So kamen mit Riccardo Zoidl, der sich eine Adduktorenverletzung zuzog, Bernhard Eisel, Ste

30.09.2013Rodriguez und Valverde spielten ihr Spiel (fast) perfekt

(rsn) - Vor dem Straßenrennen der Weltmeisterschaften schaute alles auf Lokal-Matador Vincenzo Nibali. Der Italiener war der meistgenannte Favorit und musste mit riesigem Druck umgehen. Für Alejandr

30.09.2013Moster: „Eine Weltmeisterschaft mit Licht und Schatten“

(rsn) – „Licht und Schatten“ – so lautet die Bilanz des Bundes Deutscher Radfahrer nach dem letzten von zwölf Wettbewerben der Straßen-WM von Florenz. Der Freiburger Simon Geschke belegte i

29.09.2013Geschkes Ergebnis der Lohn für starke Teamleistung

(rsn) - Auch wenn der WM-Titel letztlich unter den Bergfahrern ausgemacht wurde und mit Dominik Nerz der stärkste Kletterer des Teams früh ausgeschieden war, konnte die deutsche Nationalmannschaft

29.09.2013Huzarski: 240 Kilometer im Dauerregen auf der Flucht

(rsn) - Im Grunde gibt es nur zwei Sorten von Rennfahrern. Die einen hassen es, im Regen zu fahren, den anderen sind die während des Rennens herrschenden Wetterbedingungen egal. Konstant rufen sie ih

29.09.2013Cancellara: „Das Resultat ist eigentlich fast sekundär"

(rsn) – Im WM-Straßenrennen von Florenz wurde es für Fabian Cancellara nichts mit der erhofften Medaille. Nach 272,5 schweren Kilometern von Lucca nach Florenz belegte der Schweizer, der im Zeitfa

29.09.2013Rui Costa zeigt beim Pokerspiel von Florenz die besten Nerven

Florenz (rsn/dpa) - Rui Costa war der große Profiteur des Pokerspiels der Favoriten in Florenz. Der 26 Jährige holte überraschend als erster Portugiese den WM-Titel auf der Straße und stürzt

29.09.2013Rui Costa wird als erster Portugiese Straßen-Weltmeister

(rsn) – Rui Costa hat für den ersten Sieg eines Portugiesen in einem WM-Straßenrennen gesorgt. Der 27-Jährige verwies am Sonntag in einem packenden Sprintduell nach 272 Kilometern von Lucca nach

Weitere Radsportnachrichten

24.04.2024Godon und Vendrame sorgen für Decathlon-Doppelschlag

(rsn) – Synchroner Jubel auf Platz eins und zwei, dahinter kollektiver Ärger: Decathlon – AG2R La Mondiale hat durch Dorian Godon und Andrea Vendrame auf der 1. Etappe der Tour de Romandie (2.UWT

24.04.2024“Unglaublich“: Dorn fährt auf Ansage ins Bergtrikot

(rsn) – Das Team Bike Aid, allen voran Vinzent Dorn, zeigt sich bei der Tour of Turkiye (2.Pro) weiterhin von der allerbesten Seite. Dorn schaffte es auf der 4. Etappe, die über 138 Kilometer von

24.04.2024Uhlig bremst, Andresen gewinnt vor van Poppel

(rsn) – Tobias Lund Andresen (dsm-firmenich – PostNL) hat auf der 4. Etappe der Türkei-Rundfahrt (2.Pro) seinen ersten Sieg als Profi gefeiert und damit auch die Gesamtführung an sich gerissen.

24.04.2024Hindley und Lipowitz verlängern bei Bora - hansgrohe

(rsn) – Bora – hansgrohe hat die Verträge seiner beiden Kletterer Jai Hindley und Florian Lipowitz verlängert. Wie immer machten die Raublinger keine Angaben über die Laufzeiten der Arbeitspapi

23.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Mo

23.04.2024Pogacar: “Ich kann noch etwas besser werden“

(rsn) – Nach seinem überragenden Auftritt bei Lüttich-Bastogne-Lüttich, wo er sich mit einem 35-Kilometer-Solo zum zweiten Mal nach 2021 den Sieg sicherte, verbringt Tadej Pogacar (UAE Team Emira

23.04.2024Del Toro verlängert bei UAE Emirates vorzeitig bis Ende 2029

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

23.04.2024Zijlaard fliegt am schnellsten um die 13 Kurven von Payerne

(rsn) – Maikel Zijlaard (Tudor) hat seinem Ruf als Spezialist für sehr kurze Prologe alle Ehre gemacht und in Payerne das 2,3 Kilometer lange Auftaktzeitfahren der 77. Tour de Romandie gewonnen.

23.04.2024Berlin nach Kraftakt in der Gruppe, Dorn verteidigt Weiß

(rsn) - Während Rembe Sauerland bei der Tour of Türkiye (2.Pro) erstmals die Gruppe des Tages verpasste, konnte das Team Bike Aid auch auf der 3. Etappe einen Fahrer in der hart umkämpften Fluchtg

23.04.2024Highlight-Video der 3. Etappe der Türkei-Rundfahrt

(rsn) – Für Bora – hansgrohe will es bei der 59. Türkei-Rundfahrt einfach nicht laufen. Auch auf der 3. Etappe über 147 Kilometer zwischen Fethiye und Marmaris ging das Raublinger Team leer aus

23.04.2024Zu früh gefreut: Van Poppel zurückgesetzt, Lonardi Etappensieger

(rsn) – Nachdem es an den ersten beiden Tagen der 59. Türkei-Rundfahrt (2.Pro) nicht nach Wunsch gelaufen war, schien bei Bora – hansgrohe auf der 3. Etappe der Knoten geplatzt. Danny van Poppel

23.04.2024Tour de Romandie im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) - Die sechstägige Tour de Romandie (2.UWT) hält traditionell für jeden Fahrertypen etwas bereit. Ob Kletterer oder Zeitfahrspezialisten, Sprinter oder Klassikerjäger - sie alle bekommen ihr

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Romandie (2.UWT, SUI)