Interview

Markus Eichler: Viel Arbeit, viele Highlights

01.02.2007  |  (Ra) - Markus Eichler war die Entdeckung des vergangenen Frühjahres. Der 24-Jährige aus Mönchengladbach gewann unter anderem den rheinischen Klassiker Köln-Schuld-Frechen und das belgische Eintagesrennen Ronde van Drenthe. Zur neuen Saison erhielt Eichler einen Vertrag beim belgischen Team Unibet.com, das eine der beiden frei gewordenen ProTour-Lizenzen bekommen hat. Mit Radsport aktiv sprach der Klassikerspezialist über sein erstes Rennen im neuen Team und über seine Ziele in der ProTour.

Sie haben bei der Tour Down Under bereits das erste Rennen für Ihr neues Team Unibet bestritten. Wie fällt die Bilanz aus?

Eichler: Für mich und für mein Team ziemlich gut. Wir sind mit der Vorgabe in Australien angetreten, unter Rennbedingungen zu trainieren. Die Teamleitung hat uns keinen Druck gemacht, wir sind sogar ohne Funk gefahren. Andererseits ist es eben doch ein Rennen, da will man auch gute Ergebnisse einfahren, wenn man die Möglichkeit dazu hat. Wir haben eine Etappe gewonnen, dazu noch einige gute Ergebnisse eingefahren. Ich bin auf der zweiten Etappe Siebter geworden, habe sehr gut mithalten können. Für mich lief es von Tag zu Tag besser. Das einzige, was mir ein bisschen zu schaffen gemacht hatte, war der Jet-Lag. Tagsüber war ich öfter mal müde, dafür nachts dann hellwach.

Welche Rennen stehen als nächstes auf dem Programm?

Eichler: Ich werde Mitte Februar bei der Mittelmeer-Rundfahrt starten, dann bei der Algarve-Rundfahrt. Außerdem sind Het Volk und Kuurne-Brüssel-Kuurne fest eingeplant. Auf dem groben Plan bis Paris-Roubaix steht dann das „klassische Frühjahrsprogramm“, vor allem mit belgischen Rennen. Aber da ist noch nichts konkret. Nach Roubaix wollen wir schauen, wie ich mich fühle. Wenn es passt, kann ich sogar den Giro fahren – meine erste dreiwöchige Rundfahrt. Ich werde in diesem Jahr auf jeden Fall Mitte der Saison eine Pause machen und danach neu aufbauen, auch wenn ich die vielen Rennen ganz gut verkrafte.

Sie gelten als großes Klassikertalent und haben im letzten Jahr einige Frühjahrsrennen gewinnen können. Was sind Ihre Ziele in diesem Jahr?

Eichler: Ich würde auf jeden Fall gerne ein 1.1 Rennen gewinnen. Ich weiß, dass ich das drauf habe. Nokere-Koerse, da war ich 2006 Vierter, ist ein Rennen, bei dem ich ganz vorne landen könnte. Oder Drenthe, das ich letztes Jahr gewonnen habe. Das Schöne ist, dass ich bei diesen Rennen meine Freiheiten haben werde. Bei Paris-Roubaix möchte ich gut aussehen, will das aber nicht an einem Ergebnis festmachen. Ein 260-km-Rennen ist Neuland für mich. Bisher bin ich maximal 200km-Rennen gefahren, und bei dem Punkt geht’s bei Paris-Roubaix ja erst richtig los. Für dieses Rennen braucht man Erfahrung und Rennhärte.

Teamchef Jacques Hanegraaf hat bei der Teampräsentation Baden Cooke and Matteo Carrara als die beiden Klassikerkapitäne bezeichnet. Welche Rolle hat das Team Ihnen zugedacht?

Eichler: Matteo Carrara wird ja, so weit ich weiß, eher die hügeligen Klassiker fahren. Cooke fällt eher in meine Kategorie. Meine Rolle ist ganz klar: Ich werde schön für ihn arbeiten dürfen, werde Gruppen zurückholen und selber versuchen bei Ausreißern mitzugehen. Damit habe ich aber kein Problem.

Sie fahren erstmals in einem ProTour-Rennstall. Was liegen die Unterschiede zu einem Continental-Team wie Regiostrom-Senges, bei dem sie 2006 noch unter Vertrag standen?

Eichler: Alles ist ein bisschen größer. Man muss sich nicht mehr um alle Sachen selber kümmern und kann sich noch mehr aufs Radfahren konzentrieren. Am Flughafen wirst Du beispielsweise von einem großen Reisebus abgeholt. Wenn Du einen neuen Sattel willst, ist der am nächsten Tag schon auf dem Rad drauf. Die Mechaniker nehmen Dir solche Arbeiten komplett ab. Letztes Jahr habe ich diese Sachen noch selber machen müssen. Für mich ist das schon eine Umstellung. Dann ist das Interesse der Öffentlichkeit größer. Das habe ich schon in Australien gemerkt. Viel mehr Leute wollen Autogramme, die Australier waren vor allen ganz scharf darauf Fotos zu schießen.

Sie sind der einzige deutsche Fahrer bei Unibet.com, im Team stehen Profis aus 13 Nationen. Ist das nicht ein Nachteil gegenüber homogener zusammengesetzten Mannschaften?

Eichler: Ich kann in der Hinsicht keinen großen Unterschied zu meinem alten Team regiostrom festellen, in dem ja überwiegend deutsche fuhren. Die Fahrer bei Unibet.com hatten sofort einen guten Draht zueinander, auch wenn es natürlich Sprachprobleme gibt. Aber mit Englisch kann man sich schon ganz gut untereinander verständigen. Man merkt vor allem, dass sich alle bemühen. Der Franzose Jimmy Casper etwa paukt kräftig Englisch am Laptop. Kurz gesagt: Ich glaube nicht, dass unsere Internationalität ein Nachteil ist.

Unibet ist eines der jüngsten ProTour-Teams. Kommt Ihnen das als jungem, unerfahrenem Fahrer entgegen oder fürchten Sie Konkurrenz im eigenen Team?

Eichler: Nein, da fürchte ich keine Konkurrenz unter uns jungen Fahrern. Außerdem haben wir im Klassikerbereich, in dem ich mich ja auch Zuhause fühle, mit Baden Cooke und Erwin Thijs zwei einige erfahrene Fahrer. Zudem gibt es noch genügend „ältere“ Kollegen, die den jungen Haufen führen können.

Ihr Team sieht sich trotz des frühen ersten Saisonsieges schon mit den ersten Problemen konfrontiert. Die ASO hat Unibet.com nicht zu Paris-Nizza eingeladen. Fürchten Sie, auf die großen Rennen verzichten zu müssen?

Eichler: Das wäre natürlich ganz schlecht. Ich habe auch nur darüber gelesen, von der Teamleitung haben wir dazu noch nichts gehört. Meiner Meinung nach ist die Nichtberücksichtigung für Paris-Nizza aber nicht gegen unser Team gerichtet, sondern Teil des Machtkampfs zwischen UCI und den Großen Veranstaltern. Das ist Politik. Die Fahrervereinigung CPA hat sich ja schon auf unsere Seite geschlagen. Ich hoffe, dass da noch ein Kompromiss zustande kommt, etwa derart, dass jedes Team mit einem Fahrer weniger antritt und dafür mehr Teams eingeladen werden können.

Auch die Unibet.com-Profis müssen bei Bedarf den unter den Fahrern nicht unumstrittenen DNA-Test abliefern. Wie stehen Sie dazu?

Eichler: Das ist ein schon ziemlicher Eingriff in die Privatsphäre. Aber wenn ich mich durch einen DNA-Test sozusagen „reinwaschen“ kann, wenn es die einzige Möglichkeit ist, weiter meinen Beruf ausüben zu können, dann bin ich dazu bereit. Natürlich muss damit verantwortungsvoll umgegangen werden. Und das scheint ja der Fall zu sein, denn ein Test ist ja nur im Verdachtsfall erforderlich. Die Glaubwürdigkeit des Radsports muss wieder hergestellt werden und wenn so ein Test dazu beträgt, dann bin ich auch dafür.

Im Radsport-aktiv-Fragebogen sagen Sie, Paris-Roubaix könnte Ihr Lieblingsrennen werden. Was trauen Sie sich dort zu?

Eichler: Mein Wunsch ist natürlich dieses Rennen irgendwann einmal zu gewinnen. Realistisch betrachtet weiß ich, dass ich das Zeug dazu habe, ganz vorne zu landen. Natürlich wird das nicht in diesem Jahr sein und wahrscheinlich auch nicht im nächsten. Aber mein Team gibt mir die Zeit zu reifen. Ich muss 2006 nichts übers Knie brechen.

Mit Markus Eichler sprach Matthias Seng.

Mehr Informationen zu diesem Thema

28.08.2009Rapp: 2010 wohl keine Deutschland Tour

(rsn) - Nachdem ARD und ZDF in diesem Jahr doch von der Tour de France berichtet hatten, war auch die für 2009 abgesagte Deutschland Tour wieder in den Mittelpunkt von Spekulationen gerückt. Im Inte

20.08.2009"Für ganz vorne fehlte noch ein bisschen was"

(rsn) – Nach schwachem Saisonstart hat Gerald Ciolek (Milram) in den vergangenen Monaten beständig gute Leistungen gezeigt, auch wenn es bisher erst zu einem Sieg reichte. Im Interview mit Radsport

20.04.2009"Ich bin froh, dass im Radsport soviel kontrolliert wird"

(sid) - Linus Gerdemann gehört zu den deutschen Hoffnungsträgern bei der diesjährigen Tour de France. Im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) spricht der Milram-Kapitän über seine F

19.03.2009"Wir sind als böse Ketzer dargestellt worden"

(sid) - Der wochenlangen Schlammschlacht folgt der Showdown im Nobelhotel: BDR-Präsident Rudolf Scharping stellt sich am Samstag auf der Bundesversammlung des Bundes Deutscher Radfahrer zur Wiederwah

17.03.2009Claußmeyer: "Wir leben von unserer Stärke als Team"

(rsn) - Aus dem Continental-Team Sparkasse wurde zur neuen Saison das Team Nutrixxion Sparkasse. In Gespräch mit Radsport News erklärte Teamchef Mark Claußmeyer die Zusammensetzung des Teams, die S

04.03.2009„Letztendlich geht es immer um den Erfolg“

(rsn) – Mit neuem Hauptsponsor und einigen namhaften Neuzugängen wie Sebastian Sielder und René Haselbacher ist das österreichische Team Vorarlberg-Corratec in die neue Saison gegangen. Im Interv

26.02.2009„Kein Sieg im letzten Jahr – das hat mich gewurmt“

(rsn) – Paul Martens steht in seiner zweiten Saison beim niederländischen Rabobank-Team. Im letzten Jahr gelang dem 25-Jährigen trotz guter Leistungen kein Sieg. Das soll in dieser Saison anders w

24.02.2009„Ich habe mich als Co-Kapitän sehr wohl gefühlt“

(rsn) – Als Vierter der Andalusien-Rundfahrt zeigte Martin Velits (Milram) schon früh in der Saison sein großes Potenzial. Im Interview mit Radsport News sprach der 24-jährige Slowake über seine

13.02.2009"Schlimmer kann es nicht mehr kommen"

(rsn) - Der Australier William Walker, 2005 Vize-Weltmeister in der U23-Klasse, zählt zu den großen Talenten des Radsports. Das konnte der 23-Jährige in den letzten beiden Jahren im Rabobank-Trikot

11.02.2009"Ich will mich 2009 für höhere Weihen empfehlen"

(rsn) - Christian Müller (26) galt in seiner U23-Zeit als eines der größten deutschen Zeitfahrtalente. Nach einer guten Neo-Profi-Saison 2005 bei CSC lief in den folgenden drei Jahren nur wenig zus

07.02.2009"Wir sind eines der jüngsten Continental-Teams"

(rsn) - Das Bochumer Continental-Team Vlassenroot startet 2009 unter dem Namen Seven Stones. Im Gespräch mit Radsport News erklärt der Sportliche Leiter Lars Diemer, was hinter der Namensänderung s

05.02.2009"In Topform zu den Ardennenklassikern"

(rsn) - Robert Gesink ist das größte niederländische (Kletter-)Talent seit vielen Jahren. 2008 machte der 22-jährige Rabobank- Profi in mehreren großen Rennen mit Spitzenplatzierungen bereits von

Weitere Radsportnachrichten

18.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wie geht´s zum Liveticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

18.04.2024TotA-Sturz: Harper kommt mit leichter Gehirnerschütterung davon

(rsn) – Entwarnung für Chris Harper: Der Australier von Jayco – AlUla ist bei seinem Sturz rund 25 Kilometer vor dem Ziel der Königsetappe der Tour of the Alps ohne schlimmeren Verletzungen dav

18.04.2024Die Aufgebote für das 8. Lüttich-Bastogne-Lüttich der Frauen

(rsn) – Mit der 8. Ausgabe des Lüttich-Bastogne-Lüttich der Frauen endet die Ardennenwoche. Während das Männerrennen von Lüttich aus nach Süden zum Wendepunkt in Bastogne und von dort wieder z

18.04.2024Die Aufgebote für das 110. Lüttich-Bastogne-Lüttich

(rsn) – Zum krönenden Abschluss der sogenannten steht am 21. April die 110. Ausgabe von Lüttich-Bastogne-Lüttich an. La Doyenne, wie das 1892 erstmals ausgetragene und damit älteste Eintagesrenn

18.04.2024Steinhauser: Giro-Test mit Prädikat sehr gut

(rsn) – Den Feinschliff für sein Grand-Tour-Debüt holt sich Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) derzeit bei der 47. Tour of the Alps (2.Pro). In wenigen Wochen geht es für den Allgäue

18.04.2024Belgrade Banjaluka: Ausreißer Albrecht zum Auftakt Zweiter

(rsn) – Zum Auftakt von Belgrade Banjaluka (2.2) hat das Team P&S Metalltechnik – Benotti einen starken Auftritt hingelegt. Auf der 140 Kilometer langen 1. Etappe zwischen Belgrad und Bijeljina b

18.04.2024Auf der Königsetappe macht Carr die schwachen Tage vergessen

(rsn) – Mit einem Soloritt über rund 30 Kilometer hat sich Simon Carr (EF Education – EasyPost) die Königsetappe der 47. Tour of the Alps (2.Pro) gesichert. Der 25-jährige Brite setzte sich üb

18.04.2024Hartmann: Aus “nur durchkommen“ wurden 74 km an der Spitze

(rsn) – Elena Hartmann bekam ihre völlig durchnässten Handschuhe kaum mehr von ihren frierenden Fingern. Als die 33-Jährige vom Team Roland oben auf der Mur de Huy 5:41 Minuten nach Siegerin Kata

18.04.2024Extrembedingungen beim Flèche, aber kein Schlechtwetterprotokoll

(rsn) – Zwei Rennen unter Extrembedingungen hart an der Grenze des Schlechtwetterprotokolls der UCI bot der Flèche Wallonne am Mittwoch: Nachdem beim Start der Männer um 11:15 Uhr in Chareleroi no

18.04.2024Trotz wenig Schlaf: Benoot holt ein “exzellentes Ergebnis“

(rsn) – Vor dem Start des 88. Flèche Wallonne in Charleroi hatte Tiesj Benoot (Visma – Lease a Bike) noch mehr über die Geburt von Töchterchen Loes gesprochen, die am Abend zuvor zur Welt gekom

18.04.2024Lüttich-Bastogne-Lüttich im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Lüttich-Bastogne-Lüttich bildet traditionell den krönenden Abschluss der Ardennenwoche. La Doyenne, das älteste Eintagesrennen der Welt, ist mit seinen kurzen, teils extrem steilen Anst

18.04.2024Lopez: “Einer der härtesten Tage meines Lebens“

(rsn) – Die 3. Etappe der Tour of the Alps 2024 wird den Teilnehmern lange in Erinnerung bleiben. Zwar hatte der 124,8 Kilometer lange Abschnitt rund um Schwaz in Tirol nur wenig an Spektakel zu bie

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Belgrade Banjaluka (2.2, BIH)