Interview mit Chef der Deutschland Tour

Rapp: Der Radsport hat keinen Bonus mehr!

02.12.2006  |  (Ra) - Kai Rapp hat sich klar positioniert. „Der Radsport hat definitiv keinen Bonus mehr“, sagt der Organisator der Deutschland Tour im Gespräch mit Radsport aktiv zu den Folgen des Skandaljahrs 2006. In der Dopingproblematik sieht sich Rapp im Einklang mit den ProTour-Regeln. So könne Jan Ullrich nur dann bei der Deutschland Tour starten, wenn er rehabilitiert sei. Die Auflage 2007 soll vom 11. - 19. August stattfinden.

Herr Rapp, warum soll Jan Ullrich auf keinen Fall bei der Deutschland Tour starten dürfen?

Rapp: Darf ich die Frage umdrehen? Möchte er überhaupt bei der Deutschland Tour an Start gehen? Wenn ja, dann ist es notwendig, dass er rehabilitiert ist. Das gilt für uns und sicher auch für die zeitlich davor liegenden Rennen des Frühjahrs und des Sommers. Wir setzen hier insbesondere auf eine besonnene Vorgehensweise der Teams und deren jeweiligen Sponsoren.

Hat die ARD das in den Verhandlungen um die Übertragungen zu einer Bedingung gemacht?

Rapp: Aus nachvollziehbaren Gründen wird die ARD eine Dopingklausel in unseren Vertrag aufnehmen. Alle am Radsport Beteiligten haben sich in den letzten Monaten in einer Vielzahl von bilateralen Gesprächen und „Runden Tischen“ geeinigt, den Kampf gegen Doping im Radsport entschieden aufzunehmen. Die Ergebnisse haben Eingang in Statuten und Verträge gefunden. Wir als Veranstalter der Deutschland Tour haben uns intensiv in diese Gespräche eingebracht und begrüßen diesen Weg. Es war nicht länger hinzunehmen, dass Einzelne durch ihr Verhalten den Radsport insgesamt an den Rand des Abgrundes gerückt haben.

Insgesamt sind mehr als 50 Fahrer in den spanischen Blutdopingskandal verwickelt – gegen alle bis auf Ullrich wurden die Verfahren eingestellt, alle dürfen wieder Rennen fahren. Sollen diese Fahrer auch Startverbot erhalten?

Rapp: Wir würden da genauso verfahren wie im Fall Ullrich. Wir reden hier nicht über juristische Feinheiten, sondern über die Fuentes-Liste, die zahlreiche Fahrer aufführt, die aufgrund der erdrückenden Indizien schwer belastet sind. Wir entsprechen mit dieser Vorgehensweise der Politik der ProTour-Teams, die sich abgestimmt haben, keinen Fahrer zu verpflichten, der auf der Fuentes –Liste steht. Wir halten uns also nur an die Regeln der für uns relevanten Rennserie.

Auch auf Verlangen der ARD soll die D-Tour verlegt werden. Können Sie das bestätigen und den Termin nennen?

Rapp: Das ist nicht erst auf Verlangen der ARD geschehen, sondern die D-Tour hatte seit je her die Intention, zwei Wochenenden zu bekommen. Es ist für eine nationale Rundfahrt nicht repräsentativ unterhalb der Woche zu enden und die radsportinteressierten TV-Zuschauer erreichen wir zudem eher an den Wochenendtagen. Die Deutschland Tour 2007 soll vom 11.-19. August stattfinden. Wir haben den entsprechenden Antrag schon bei der UCI hinterlegt. Der ProTour-Council wird darüber in seiner Sitzung Mitte Januar entscheiden.

Die Etappen sollen schon früher enden, weil die ARD danach Nachmittagsserien ausstrahlen will. Werden die Etappen dann kürzer oder wird früher gestartet werden?

Rapp: Das war bisher noch nicht Gegenstand der Diskussion und wurde von der ARD zu keinem Zeitpunkt vorgetragen. Die Deutschland Tour ist aber in der Frage flexibel. Es hat bei uns auch schon in der Vergangenheit früherer Zielankünfte wg. zeitgleicher Formel 1-Rennen, Geburtstagen von britischen Royals usw. gegeben. Grundsätzlich geht die Entwicklung bei den Rundfahrten ohnehin in Richtung kürzerer Etappen. Das geschieht, um die Belastung der Fahrer hinsichtlich der Dopingproblematik zu reduzieren – aber nicht weil es das Fernsehen gerne so hätte. Ich finde, diese Entwicklung geht in die richtige Richtung. Die Deutschland-Tour wird 2007 sicher keine 240-Kilometer Etappen ins Rennprogramm mit aufnehmen, auch wenn wir theoretisch das Recht dazu hätten.

Ist es nicht problematisch, sportliche Belange den Wünschen eines Fernsehsenders unterzuordnen?

Rapp: Momentan sehe ich nicht, dass wir uns da unterordnen. Im übrigen entsprechen die Wünsche der ARD letztlich doch den Belangen der Fahrer. Nur wenn die Sponsoren mit ihrer TV-Präsenz zufrieden sind, werden sie ihr Team-Engagement aufrecht erhalten und die Teamchefs können den Fahrern wiederum lukrative Verträge, bzw. überhaupt Verträge anbieten. Diese Wirkungskette wird leider nicht von jedem Fahrer oder Fan erkannt.

Stimmt es, dass die ARD zukünftig weniger Geld für die Übertragungsrechte zahlen wird?

Rapp: Hierzu werden in den nächsten Wochen mit der ARD und der Sport A Gespräche geführt.

Wie konkret war die Gefahr, dass die D-Tour 2007 nicht im Fernsehen übertragen worden wäre?

Rapp: Die Gefahr war bereits in diesem Jahr sehr konkret, nämlich nach Bekanntwerden der Fuentes-Affäre. Es war ja nicht einmal klar, ob die Tour übertragen werden würde. Für 2007 besteht diese Gefahr aus o.a. Gründen fort. Man kann nur auf die Vernunft Teams und Fahrer hoffen. Bisher haben die Teams richtig reagiert und die verdächtigen Fahrer suspendiert oder entlassen. Umso weniger verstehe ich das Verhalten von Discovery Channel in Sachen Ivan Basso. Manche werden es erst verstehen, wenn es zu spät ist, dass der Radsport definitiv keinen Bonus mehr hat.

Wäre eine abgesagte Übertragung das Ende der Deutschland-Rundfahrt gewesen?

Rapp: Nicht zwangsläufig, aber ganz bestimmt das Ende der Deutschland Tour auf diesem hohen Niveau.

Sind sie auf die ARD angewiesen - hätte etwa Eurosport kein Interesse das Rennen zu übertragen?

Rapp: Das wäre aus mehreren Gründen derzeit keine Option gewesen. Wir müssen an der größtmöglichen Reichweite interessiert sein. Die kann ein reiner Spartensender wie Eurosport nicht liefern. Die ARD dagegen ist für den Sport einer der wichtigsten Fernsehanstalten Europas und dort bislang eine verlässliche Größe. Zudem hat die ARD nicht nur im Radsport immer wieder bewiesen, dass sie ein Qualitätsprodukt abliefern kann. Dieser Aspekt ist für uns und natürlich auch für unsere Sponsoren sehr wichtig.

Die UCI nutzt die Deutschland Tour als Druckmittel gegen die Vuelta. Lassen Sie sich das gefallen?

Rapp: Das ist sehr unglücklich. Aus diesem Machtkampf würden wir gerne herausgehalten werden. Allerdings war es vorhersehbar und daher haben wir den Wortführer der drei großen Landesrundfahrten, die ASO, bereits letztes Jahr in einem persönlichen Gespräch informiert, dass diese Vorgehensweise nicht in unserem Interesse sein wird. Wir haben großen Respekt vor jedem anderen Veranstalter, denn wir wissen, wie hart das Geschäft ist. Andererseits sind wir sehr dankbar, soviel Unterstützung von der UCI zu erhalten. Wir sitzen da so richtig zwischen den Stühlen. Unabhängig von dieser speziellen Thematik ist die grundsätzliche Reduktion der Renntage und auch einzelner Rundfahrten ein richtiger Gedanke. Es geht nicht um das Maximum, sondern um das Optimum. Sowohl für den Einzelnen als auch für die Gemeinschaft.

Erleben wir die Deutschland Tour zukünftig im September?

Rapp: Das wird Gegenstand zahlreicher Diskussionsrunden werden. Klar ist, dass wir im nächsten Jahr nicht während der Olympische Spiele im August stattfinden können. Der Radsport kann es sich eigentlich nicht leisten, jetzt auch noch einen Kampf um die Termine auszutragen. Die Positionen der Grands Tours und der UCI weichen aber leider so weit von einander ab, dass an dieser Stelle von der UCI etwas „Schenkeldruck“ ausgeübt wird.

Mit Kai Rapp sprach Matthias Seng.

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