Pogacar gewinnt 9. Tour-Etappe, Roglic in Gelb

Zwei Slowenen vereiteln Krönung von Hirschis famosem Soloritt

Foto zu dem Text "Zwei Slowenen vereiteln Krönung von Hirschis famosem Soloritt"
Zielsprint der 9. Tour-Etappe, links der siegreiche Tadej Pogacar (UAE - Team Emirates) | Foto: Cor Vos

06.09.2020  |  (rsn) - Tadej Pogacar (UAE - Team Emirates) hatte nach der Ãœberfahrt des Col de Marie Blanque im Schlusssprint von Laruns noch die meisten Körner und sicherte sich die 9. Etappe der Tour de France nach 153 Kilometern knapp vor seinem Landsmann Primoz Roglic (Jumbo - Visma) und dem Schweizer Marc Hirschi (Sunweb), der für seinen famosen Soloritt nicht belohnt wurde.

Den Sieg verdiente sich Pogacar dennoch redlich. Schließlich war der Slowene durch seinen Angriff im letzten Anstieg maßgeblich daran beteiligt, den Abstand auf den Solisten Hirschi deutlich zu verringern. “Ich bin sehr glücklich über diesen Sieg, das Team hat super gearbeitet. Und ich wollte im Sprint so viel Bonifikation wie möglich gewinnen. Zum Sprint selbst kann ich gar nichts sagen, ich habe einfach Vollgas gegeben“, sagte Tour-Debütant Pogacar, nachdem er seinem UEA-Team bereits den zweiten Tagessieg nach dem zum Auftakt erfolgreichen Alexander Kristoff beschert hatte. “Die Tour läuft bisher sehr gut für uns mit zwei Etappensiegen, nur auf der Etappe auf der Windkante, da habe ich einen Fehler gemacht.“

Weil Adam Yates (Mitchelton - Scott) am Col de Marie Blanque den Anschluss verlor, darf sich Roglic über das erste Gelbe Trikot seiner Karriere freuen. Der ehemalige Skispringer wird am Dienstag zur 10. Etappe als Tour-Spitzenreier starten. Dementsprechend glücklich zeigte sich Roglic nach dem Rennen: “Es ist ein außergewöhnliches Gefühl, Gelb zu tragen. Das ist ein Lebenstraum für alle, die Rad fahren. Die Dinge ändern sich aber nicht. Wir müssen konzentriert bleiben“, sagte Roglic, der sich vor zwei Jahren in Laruns schon einmal eine Tour-Etappe geholt hatte.

“Am Ende war es sehr knapp und gegen Tadej hat es nicht ganz gereicht. Es war trotzdem ein sehr schöner Tag für uns. Wir haben nicht jeden Tag die Chance, das Gelbe zu tragen. Daher müssen wir heute stolz sein, es zu haben. Aber was zählt ist es in Paris zu haben", fügte er an.

Den beachtlichsten Auftritt zeigte allerdings der von den beiden Slowenen knapp bezwungene Hirschi: Der Berner setzte sich 91 Kilometer vor dem Ziel allein ab und gab die Führung bis kurz vor der Flamme Rouge nicht mehr ab. Und selbst dann gab konnte Hirschi nicht auf: Im Schlusssprint mischte der 22-Jährige noch voll mit und musste sich erst nach großem Kampf geschlagen geben.

Hirschi war im Ziel offensichtlich enttäuscht über den so hauchdünn verpassten großen Coup: “Ich bin sehr traurig, dass es nicht funktioniert hat. Vielleicht haben wir am Anfang etwas zu viel gemacht und zu viel Energie verloren. Wir wollten unbedingt heute gewinnen, weil wir niemanden für das Gesamtklassement haben", sagte er. "Zwei Kilometer vor dem Ziel habe ich vom Auto die Aufforderung bekommen, dass ich auf die Gruppe der Favoriten warten soll. Denn normalerweise bin ich schnell im Sprint. Ich habe gehofft, es im Sprint gegen die Klassementfahrer zu schaffen und dass sie sich auf den Kampf untereinander konzentrieren.“ Fast wäre der Plan aufgegangen.

Buchmann fällt in der Gesamtwertung weiter zurück

Überhaupt nicht nach Plan verlief die zweite Pyrenäenetappe dagegen für Buchmann und Bora – hansgrohe. Der Ravensburger wurde am letzten Berg abgehängt und kam auf Platz 23 mit 4:12 Minuten Rückstand über die Ziellinie. Die Enttäuschung stand dem 27-jährigen nach dem Rennen ins Gesicht geschrieben: “Es ging heute sehr schlecht. Am ersten Anstieg war ich schon wirklich am Limit. Ich habe alles gegeben, aber mehr einfach nicht möglich."

Vor dem ersten Ruhetag dieser 107. Tour de France liegt der 30-jährige Roglic 21 Sekunden vor dem kolumbianischen Titelverteidiger Egan Bernal (Ineos Grenadiers), der Etappenvierter wurde und sein Weißes Trikot behauptete, und 28 Sekunden vor dem Franzosen Guillaume Martin (Cofidis). Pogacar folgt mit 44 Sekunden Rückstand auf Platz sieben, Yates fiel vom ersten auf den achten Rang (+1:02) zurück. Buchmann büßte sieben Positionen ein und hat auf Platz 18 nun bereits 5:45 Minuten Rückstand.

Benoit Cosnefroy (AG2R) nimmt das Gepunktete Trikot des besten Kletterers mit in den morgigen ersten Ruhetag. Peter Sagan (Bora - hansgrohe) verteidigte das Grüne Trikot des punktbesten Profis. Movistar löste EF an der Spitze der Teamwertung ab.

So lief das Rennen:

Mit dem scharfen Start des Rennens wurde ein horrendes Tempo eingeschlagen. Immer zogen Gruppen von Ausreißern davon - und immer wieder wurden die Attacken von einem aufmerksamen Feld neutralisiert. Nicht einmal Hochkaräter wie Thomas De Gendt (Lotto Soudal), Julian Alaphilippe (Deceuninck - Quick - Step) oder Benoit Cosnefroy (Ag2R La Mondiale), der die erste Bergwertung an der Côte d'Artiguelouve (4. Kategorie) gewinnen konnte, konnten sich entscheidend lösen.

Erst als es nach über 60 Kilometer in den Col de la Hourcère (1. Kat.) gelang dies dem Tour-Debütanten Marc Hirschi (Sunweb) aus einer achtköpfigen Spitzengruppe, die sich kurz zuvor aus dem Hauptfeld abgesetzt hatte und in der auch Lennard Kämna (Bora - hansgrohe) dabei war. Der junge Schweizer, der bereits auf der 2. Etappe nur knapp den Sieg verpasst hatte und danach das Trikot des besten Jungprofis tragen durfte, machte sich als Solist auf den langen Weg durch die Pyrenäen.

Die Verfolger um Kämna machten sich vergeblich auf die Jagd nach Hirschi, der sich einen Maximalvorsprung von mehr als vier Minuten herausfuhr, alle folgenden vier Bergwertungen gewinnen und damit 24 Punkte in der Bergwertung sammeln konnte. Die Verfolger dagegen wurden vor dem vorletzten Berg, dem Col d'Ichère wieder vom Hauptfeld eingeholt. Dafür verantwortlich war fast ausschließlich Jumbo - Visma, wogegen sich Mitchelton - Scott wieder nicht an der Verteidigung des Gelben Trikots interessiert zeigte.

Tour-Favoriten messen sich am Col de Marie Blanque

Am letzten Berg des Tages, dem Col de Marie Blanque, kam dann Bewegung in den Kampf um das Gelbe Trikot. Wieder war es das Team Jumbo – Visma, das am Anstieg der 1. Kategorie ein unglaubliches Tempo vorlegte und damit etliche Tour-Favoriten in Probleme brachte. Neben Adam Yates verlor auch die deutsche Tour-Hoffnung Emanuel Buchmann (Bora - hansgrohe) den Kontakt zu den schnellsten Fahrern und büßte Meter um Meter Zeit auf die Konkurrenten ein, obwohl ihm mit Gregor Mühlberger und Felix Großschartner diesmal gleich zwei Helfer zur Seite standen.

Aufgrund der Tempoverschärfung unter den Favoriten schmolz der Vorsprung von Hirschi auf den letzten Kilometern des 1.035 Meter hohen Berges immer deutlicher dahin. Angriffe von Pogacar und des Vorjahressiegers Bernal verschlechterten die Lage des U23-Weltmeisters von 2018 weiter. Den Gipfel passierte Hirschi dann nur noch rund 20 Sekunden vor seinen Widersachern. Die übrig gebliebenen Zeitbonifikationen sicherten sich Roglic (fünf Sekunden) und Pogacar (zwei). Die Verfolgergruppe komplettierten Bernal und Mikel Landa (Bahrain - McLaren). Die Jagd in der Abfahrt nach Laruns war eröffnet.

 Hirschi gibt bis zum letzten Meter alles

Hirschi wehrte sich jedoch nach Kräften und konnte seinen Vorsprung zunächst sogar wieder auf rund 30 Sekunden ausbauen. Doch im abschließenden Flachstück war es dann um ihn geschehen, da alle Verfolger ihren Teil an der Spitze der Gruppe beitrugen. Gerade einmal 1,7 Kilometer vor dem Ziel holten sie den später von der Jury als kämpferischsten Fahrer ausgezeichneten Hirschi ein.

Doch der Mann aus Bern dachte nicht eine Sekunde ans Aufgeben: 250 Meter vor dem Ziel griff Hirschi aus letzter Position aus an und eröffnete den Sprint der fünfköpfigen Gruppe. Am Ende fehlte Hirschi allerdings neben der dem letzten Korn auch etwas das Glück: Pogacar sprintet rechts, Roglic links an ihm vorbei und verhinderten so ein happy end für den Sunweb-Profi.

Mehr Informationen zu diesem Thema

16.06.2021Madiot: “Wir hätten Pinot früher aus der Tour nehmen sollen“

(rsn) - Sein bisher letztes Rennen bestritt Thibaut Pinot (Groupama - FDJ) vor mittlerweile zwei Monaten, als er die Tour of the Alps unter ferner liefen auf Rang 60 beendete. Danach entschied der Fra

23.12.2020Bernal wieder schmerzfrei auf dem Rad

(rsn) - Egan Bernals Genesung macht offensichtlich deutliche Fortschritte. Wie der Tour-de-France-Sieger von 2019 gegenüber dem Internetportal primertiempo.co sagte, könne er wieder schmerzfrei trai

11.12.2020Dumoulin zuversichtlich: “Mir fehlt nur noch ein Prozent“

(rsn) - 2020 war für Tom Dumoulin ein Jahr mit vielen Tiefen und nur wenigen Hochs. Nach dem mit großen Hoffnungen verbundenen Wechsel von Sunweb zu Jumbo - Visma warf zunächst ein bakterieller Dar

15.11.2020Pogacar lobt Roglic als slowenischen Vorreiter

(rsn) - Tadej Pogacar (UAE - Team Emirates) hätte seinem Landsmann Primoz Roglic (Jumbo - Visma) den Tour-de-France-Sieg gegönnt. Das sagte der 22-jährige Slowene im Gespräch mit der spanischen Sp

27.10.2020Bernals Genesung dauert länger als gedacht

(rsn) - Egan Bernals Rückenprobleme, die ihn zum Ausstieg bei der Tour de France und zum vorzeitigen Saisonende zwangen, sind offensichtlich ernsthafter als bisher angenommen. Wie der Kolumbianer geg

10.10.2020Bernal: “Ich hatte eine schwierige Zeit“

(rsn) - Der bei der Tour de France vorzeitig ausgestiegene Egan Bernal (Ineos Grenadiers) wird in diesem Jahr keine Rennen mehr bestreiten. Das kündigte der Kolumbianer auf Instagram an und bestätig

03.10.2020War der Toursieg für Roglic im Zeitfahren unmöglich?

(rsn) - Radsportjournalist Thijs Zonneveld von der niederländischen Zeitung AD hat nach eigenen Angaben Einblick in die Leistungswerte des Tour-Zeitfahrens von Primoz Roglic (Jumbo – Visma) erhalte

24.09.2020Pogacar: “Die Saison ist noch lange nicht vorbei“

(rsn) - Nach seinem Tour-de-France-Triumph hat Tadej Pogacar (UEA - Team Emirates) schon die nächsten großen Ziel im Blick. "Ich muss konzentriert und fit bleiben für die Weltmeisterschaft und die

23.09.2020Viviani: Beim Giro zurück in die Erfolgsspur?

(rsn) - Im letzten Jahr gewann Elia Viviani im Trikot von Deceuninck - Quick-Step  bei der Tour de France eine Etappe und fuhr auf drei weiteren Teilstücken aufs Podium. Die 107. Austragung lief fÃ

22.09.2020UAE Emirates streicht das mit Abstand meiste Preisgeld ein

(rsn) - Kein Wunder: Durch den Gesamtsieg von Tadej Pogacar, der auch das Weiße Trikot als bester Jungprofi sowie die Bergwertung und drei Etappen gewann, sowie den Etappensieg von Alexander Kristoff

21.09.2020Phänomen Pogacar - zu schnell, um wahr zu sein?

(rsn) - Tadej Pogacar hat mit seinem Toursieg nicht nur Rekorde gebrochen, sondern damit auch Fragen aufgeworfen. Ist der Slowene einfach ein Jahrhunderttalent, für den die üblichen Maßstäbe nicht

21.09.2020Die Tour-Bubbles werden aufgelöst

(rsn) - Die Tour de France ist beendet. Die Bubbles werden aufgelöst. Neue werden errichtet, für die WM, die BinckBank Tour, den Giro d´Italia und die großen Klassiker. Primoz Roglic kann jetzt Tr

Weitere Radsportnachrichten

25.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

25.04.2024Die Aufgebote für den 107. Giro d´Italia

(rsn) – Am 4. Mai beginnt in Venaria Reale nördlich von Turin mit dem Giro d’Italia (2.UWT) die erste Grand Tour des Jahres. Insgesamt 176 Fahrer aus 22 Teams nehmen die 107. Ausgabe der Italien-

25.04.2024Teutenberg jubelt zum Auftakt der Tour de Bretagne

(rsn) - Nachdem er in seinen ersten drei U23-Jahren vergeblich einem UCI-Sieg hinterhergejagt war, eilt Tim Torn Teutenberg (Lidl - Trek Future Racing) in dieser Saison von Erfolg zu Erfolg. Nach sei

25.04.2024Lechner sorgt für den ersten UCI-Saisonsieg einer Deutschen

(rsn) – Corinna Lechner vom Bundesliga-Team Wheel Divas aus Berlin hat für den ersten Saisonsieg einer deutschen Frau auf UCI-Niveau gesorgt. Die 29-Jährige, die am 14. April bereits Dritte beim e

25.04.2024Romandie-Prologsieger Zijlaard bricht sich Ellenbogen

(rsn) – Nur zwei Tage nach seinem Triumph im Prolog der Tour de Romandie (2.UWT) hat Maikel Zijlaard (Tudor) einen heftigen Rückschlag hinnehmen müssen. Wie der 24-jährige Niederländer gegenüb

25.04.2024Bike-Aid: Dorn hat in der Türkei das Bergtrikot “ziemlich save“

(rsn) – Das deutsche Kontinental-Team Bike Aid ist weiterhin der Aktivposten der Türkei-Rundfahrt (2.Pro). Am fünften Tag in Folge war die saarländische Equipe in der Ausreißergruppe vertreten

25.04.2024Nys krönt ersten Ausreißversuch der Karriere, Lipowitz Vierter

(rsn) – Ein 21-Jähriger Crossspezialist aus Belgien hat bei der Tour de Romandie (2.UWT) für die nächste Überraschung gesorgt. Thibau Nys (Lidl - Trek) entschied auf der 2. Etappe die erste Berg

25.04.2024Jakobsen gibt Andresen Grünes Licht für den zweiten Etappensieg

(rsn) – Tobias Lund Andresen (dsm-firmenich – PostNL) hat mit dem zweiten Tagessieg in Folge seine Führung in der Gesamtwertung der 59. Türkei-Rundfahrt (2.Pro) ausgebaut. Der 21-jährige Däne

25.04.2024Drei Bergankünfte, Sprints, Windkantengefahr & Teamzeitfahren

(rsn) – Nachdem die Spanien-Rundfahrt im vergangenen Jahr von Torrevieja an der Costa Blanca vorbei an Madrid in den Norden nach Asturien an den Atlantik und zur abschließenden Bergankunft an den L

25.04.2024Zwölf deutsche Profis auf vorläufiger Startliste des Giro d´Italia

(rsn) – Insgesamt zwölf deutsche Profis werden nach aktuellem Stand am 4. Mai den 107. Giro d’Italia in Angriff nehmen, wie aus der vom Veranstalter RCS Sport veröffentlichten vorläufigen Start

25.04.202422 Teams am Start der 3. Tour de France Femmes

(rsn) – Mit insgesamt 22 Teams wird am 12. August im niederländischen Rotterdam die 3. Tour de France Femmes (2.WWT) gestartet. Beim Grand Départ dabei sein werden auch die beiden deutschen Frauen

24.04.2024Highlight-Video der 1. Etappe der Tour de Romandie

(rsn) – Der Franzose Dorian Godon (Decathlon – AG2R La Mondiale) hat sich die 1. Etappe der Tour de Romandie gesichert. Nach 165,7 Kilometern vom Château-d´Oex nach Fribourg, wobei sechs Bergwer

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Romandie (2.UWT, SUI)
  • Radrennen Männer

  • Gracia Orlová (2.2, CZE)
  • Tour de Bretagne (2.2, FRA)
  • Tour of the Gila (2.2, USA)