Tour: Van Aert Sprintsieger, Pogacar verliert Zeit

Bora und der Autan-Wind wirbeln das Feld durcheinander

Von Felix Schönbach

Foto zu dem Text "Bora und der Autan-Wind wirbeln das Feld durcheinander"
Wout Van Aert (Jumbo-Visma) konnte die spektakuläre 7. Etappe der Tour de France im Sprint für sich entscheiden. | Foto: Cor Vos

04.09.2020  |  (rsn) - Wout Van Aert (Jumbo-Visma) konnte die spektakuläre 7. Etappe der Tour de France im Sprint für sich entscheiden. Edvald Boasson Hagen (NTT) und Christophe Laporte (Cofidis) hatten nach 168 Kilometern das Nachsehen gegen den belgischen Allrounder. Zuvor hatte Bora - hansgrohe mit einer Aktion zu Etappenbeginn alle Sprinter abgehängt. Und der berüchtigte Autan-Wind wirbelte am Ende auch noch das Gesamtklassement durcheinander. Adam Yates (Mitchelton - Scott) bleibt aber weiterhin in Gelb.

Schon ab den ersten Kilometern war die Etappe eine wilde Fahrt. Bora -hansgrohe verschärfte an der ersten Bergwertung das Tempo, um die restlichen Sprinter abzuhängen und Peter Sagan ins Grüne Trikot zu fahren. Die Sprinter konnten den ganzen Tag auf Distanz gehalten werden und der Slowake ist wieder in seiner Lieblingsfarbe. Der 13. Etappenrang war nach dieser Vorarbeit allerdings nicht das, was sich der 30-Jährige erhofft hatte.

"Ich bin enttäuscht, denn wir haben den ganzen Tag das Feld kontrolliert. Alles schien gut, aber dann hatte ich genau im Sprint Probleme mit der Kette. Ich habe viele Punkte verpasst, aber so ist der Radsport. Ich bin sehr stolz, was die Jungs heute gezeigt haben“, zog Sagan eine gemischte Bilanz dieses denkwürdigen Tages.

Profiteur von der Arbeit des Teams aus Raubling war Van Aert, der sich seinen zweiten Etappensieg sicherte. “Ich habe das heute Morgen nicht erwartet, deshalb ist die Überraschung umso größer“, erklärte der Belgier nach dem Rennen. Sein Erfolg war nur möglich, weil er zum Ende des Rennens keine Helferdienste mehr leisten musste.

Van Aert spart im Finale Kräfte

“Ich war mit Primoz Roglic den ganzen Tag an der Spitze. Ich habe nicht erwartet, dass im Finale so eine kleine Gruppe ankommt. Es wäre eine Schande gewesen es nicht zu versuchen“, beschrieb Van Aert die entscheidenden Szenen. “Die Jungs haben den Sprint ein wenig früh begonnen. Ich hatte Windschatten und konnte eine Lücke auf der rechen Seite finden. Der Sprint war perfekt getimt. Auf diesen Etappensieg bin ich sehr stolz. Es war vom Start weg hart. Eine beeindruckende Etappe von Bora -hansgrohe.“

Die großen Verlierer des Tages hießen Tadej Pogacar (UAE - Team Emirates), Mikel Landa (Bahrain - McLaren), Richard Carapaz (Ineos Grenadiers), sowie Bauke Mollema und Richie Porte (beide Trek - Segafredo). Sie verloren auf der Windkante 1:21 Minuten auf die Favoritengruppe, in der Sagans Teamkollege Emanuel Buchmann auf Rang 19 ins Ziel kam. Pogacar musste sein Weißes Trikot an Egan Bernal (Ineos Grenadiers) abgeben. Das Bergtrikot bleibt auf den Schultern von Benoît Cosnefroy (Ag2R La Mondiale). Die rote Rückennummer des kämpferischsten Fahrers wurde stellvertretend für die gesamte Bora-Mannschaft an Daniel Oss vergeben.

Im Gesamtklassement liegt vor der morgigen schweren ersten Pyrenäenetappe Yates drei Sekunden vor Pogacar und neun vor dem neuen Dritten Guillaume Martin (Cofidis). Buchmann machte fünf Positionen gut und ist mit zwölf Sekunden Rückstand jetzt Zwölfter. “Es war ein richtig guter Tag, ein paar Klassementfahrer haben auch Zeit verloren. Es geht nach vorne, das ist ein guter Schritt gewesen", freute sich der letztjährige Tour-Vierte über den Verlauf der Etappe.

So lief das Rennen:

Direkt nach dem Start sah es noch nach einer typischen Sprintetappe aus. Cosnefroy setzte die erste Attacke, um vor den Pyrenäen seine Führung im Bergtrikot zu festigen. Michael Schär (CCC) schloss zu ihm auf. Doch als das Peloton die erste Bergwertung neun Kilometer nach dem Start in Angriff nahm, wurde klar, dass Bora - hansgrohe andere Pläne hatte. Die deutsche Mannschaft verschärfte das Tempo und brachte die Sprinter in Schwierigkeiten. Erst fielen Caleb Ewan (Lotto Soudal), Cees Bol (Sunweb), Mads Pedersen (Trek - Segafredo) und Giacomo Nizzolo (NTT) zurück, dann erwischte es Sam Bennett (Deceunick - Quick-Step), den Mann im Grünen Trikot. Cosnefroy gewann zwar noch die erste Bergwertung, wurde dann aber direkt zur Gruppe um Bennett durchgereicht.

Bora - hansgrohe hielt das Tempo weiter hoch und distanzierte die Gruppen um Bennett und um Ewan von Kilometer zu Kilometer. Beim Zwischensprint konnte Sagan zwar Punkte gegen seine direkte Konkurrenz gutmachen, wurde jedoch von Matteo Trentin (CCC) übersprintet. Dennoch reichte es, um sich das maillot vert - zumindest virtuell - wieder zurückzuholen.

Ineos setzt das Feld auf die Windkante

Auf der anschließenden Bergwertung resignierten die Verfolgergruppen endgültig, weshalb Bora - hansgrohe das Tempo drosselte und anschließend von Coquards Team unterstützt wurde. Die kleine Verschnaufpause nutzte Thomas De Gendt (Lotto Soudal), der sich kurz vor der zweiten Bergwertung absetzte. Der Belgier sammelte die ausstehenden Bergpunkte ein und erhöhte in der Folge seinen Vorsprung auf maximal 50 Sekunden.

Knapp 40 Kilometer vor dem Ziel änderte die Strecke jedoch die Richtung und die Klassement-Mannschaften wurden nervöser. Just in dem Moment, als De Gendt 36 Kilometer vor dem Ziel eingeholt wurde, setzte Ineos Grenadiers das verbliebene Feld auf die Windkante. Pogacar, Landa sowie Mollema und Porte verpassten die erste Gruppe, Carapaz fiel durch einen Defekt ebenfalls zurück. Danach beteiligte sich auch Jumbo - Visma an der Tempoarbeit, so dass der Vorsprung auf die Pogacar-Gruppe auf 1:21 Minuten anwuchs.

Im chaotischen Zielsprint zog schließlich Julian Alaphilippe (Deceunick - Quick-Step) als erster das Tempo an, geriet aber mit Jasper Stuyven Stuyven (Trek - Segafredo) aneinander und musste heftig gestikulierend seinen Sprint abbrechen. Ähnliches passierte Sagan, der fast Hugo Hofstetter (Israel Start-Up Nation) aus dem Weg räumte und wegen eines augenscheinlich technischen Defekts seinen Versuch abbrechen musste. Damit war der Weg frei für Van Aert, der aus dem Windschatten von Boasson Hagen heraus zum Sieg stürmte.

Mehr Informationen zu diesem Thema

16.06.2021Madiot: “Wir hätten Pinot früher aus der Tour nehmen sollen“

(rsn) - Sein bisher letztes Rennen bestritt Thibaut Pinot (Groupama - FDJ) vor mittlerweile zwei Monaten, als er die Tour of the Alps unter ferner liefen auf Rang 60 beendete. Danach entschied der Fra

23.12.2020Bernal wieder schmerzfrei auf dem Rad

(rsn) - Egan Bernals Genesung macht offensichtlich deutliche Fortschritte. Wie der Tour-de-France-Sieger von 2019 gegenüber dem Internetportal primertiempo.co sagte, könne er wieder schmerzfrei trai

11.12.2020Dumoulin zuversichtlich: “Mir fehlt nur noch ein Prozent“

(rsn) - 2020 war für Tom Dumoulin ein Jahr mit vielen Tiefen und nur wenigen Hochs. Nach dem mit großen Hoffnungen verbundenen Wechsel von Sunweb zu Jumbo - Visma warf zunächst ein bakterieller Dar

15.11.2020Pogacar lobt Roglic als slowenischen Vorreiter

(rsn) - Tadej Pogacar (UAE - Team Emirates) hätte seinem Landsmann Primoz Roglic (Jumbo - Visma) den Tour-de-France-Sieg gegönnt. Das sagte der 22-jährige Slowene im Gespräch mit der spanischen Sp

27.10.2020Bernals Genesung dauert länger als gedacht

(rsn) - Egan Bernals Rückenprobleme, die ihn zum Ausstieg bei der Tour de France und zum vorzeitigen Saisonende zwangen, sind offensichtlich ernsthafter als bisher angenommen. Wie der Kolumbianer geg

10.10.2020Bernal: “Ich hatte eine schwierige Zeit“

(rsn) - Der bei der Tour de France vorzeitig ausgestiegene Egan Bernal (Ineos Grenadiers) wird in diesem Jahr keine Rennen mehr bestreiten. Das kündigte der Kolumbianer auf Instagram an und bestätig

03.10.2020War der Toursieg für Roglic im Zeitfahren unmöglich?

(rsn) - Radsportjournalist Thijs Zonneveld von der niederländischen Zeitung AD hat nach eigenen Angaben Einblick in die Leistungswerte des Tour-Zeitfahrens von Primoz Roglic (Jumbo – Visma) erhalte

24.09.2020Pogacar: “Die Saison ist noch lange nicht vorbei“

(rsn) - Nach seinem Tour-de-France-Triumph hat Tadej Pogacar (UEA - Team Emirates) schon die nächsten großen Ziel im Blick. "Ich muss konzentriert und fit bleiben für die Weltmeisterschaft und die

23.09.2020Viviani: Beim Giro zurück in die Erfolgsspur?

(rsn) - Im letzten Jahr gewann Elia Viviani im Trikot von Deceuninck - Quick-Step  bei der Tour de France eine Etappe und fuhr auf drei weiteren Teilstücken aufs Podium. Die 107. Austragung lief fÃ

22.09.2020UAE Emirates streicht das mit Abstand meiste Preisgeld ein

(rsn) - Kein Wunder: Durch den Gesamtsieg von Tadej Pogacar, der auch das Weiße Trikot als bester Jungprofi sowie die Bergwertung und drei Etappen gewann, sowie den Etappensieg von Alexander Kristoff

21.09.2020Phänomen Pogacar - zu schnell, um wahr zu sein?

(rsn) - Tadej Pogacar hat mit seinem Toursieg nicht nur Rekorde gebrochen, sondern damit auch Fragen aufgeworfen. Ist der Slowene einfach ein Jahrhunderttalent, für den die üblichen Maßstäbe nicht

21.09.2020Die Tour-Bubbles werden aufgelöst

(rsn) - Die Tour de France ist beendet. Die Bubbles werden aufgelöst. Neue werden errichtet, für die WM, die BinckBank Tour, den Giro d´Italia und die großen Klassiker. Primoz Roglic kann jetzt Tr

Weitere Radsportnachrichten

29.03.2024Lazkano mit der “Kraft eines Ochsen“ aufs Ronde-Podium?

(rsn) – Es gibt wohl nur ganz wenige Rennen, bei denen die große Radsportnation Spanien noch sieglos ist. Sowohl bei der Ronde van Vlaanderen als auch bei Paris-Roubaix ist dies der Fall. Mit Juan

29.03.2024Baskenland-Rundfahrt im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Ganz hohe Berge sucht man im Baskenland zwar vergeblich. Doch die sechstägige WorldTour-Rundfahrt durch den spanischen Nordwesten gilt aufgrund ihrer zahlreichen, teils sehr steilen Anstie

29.03.2024Die Aufgebote aller Teams zur Flandern-Rundfahrt der Männer

(rsn) – Der Ostersonntag wirft seine Schatten voraus: Am 31. März versammelt sich das WorldTour-Peloton in Antwerpen zum Start der 270,8 Kilometer langen Ronde van Vlaanderen. Das Heiligtum des bel

29.03.2024Die Aufgebote aller Teams zur Flandern-Rundfahrt der Frauen

(rsn) – Wenn die Männer nach ihrem Start in Antwerpen bereits 120 Rennkilometer hinter sich haben und erstmals durch Oudenaarde kommen, stellen sich dort auf dem Marktplatz des Zielorts der Ronde v

28.03.2024Die Strecken zum Oster-Highlight: Die Flandern-Rundfahrt

(rsn) – Die 108. Flandern-Rundfahrt der Männer und die 21. der Frauen werden am Ostersonntag auf den letzten 45 Kilometern ab dem Ort Melden am Fuß des berüchtigten Koppenbergs über dieselbe Str

28.03.2024Flandern-Rundfahrt im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) - Die Flandern-Rundfahrt ist für viele Radsport-Fans neben Paris-Roubaix das Highlight des Frühjahrs. Das belgische Monument führt über mehr als 260 Kilometer und zahlreiche Hellinge, den ku

28.03.2024Tour-Siegerin Vollering “überrascht“ von SD-Worx-Ankündigung

(rsn) –Demi Vollering hat sich verwundert über die Mitteilung ihres Teams SD Worx – Protime gezeigt, das in Person von Sportdirektor Danny Stam gegenüber GCN den zum Saisonende bevorstehenden Ab

28.03.2024Huppertz: Vor Rennen abends einen trinken? Heute unvorstellbar

(rsn) – Eine so lange Zusammenarbeit wie die zwischen Joshua Huppertz und Teamchef Florian Monreal gibt es im Kontinental-Bereich sehr selten. Seit August 2014 steht der mittlerweile 29-Jährige Aa

28.03.2024Van Aert erfolgreich operiert - Giro-Debüt ungewiss

(rsn) – Einen Tag nach seinem schweren Sturz bei Dwars door Vlaanderen ist Wout van Aert nach Angaben seines Teams Visma – Lease a Bike erfolgreich operiert worden. Ob der 29-jährige Belgier rech

28.03.2024Appell an die Zuschauer: “Haben Sie Respekt vor den Fahrern“

(rsn) – Wenige Tage vor der 108. Flandern-Rundfahrt (1. UWT / 1. März), haben Tomas Van Den Spiegel, Geschäftsführer des Veranstalters Flanders Classics, und Carina Van Cauter, die Gouverneurin R

28.03.2024Zeckenbiss möglicher Grund für De Lies Formschwäche

(rsn) – Da Arnaud De Lie in den vergangenen Wochen weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben war, hatte sein Team Lotto – Dstny in Absprache mit dem 22-jährigen Belgier entschieden, dass diese

28.03.2024Movistar verlängert mit “Sensation“ Meijering

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • La Route Adélie de Vitré (1.1, FRA)