Die Aufgebote der Tour-Teams

Katusha - Alpecin: Die Optionen sind begrenzt

Von Daniel Brickwedde

Foto zu dem Text "Katusha - Alpecin: Die Optionen sind begrenzt"
Katusha - Alpecin bei Rund um Köln 2019 | Foto: Cor Vos

01.07.2019  |  (rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowie der vier Zweitdivisionäre.

Team Katusha - Alpecin

Rückblick 2018: Die Tour nahm das Team mit der Doppelspitze Ilnur Zakarin für die Gesamtwertung und Marcel Kittel für die Sprintetappen in Angriff. Insbesondere Kittel schulterte die Hoffnungen auf einen erfolgreichen Tour-Auftritt, der dritte Platz zum Auftakt sollte jedoch seine beste Platzierung bleiben. Dem 14-maligen Tour-Etappensieger fehlte schlicht die Form, um Siege einzufahren. Negativer Höhepunkt waren öffentliche Äußerungen von Sportdirektor Dimitri Konyshev, der seinen Sprintstar als “Egoisten“ bezeichnete. Auf der 11. Etappe fiel Kittel aus dem Zeitlimit und damit auch aus der Tour. Am Ende erreichten sogar nur vier Fahrer Paris, darunter der Kölner Nils Politt. Immerhin wurde Zakarin Gesamtneunter. Insgesamt hatte sich Katusha - Alpecin aber deutlich mehr versprochen.

Aufgebot 2019: Jens Debusschere, Alex Dowsett, José Gonçalves, Marco Haller, Nils Politt, Rick Zabel, Mads Würtz Schmidt, Ilnur Zakarin

Aussichten: In diesem Jahr sollte mit einem austrainierten und gut aufgelegten Marcel Kittel alles besser werden, doch der Erfurter befindet sich seit der vorzeitigen Vertragsauflösung Anfang Mai in einer Auszeit. Für die Tour fehlt daher eine klare Ausrichtung, der Kader wirkt etwas nach dem Motto “von Allem etwas“ zusammengestellt. Nominell stechen nur Zakarin und Politt heraus.

Zakarin bestritt im Mai bereits den Giro d’Italia und holte am Lago Serrú den bislang größten Saisonsieg für sein Team. Im Anschluss konnte er seine gute Position in der Gesamtwertung allerdings nicht halten, baute auf den letzten Bergetappen stark ab und landete schließlich auf Platz zehn. Ob ihm die Teamleitung mit dem zusätzlichen Start bei der Tour nun einen Gefallen getan hat, bleibt abzuwarten. Denn ursprünglich war der Russe nicht für die Frankreich-Rundfahrt vorgesehen, hier lag der Fokus auf Kittel. In der Gesamtwertung sollte mit ihm daher nicht zu rechnen sein, zumal es im Kader keinen weiteren Bergfahrer zur Unterstützung gibt. Zakarin ist maximal ein Kandidat für Tagessiege aus Fluchtgruppen, dafür muss er allerdings sein Niveau wiederfinden. Immerhin gelang ihm 2016 beim letzten Doppelstart sein bislang einziger Etappensieg bei der Tour.

Politt ist hingegen so etwas wie der Retter der bisherigen Saisonbilanz. Ohne sein fulminantes Frühjahr und Platz zwei bei Paris-Roubaix würde Katusha - Alpecin wesentlich schlechter dastehen. Fraglich ist hingegen, was der 25-Jährige bei der Tour ausrichten kann. Ein gutes Resultat beim Einzelzeitfahren in Pau auf der 13. Etappe scheint möglich, zudem die eine oder andere Fluchtbeteiligung. Politt gilt als sprintstark aus kleinen Gruppen heraus und bewältigt auch den einen oder anderen Hügel, gerade einige Teilstücke in der ersten Hälfte bieten dafür das passende Profil. Allerdings ist die Konkurrenz bei der Tour riesig.

Der ursprünglich um Kittel versammelte Sprintzug ist bei der Tour nun für Jens Debusschere im Einsatz. Der Belgier spulte im Juni mit 15 Renntagen ein fleißiges Programm ab, ein achter Platz beim Critérium du Dauphiné sowie zwei vierte Plätze bei der dünn besetzten ZLM Tour zeigen hingegen sein Leistungsniveau. Im Sprintertreffen der großen Tour-Namen wird Debusschere nur eine Nebenrolle spielen. Dafür kann er sich zumindest der Unterstützung durch Rick Zabel und Marco Haller sicher sein, der Österreicher wird zudem als Capitaine du Route im Einsatz sein.

Vielleicht winkt auch Zabel die eine oder andere Sprintchance, aber auch hier scheint bestenfalls eine Top-Ten-Platzierung drin. Für den Sprintzug ist zudem der tempofeste Brite Alex Dowsett eine gute Ergänzung. Der ehemalige Stundenweltrekordler gewann Ende Juni die nationale Zeitfahrmeisterschaft, international gehört er aber schon länger nicht mehr zu den ganz großen Zeitfahrern.

Dazu kommen die Debütanten José Gonçalves und Mads Würtz Schmidt. Gonçalves wurde jüngst portugiesischer Zeitfahrmeister, Schmidt gilt seit Langem als großes Talent für die Frühjahrsklassiker, stagnierte zuletzt aber in seiner Entwicklung. Beide sind ebenfalls keine Ergebnislieferanten und eher für Helferaufgaben vorgesehen, beispielsweise als Unterstützer in Fluchtgruppen für Zakarin und Politt. Für den jungen Dänen dürfte es bei seiner ersten Tour ohnehin darum gehen, Erfahrungen zu sammeln.

Immerhin befinden sich mit Gonçalves, Politt und Dowsett gleich drei gute Zeitfahrer im Aufgebot, was die Chancen auf ein vorzeigbares Ergebnis im Mannschaftszeitfahren in Brüssel (2. Etappe) erhöht.

Vor der Tour hatte Katusha – Alpecin allerdings auch etwas Pech. Sichere Kandidaten wie die kletterstarken Daniel Navarro und Ian Boswell fielen aufgrund von Verletzungen aus. Simon Spilak, der zuletzt mit Platz sechs bei der Tour de Suisse überzeugte, verzichtet schon seit Jahren auf Einsätze bei großen Rundfahrten.

Fazit: Qualitativ ist Katusha - Alpecin nicht auf dem Niveau wie andere WorldTour-Teams, das wirkt sich auch auf das Tour-Aufgebot aus. Die Optionen sind begrenzt, der Kader gibt nur wenig Anhaltspunkte, warum die Tour ein Erfolg werden sollte. Die Hoffnungen auf einen gelungenen Auftritt und für das ausgerufene Ziel Etappensieg ruhen einzig auf Politt und Zakarin. Dem Team bleibt als einzige Option, sich regelmäßig in Fluchtgruppen zu zeigen. Ansonsten droht eine Frankreich-Rundfahrt, in der von Katusha - Alpecin nicht viel zu sehen sein wird.

Eckdaten:
Land: Schweiz
Hauptsponsor: Katusha, Alpecin
Branche: Radbekleidung, Shampoo-Hersteller
Teamchef: José Azevedo
Radausrüster: Canyon

Mehr Informationen zu diesem Thema

04.07.2019Team Ineos: Topfavorit mit kleinen Abstrichen

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

03.07.2019AG2R La Mondiale: Alle Kräfte für Bardet

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

03.07.2019Arkea - Samsic: Barguil als Hoffnungsträger

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

03.07.2019EF Education First: Erwischt Uran wieder ein gutes Jahr?

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

03.07.2019Bahrain - Merida: Rätselraten um Nibalis Ambitionen

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

03.07.2019Dimension Data: Mit Erfahrung zum Erfolg?

Team Dimension Data Rückblick 2018: Für die Mannschaft von Teamchef Douglas Ryder war es eine Tour zum Vergessen. Sprinter Mark Cavendish zeigte sich außer Form und beendete nur eine Etappe unter d

03.07.2019CCC Team: Nichts zu verlieren

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

02.07.2019Total Direct Energie: Alle für einen, einer für alle

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

02.07.2019Bora - hansgrohe: Bereit für weitere Großtaten

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

02.07.2019Mitchelton - Scott: Besser gerüstet als im Vorjahr

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

02.07.2019Trek - Segafredo: Bedenken um Hoffnungsträger Porte

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

02.07.2019Cofidis: Sehnsucht nach einem Etappensieg

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

Weitere Radsportnachrichten

24.04.2024Uhlig bremst, Andresen gewinnt vor van Poppel

(rsn) – Tobias Lund Andresen (dsm-firmenich – PostNL) hat auf der 4. Etappe der Türkei-Rundfahrt (2.Pro) seinen ersten Sieg als Profi gefeiert und damit auch die Gesamtführung an sich gerissen

24.04.2024Hindley und Lipowitz verlängern bei Bora - hansgrohe

(rsn) – Bora – hansgrohe hat die Verträge seiner beiden Kletterer Jai Hindley und Florian Lipowitz verlängert. Wie immer machten die Raublinger keine Angaben über die Laufzeiten der Arbeitspapi

23.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Mo

23.04.2024Pogacar: “Ich kann noch etwas besser werden“

(rsn) – Nach seinem überragenden Auftritt bei Lüttich-Bastogne-Lüttich, wo er sich mit einem 35-Kilometer-Solo zum zweiten Mal nach 2021 den Sieg sicherte, verbringt Tadej Pogacar (UAE Team Emira

23.04.2024Del Toro verlängert bei UAE Emirates vorzeitig bis Ende 2029

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

23.04.2024Zijlaard fliegt am schnellsten um die 13 Kurven von Payerne

(rsn) – Maikel Zijlaard (Tudor) hat seinem Ruf als Spezialist für sehr kurze Prologe alle Ehre gemacht und in Payerne das 2,3 Kilometer lange Auftaktzeitfahren der 77. Tour de Romandie gewonnen.

23.04.2024Berlin nach Kraftakt in der Gruppe, Dorn verteidigt Weiß

(rsn) - Während Rembe Sauerland bei der Tour of Türkiye (2.Pro) erstmals die Gruppe des Tages verpasste, konnte das Team Bike Aid auch auf der 3. Etappe einen Fahrer in der hart umkämpften Fluchtg

23.04.2024Highlight-Video der 3. Etappe der Türkei-Rundfahrt

(rsn) – Für Bora – hansgrohe will es bei der 59. Türkei-Rundfahrt einfach nicht laufen. Auch auf der 3. Etappe über 147 Kilometer zwischen Fethiye und Marmaris ging das Raublinger Team leer aus

23.04.2024Zu früh gefreut: Van Poppel zurückgesetzt, Lonardi Etappensieger

(rsn) – Nachdem es an den ersten beiden Tagen der 59. Türkei-Rundfahrt (2.Pro) nicht nach Wunsch gelaufen war, schien bei Bora – hansgrohe auf der 3. Etappe der Knoten geplatzt. Danny van Poppel

23.04.2024Tour de Romandie im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) - Die sechstägige Tour de Romandie (2.UWT) hält traditionell für jeden Fahrertypen etwas bereit. Ob Kletterer oder Zeitfahrspezialisten, Sprinter oder Klassikerjäger - sie alle bekommen ihr

23.04.2024Tour de France Femmes ohne Vorjahreszweite Kopecky

(rsn) – Die Vorjahreszweite Lotte Kopecky (SD Worx-Protime) wird auf die am 12. August in Rotterdam beginnende 3. Tour de France Femmes verzichten. Stattdessen wird sich die Weltmeistern auf die Oly

23.04.2024Kletterspektakel mit gehörigem Zeitfahr-Einschlag

(rsn) – Die Tour de Romandie war einst die letzte große und wichtige Vorbereitungs-Rundfahrt für den Giro d´Italia. Giro-Favoriten entschieden sich damals zwischen der Schweizer Rundfahrt und dem

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Romandie (2.UWT, SUI)